Die Maison Delamain Cognac ist vor allem Connaisseuren des französischen Cognacs ein Begriff. Eine Marke, die sich vor allem über Ihren X.O-Stil definiert und eigentlich nur in sehr gut sortierten Fachgeschäften zu finden ist. Es ist ein eigener Stil, den dieses kleine Haus aus Jarnac prägt, doch die Geschichte ist so eng mit der gesamten Region verbunden, wie kaum eine andere. Warum Cognac Delamain so besonders ist, erfährst Du hier in 6 Minuten.
Vorbetrachtungen
Über Cognac-Häuser und Ihre Geschichte zu schreiben ist manchmal nicht einfach. Dies liegt zum einen an dem Fakt, dass Cognac kein ganzjähriges Produkt ist sowie nicht an einem einzigen Ort wie einer Brennerei hergestellt wird, sondern an vielen Punkten der Charente-Region. Cognac ist ein Blend aus vielen verschiedenen Eaux-de-vie von vielen verschiedenen Weinbauern. Diese Destillate werden zumeist von größeren Cognac-Häusern gekauft und unter deren Namen geblendet, abgefüllt und auf den Markt gebracht. Wie Cognac genau hergestellt wird, erfährst Du hier.
Auf Grund dieser komplexen Situation gibt es keine etablierte Brennerei- und Visitor-Center-Struktur, die vor allem im Scotch-Segment ein wahnsinniger Unterstützer des Erfolgs ist. Sicherlich haben die großen Marken wie Hennessy oder Martell eigene und zum Teil wirklich beeindruckende Besucherzentren – doch selten taucht man dort tief ein in die Geschichte des Hauses. Es ist immer das Produkt, welches fokussiert wird.
Doch es ist genau die Geschichte der Häuser, die das Produkt ausmacht, denn Cognac ist wie kaum eine andere Spirituose an sein Terroir gebunden und damit auch an die sozio-historischen Strukturen der Region. Und die Maison Delamain Cognac ist dafür ein wundervolles Beispiel.
Irische Protestanten und eine bekannte Geschichte
Die offizielle Geschichte der Maison Delamain Cognac beginnt mit Ihrer Gründung 1763 – damals jedoch noch unter dem Namen Ranson & Delamain. Doch für das Verständnis der Bedeutung der Marke im Gesamtkontext Cognac müssen wir in das 17. Jahrhundert zurückblicken; eigentlich noch ein Jahrhundert vorher.
Für die Geschichte der Cognac-Region ist das Jahr 1569 von großer Bedeutung, denn damals fand in jener Stadt der lokale Hugenottenaufstand gegen die katholische Krone stand. Im Rahmen des nunmehr dritten Hugenottenkriegs wurden die protestantischen Bourbonen unter Louis I de Bourbon vernichtend geschlagen. Diese Schlacht hatte zwei bedeutende Folgen. Zum einen – und dieser Fakt soll an anderer Stelle eine Rolle spielen, ging hier eine Feldflasche der katholisch-monarchischen Kavallerie zu Boden, die Jahrhunderte später die ikonischste Flasche der Kategorie Cognac darstellen soll. Zum anderen begann damit eine Diaspora der aquitanischen Hugenotten nach Europa.
Es dauerte noch bis in das Jahr 1625 als die Familie Delamain unter dem Druck der Repressalien und weiterer Aufstände die französische Heimat verließ und nach Irland flüchtete.
Erst 1759 kam die nachfolgende Generation der Delamains mit dem 21jährigen James Delamain wieder nach Frankreich in die alte Heimat, nach Jarnac, zurück.
