Dieses Firmenporträt erschien zuerst auf spirit-ambassador.de und taucht ein in die Geschichte der größten Cognac-Marke der Welt: Hennessy. Sie beginnt in Irland und führt uns in die HipHop Clubs der USA. Die durchschnittliche Lesedauer beträgt 8 Minuten.
Ein frischer Luftzug durchzieht den mit viel Brokat und Samt bedeckten Raum und durch eine weiße Flügeltür gelangt man auf die Terrasse des Schlosses. Vor einem leuchtet saftig grün der Rasen, den man wohl selbst in St. Andrews nicht besser inszenieren könnte und weiter hinten fließt die Charente unter Bäumen ihrem Ziel zu. Die Sonne neigt sich dem Horizont entgegen und mit einem Glas Hennessy V.S. und Ginger Ale warten wir auf das Dinner. Wir sind zu Gast in einem der schönsten Schlösser der Charente – der Herkunft Cognacs; dem Chateau de Bagnolet. Dem Gästehaus der Familie Hennessy.
Auf einen Drink als Gast und Freund
Diese Inszenierung einer längst vergangenen Zeit wurde im Jahre 1810 im Stile einer typischen Südstaaten Villa erbaut und befindet sich seit 1841 im Besitz von Hennessy. Damals wurde es durch August Hennessy erworben, der es seiner Frau Irene zum Geschenk machte. Wer sich hier einmal von der Herzlichkeit der Cognaçaise überzeugen möchte, der sollte nicht darauf hoffen, dieses fantastische Gefühl mit Geld bezahlen zu können. Man kann sicherlich Vieles kaufen – vor allem wenn wir über eine der luxuriösesten Spirituosen der Welt sprechen; doch hierhin kann man nur eingeladen werden – als Gast und Freund. Eine Erkenntnis, die die Vorfreude auf das anstehende Dinner noch größer macht. Man wird demütig vor so viel Eleganz und Geschichte, und dankbar, dies alles erleben zu dürfen.
Vor uns eröffnen sich fast sieben Hektar Parklandschaften und eine Geschichte, welche ihresgleichen sucht. Und sie beginnt weitaus früher, an einem anderen Ort, in einem anderen Land.
The irish connection
Weit entfernt von den Ufern der Charente, in der kleinen Ortschaft Killavullen im irischen Cork wird im Jahre 1724 der jüngste Spross des Lord James Hennessy of Ballymacmoy geboren: Richard Hennessy. Die Zeiten damals waren wild und unvorhersehbar, ging es doch im politischen um die Vorherrschaft der Katholiken gegenüber den Protestanten. Doch diese Auseinandersetzung sollte das Schicksal des jungen Richard bestimmen. Mit nur 20 Jahren verließ er die irische Heimat und schloss sich als Legionär dem gegen die englische Krone kämpfenden französischen Heer Louis XV. von Frankreich an. Ein damals nicht unüblicher Schritt junger Iren, der ihn unter anderem auf die Île de Ré führte, jener kleinen Insel vor der Hafenstadt LaRochelle.
Der Schönheit der Region erlegen, entschloss er sich nach mehrjähriger Dienstzeit dort niederzulassen und schuf 1765 den Grundstein für das heute berühmteste Cognac-Haus der Welt. Diese Irish-Connection – trotz aller politischen Widersprüche zum trotze – sorgte für eine enge wirtschaftliche Bindung an das britische Empire. Diese Verflechtungen halfen dem jungen Handelshaus schnell erfolgreich zu werden. Zur damaligen Zeit verkaufte man schon eaux-de-vie und Cognac, jedoch auch allerlei andere Handelsware. Erst Richards einziger Sohn – James Hennessy – verschob das Augenmerk rein auf den Handel und später auch auf die Herstellung dieses besonderen Weinbrandes. Schon kurz nach der Gründung exportierte das Haus Cognac nach Groß Britannien und sicherte sich damit einen extrem wichtigen Markt, denn Brandy de Cognac war vor allem in London äußerst beliebt in den oberen Schichten – zumal es unglaublich verlockend und betörend war, Produkte des Feindes zu genießen.