Cognac ist ein Familiengeschäft
Nach seiner Rückkehr begann der junge James Delamain in der Firma von Jean-Isaac Ranson zu arbeiten. Diese wurde um 1600 als Handelshaus gegründet. Dass sich James in seiner neuen Rolle wohl fühlte, lag wohl nicht nur an der Arbeit, sondern auch oder vielmehr an der Tochter Ransons, der jungen Marie. Diese heiratete James Delamain im Jahr 1762 und kurze Zeit später wurde er offizieller Partner und die Firma wurde – wie eingangs erwähnt – umbenannt in Ranson & Delamain. Dies gilt gemeinhin als Gründungsjahr der heutigen Maison Delamain Cognac
A Cellar Master’s career is a long and evolving journey of constant learning and discovery. I don’t believe that I have yet reached my apogee in terms of tasting. When and if that moment comes it will be bitter-sweet because it will reflect a loss of curiosity as to how much further I can develop my expertise…
Dominique Touteau
Der frühe Niedergang
Schon 1800 verstarb James Delamain, der mittlerweile die Firma allein führte. Mit seinem Tod ging es schnell bergab mit dem Unternehmen und dies aus unterschiedlichen Gründen.
Es waren vor allem politische Gründe und die Schicksalsjahre Frankreichs von 1789 bis 1799, die auch zu wirtschaftlicher Instabilität führten. Dazu kommen die napoleonischen Koalitionskriege und die damit einhergehende Kontinentalsperre gegen das Land des Kaisers Napoleon Bonaparte. Vor allem die Abschottung vom internationalen Markt wurde für das noch vermeintlich junge Unternehmen zu einem großen Problem.
Charentaiser Familienbande
Dazu kommt eine Neuordnung des französischen Erbrechts durch den 1804 eingeführten Code Civil und die Neuregelung des gesamten Zivilrechts. Dies verfügte, dass das Erbe zu gleichen Teilen auf die Kinder aufgeteilt werden muss – und man kann sich vorstellen, dass bei sieben Erben eine gewisse Uneinigkeit entstehen kann. Genau dies traf auf die Firma des verschiedenen James Delamain zu. Die Erben konnten sich nicht einigen und das Unternehmen schloss nach einem Bankrott 1817 unter der versuchten Führung von Jean Isaac Delamain. Dieser war im Übrigen mit einer gewissen Elisabeth Augier verheiratete. Augier gilt heute als die älteste noch existente Cognac-Marke und wurde auch schon hier mit einigen Abfüllungen besprochen.
Doch nicht nur in diese Richtung bestand eine Verbindung zu einem anderen Cognac-Haus. Schon 1796 – vier Jahre vor dem Tod von James Delamain – heiratete dessen Tochter Fraçoise Elisabeth Delamain einen gewissen Thomas Hine. Seines Zeichens im Übrigen auch Ire und späterer Gründer der Maison Thomas Hine Cognac, die seit 1821 seinen Namen trägt.
Es sind jene Verbindung der einzelnen Familien untereinander und das Netzwerk der vielen Winzer, welche die Charente-Region und das Produkt Cognac weltweit so besonders machen.
Der Neuanfang von Delamain Cognac
Nur sieben Jahre nach der Schließung ist es James Delamains Enkelin Anne-Philippe Delamain, die mit Ihrem Onkel Paul Roullet zusammen die Firma 1824 wiedereröffnet und langsam, aber sicher in ruhige und erfolgreiche Fahrwasser überführt. Die Zeiten politischer Wirrungen sind vorüber und der Handel und natürlich auch die Nachfrage nach Cognac ist stabil und steigend.
Der Geschichte eines Handelshauses treu bleibend besitzt die Maison Delamain Cognac zu dieser Zeit keine eigenen Weinberge und bezieht die Eaux-de-Vie von selbstständigen Winzern der Charente-Region. Dies ändert sich auch nicht knapp 100 Jahre später, als die Familie Delamain im Jahr 1920 auch die Anteile der Familie Roullet übernimmt und als gänzlich familiengeführtes Unternehmen durch die schweren Zeiten des frühen und mittleren 20. Jahrhunderts führt. Seit diesem Jahr firmiert die Maison nun unter dem Namen Delamain & Co. Die Familienbande gilt in der Charente-Region vieles und spielt bis heute eine große Rolle. Nicht immer in Eignerschaft – doch immer in Leitung und Fortführung von Philosophien.