Mit der Etablierung durch James Hennessy hin zu einem reinen Cognac-Haus nahm die Unternehmung schnell an Fahrt auf. 1792 eröffnete man sich den damals wichtigen und heute wohl wichtigsten Markt für Cognac: die Vereinigten Staaten und im Jahre 1818 erfolgte die erste Lieferung an den damals jungen russischen Zaren Alexander I.. 1859 wurde Hennessy zu einem der ersten Kulturbotschafter im fernen Osten, denn sie belieferten seit diesem Jahr China. Die Bedeutung James Hennessys für die Firma wird bei jedem Blick auf eine Flasche deutlich, ist doch bis heute die offizielle Bezeichnung Jas. Hennessy & Co. Und dieser Name steht nicht nur für Tradition und Geschichte, sondern auch für Handwerk und ein ganz besonderes Savoir faire.
Savoir faire – Cognac is not made, it is created
Wenn man über die Entstehung eines Schlucks Hennessy Cognac nachdenkt, gibt es vielerlei Orte, an denen man die Reise beginnen kann. Der sinnvollste Ort dafür sind jedoch die Weinberge der Charente-Region (und natürlich auch der Charente-Maritime). Für die Herstellung jedes einzelnen eau-de-vie kommen die Trauben aus nur vier der sechs zulässigen Lagen. Neben den beiden Champagner Lagen sind es ausschließlich die Borderies und die Fine Bois, die später den Weg über Wein hin zu dem edlen Destillat gehen, das auf der ganzen Welt geschätzt wird. Und das in einer unglaublich großen Dichte. Knapp 47% der jährlichen Cognac Produktion landen am Ende des Abends in einer Flasche, auf der eben jenes Jas. Hennessy & Co. zu finden ist. Damit ist Hennessy der unangefochtene Marktführer im Cognac-Bereich und seit letztem Jahr sogar die wertvollste Spirituosenmarke der Welt – vor Johnny Walker und Smirnoff. Und dennoch kommen nur 8% der jährlichen Hennessy Produktion von den eigenen Weinbergen – der Rest wird von über 1.700 Zulieferern aus der Region beigesteuert.
The biggest lesson I learned from my grandfather was respect for both, the cognac suppliers and the customers
Maurice Hennessy
Hier wird wieder einmal die Kleinteiligkeit dieser unglaublich magischen Spirituose deutlich. Diese Verteilung ließe sich auch in ein sehr griffiges Hollywood-Analogon überführen, denn tatsächlich ist es bei Hennessy ein bisschen wie bei Spiderman – mit großer Macht geht große Verantwortung einher. Diese Verantwortung gilt vor allem der Kategorie Cognac, jedoch auch zu einem großen Teil all den kleinen Leuten, die auf wenigen Hektar Wein anbauen. Hennessy – und das weiß man sehr genau – wäre niemals das ohne jeden einzelnen Menschen, der an einer Stelle der Cognac-Produktion steht. Diese Dankbarkeit zeigt sich nicht nur durch stetig enge Zusammenarbeit unter anderem in der Optimierung der Produktion, sondern auch in kleinen Gesten. So hat man 2016 – zum 250jährigen Jubiläum – viele Winzer nach Killavullan eingeladen, denn Cognac ist Familie. Und die Familie Hennessy ist sehr groß.
Wenn nun jedoch nur 8% aus eigenem Anbau stammen, so ist es besonders wichtig zu verstehen, was diese Marke dann zu so etwas besonderem macht. Hinter der Komplexität und der Kontinuität von Hennessy Cognac stehen drei Säulen, die das Savoir faire des Hauses ausmachen. Die Auswahl, Die Reifung und das Blending. Von den vielen gelieferten Destillaten wird jedes einzelne eau-de-vie auf seine Qualität untersucht und entschieden, ob es für die hohen Qualitätsansprüche geeignet ist. Im Falle einer positiven Entscheidung überlegt man sich, welches Potential jenes eau-de-vie hat und wie es gereift werden soll. Dies erfolgt in einem der vielen Keller der Maison – der älteste von Ihnen stammt aus dem Jahre 1774. In diesem seit 1850 durch die Familie Hennessy genutzten Founders Cellar – dem bedeutendsten Paradis der Firma lagern Teile einer der größten Sammlungen alter eaux-de-vie der Welt.