Dass das Haus nicht nur mit der Region, sondern auch mit der Kategorie von Cognac auf das engste verbunden ist, zeigt sich in der Rolle, die einige Familienmitglieder spielen. Vor allem Robert Delamain – der Ur-Enkel des Gründers James Delamain – verschreibt sich der Kategorie Cognac. 1935 schreibt er eines der ersten Überblickswerk „Historie du Cognac“ und 1936 ist er Mitglied des Komitees zur Definition der einzelnen Crus für die Appellationsbeschreibung.
Moderne Zeiten und neue Betreiber
Erst Ende des 20. Jahrhunderts ändert sich die Struktur der Firma Delamain erneut mit dem Eintritt der Maison Bollinger. Aus der Champagne kommend, erwirbt das Haus unter der Leitung von Jaques Bollinger ein Drittel der Anteile an der Maison Delamain und übernimmt 2017 die komplette Kontrolle.
In den vergangenen knapp 200 Jahren war die Maison Delamain Cognac ein reines Negociant-Haus ohne eigenen Grundbesitz und auf die Lieferung von jährlich ca. 400 Eaux-de-Vie angewiesen. Mit dem neuen Besitzer kam natürlich auch eine Menge wissen um die Arbeit im Weinberg dazu und so entschloss man sich 2019 erstmals in der Firmengeschichte, eigene Weinberge zu erwerben. In Bellevigne besitzt man seither rund 20ha, die natürlich nicht im Mindesten die Menge an Wein liefern, die man bei Delamain für jährlich rund 100.000 Flaschen Cognac benötigt. Aber so ist es überall in der Charente – die eigenen Flächen sind vielmals nur für Weiterentwicklung und ganz spezielle Abfüllungen gedacht.
Noch heute ist Delamain Cognac familiengeführt, auch wenn der Name nicht mehr Delamain, sondern Braastad ist. Ein im Übrigen nicht unbekannter Name in der Cognac-Industrie.
Es war Christian Braastad, der über die Heirat mit France Delamain (Tochter von Robert) die Leitung des Hauses übernahm und heute ist es dessen Sohn Charles Braastad, der die Geschicke der Maison im 21. Jahrhundert verantwortet.
Grande Champagne und X.O
Der Stil von Delamain Cognac hat sich in den letzten Jahren sehr deutlich auf hochwertigste Qualitäten fixiert. Dies ist vor allem der limitierten Produktion zu verdanken, denn mit jährlich 100.000 Flaschen baut man kein V.S oder VSOP-Geschäft auf. So konzentriert man sich bei Delamain auf die Reifung und Kompositionen von X.O Cognac. Offiziell muss ein X.O nach den Regeln des A.O.C. mindestens 10 Jahre gereift sein, die Eaux-de-Vie bei Delamain reifen mindestens 20 Jahre in den Kellern.
Dies ist vor allem deswegen möglich, weil man ausschließlich auf Destillate aus der Grande Champagne setzt, der besten Lage der Cognac-Region. Schließlich generiert dieses einzigartige Terroir die besten Reife-Potentiale. Verantwortlich für das finale Blending ist seit nunmehr über 40 Jahren Dominique Touteau als Kellermeister des Hauses.
In dieser Zeit hat er eine Menge großer Abfüllungen geschaffen und die Cognac-Welt bereichert. Und er hat eine ganz einfache Idee, wie man sich seinem ersten Glas Cognac nähern sollte:
“Take your time, hold up your glass to see the glorious color of the cognac and the way that light passes through it, smell the aromas as they gradually unfold from the glass, then take a small sip, to allow your mouth to become acquainted with the sensation and the flavors.”
Dominique Touteau
Und genauso freue ich mich jetzt auf ein Glas Delamain X.O Pale & Dry Cognac – das Flagschiff der Maison Delamain.