Bis in das Jahr 1800 lassen sich dort Destillate finden, die für die Kontinuität von solch immenser Wichtigkeit sind. Insgesamt besitzt das Haus Hennessy mehr als 380.000 alte Fässer voller liquider Geschichte, die darauf warten, eines Tages in einem Cognac ihr volles Potential zu entfalten. Keines dieser Fässer wird wohl jemals als sogenanntes Vintage-Einzelfass abgefüllt werden, denn die Hauptaufgabe des Hauses Hennessy ist das Blending, das Komponieren und Kreieren edelster Cognacs aus einem Füllhorn alter eaux-de-vie. Diese Aufgabe übernehmen sieben Herren, welche das sogenannte Tasting Committee bilden. Das wichtigste Gremium der Firma oder wie man sie bei Hennessy nennt: die Hüter der Zeit
Eine Marke – zwei Familien
Jeden Tag treffen sich diese Gentlemen zur gleichen Zeit – Punkt 11 Uhr im gleichen Raum und das Gleiche zu tun: das Verkosten von eaux-de-vie. Es ist die höchste Ehre in diese erlesene Runde zu gelangen, doch sie bringt auch viel Verantwortung mit sich, denn schließlich wird hier dafür gesorgt, dass die späteren Cognacs nicht nur die Qualität besitzen, für die der Name Hennessy steht, sondern vielmehr auch genauso schmecken, wie vor etlichen Generationen. Diese Hüter der Zeit sind neben den vielen Fässern die Sicherung des Hauses. Ihnen ist es auch nahegelegt, niemals den gleichen Zug, das gleiche Schiff oder das gleiche Flugzeug zu besteigen. Ihr Wissen und ihre Erfahrung sind unersetzlich.
Untrennbar mit dieser Aufgabe verbunden ist eine ganz besondere Familie, die neben den Hennessys bis heute für die Geschicke der Marke zuständig ist: die Familie Fillioux. Im Jahre des Todes von Richard Hennessy – 1800 – wurde durch James ein maitre de chaiz in die Firma geholt, dessen Name bis heute für die Qualität des Cognacs steht: Jean Filliioux. In seiner Amtszeit bis 1838 entwickelte er nicht nur den Stil des Hauses mit, er schuf auch den legendären V.S.O.P. (leider in Deutschland nicht erhältlich) und er war der Begründer einer Dynastie, wie sie im Alkohol-Business bis heute einzigartig ist. Denn bis in den Februar 2016 hieß jeder folgende Kellermeister bei Hennessy Fillioux. Jeder trug seinen Teil zum Erfolg der Marke bei. Emile Fillioux (1859 – 1890) kreierte für die Familie den berühmten Hennessy X.O. und schuf damit den ersten X.O. überhaupt, oder Maurice, dem wir den Paradis verdanken, oder Yann Fillioux, der seit 1991 bis 2016 die Geschicke leitete und den legendären Hennessy Richard zu Ehren des Gründers schuf. Mit all diesen besonderen Abfüllungen ist der Weg Hennessys zu dem berühmtesten Cognac Haus der Welt gepflastert und dennoch liegt die Bedeutung – in Stilistik und auch in der Menge vor allem auf der Referenz des Hauses – dem Hennessy V.S..
Give me the Henny, Bro!
Jene Qualität, die groß das Bras Armée ziert, das seit 1856 verwandte Symbol zu Ehren der Dienstzeit Richard Hennessys in der französischen Armee. Dieser V.S., welcher die 1865 eingeführte 3-Sterne-Klassifikation in der Kategorie Cognac begründete ist der meistverkaufte Cognac der Welt. Doch vielmehr noch ist dieser V.S. das Bindeglied zwischen den vielen unterschiedlichen Konsumenten auf der Welt. Denn während hier in Deutschland Cognac immer noch zumeist als elitäres Getränk netterer älterer Herren wahrgenommen wird, feiert eine komplette schwarze HipHop Kultur in Amerika zu dicken Beats ihren „Henny“. Mit dem Busta Rhymes Hit „Pass the Courvoisier“ wird einer ganzen Spirituosenkategorie ein Denkmal gesetzt – give me the Henny! Dieses Synonym und auch die Bedeutung der Marke für die afro-amerikanische Bevölkerung kommt nicht von ungefähr.
Schon die ehemalige amerikanische Vertriebsfirma für Hennessy Cognac, Schieffelin & Co. begann Anfang des 20. Jahrhunderts, sich für die Gleichberechtigung von Afro-Amerikanern zu engagieren. So wurde William Jay Schieffelin Wegbereiter des Tuskegee Institute, einer der ersten großen Bildungseinrichtungen für Afro-Amerikaner und im Jahre 1932 sogar deren Chairman. Auch trug er zur Entstehung des 1910 gegründeten Committee for Improving the Industrial Conditions of Negroes in New York City, der späteren National Urban League bei. All dies wurde von der Community niemals vergessen und so ist Hennessy Cognac nicht nur hip als moderne Marke, sondern tief im politischen Bewusstsein des schwarzen Amerikas verankert. Dies drückt sich unter anderem in der 2009 präsentierten Sonderedition des V.S. zur Vereidigung des 44. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika – Barack Obama aus.
The cognac’s popularity crosses class lines and is as likely to be spotted in the hood as it is in the Hamptons and is as ubiquitous at the Hip Hop shows as it is at jazz festivals. No one can deny our love of Henny
Ebony magazin – 2012
Und ja, von daher kann es auch passieren, dass durch die ehrwürdigen Räume von Bagnolet Rap-Legenden wie NAS, Snoop Dogg oder Busta Rhymes schlendern. Ihren „Henny and Ginger Ale“ in der Hand oder einen X.O. auf Eis.
X.O. auf Eis? Willkommen in der neuen Generation.
Die 8. Generation
Wie man seinen Hennessy richtig trinkt, nun – das muss jeder für sich selbst entscheiden. Hier auf Chateau Bagnolet reicht man uns als Aperitif nun einen X.O. auf Eis. Für viele konservative Cognac-Trinker wohl ein faux pass – hier etwas ganz Natürliches. Eine leichte, fruchtige Frische schwingt über den sonst dominanten Holz- und Gewürzaromen des Herzstücks des Hauses Hennessy. Trotz aller Tradition und der vielen alten Geschichten versteht man es, niemals aufzuhören seinem Anspruch zu folgenden, den Horizont zu erweitern. Das neueste Werbevideo für den amerikanischen Markt („the Piccards Advert„) verdeutlicht dies auf beeindruckende Art und Weise. Never stop – never settle – auch diese Einstellung ist eine bedeutende Tradition, die durch die Familien Hennessy und Fillioux aufrechterhalten wird.
Sieben Generation der Familie Fillioux arbeiteten als Kellermeister und auch als Freunde an der Seite der nunmehr achten Generation der Familie Hennessy. Eine unbeschreibliche Tradition, die mit Raymond de Gironde de Fillioux – dem Neffen von Yann – ihren Fortgang findet.
Auch wenn seit 1987 das Unternehmen zum größten Luxuskonglomerat der Welt LVMH gehört, so ist Hennessy Cognac nicht ohne die Menschen vor Ort denkbar, denn das wichtigste Wort für die Entstehung von Cognac ist Terroir. Und dies, da hat Maurice Hennessy recht, ist nicht nur Boden und Mikroklima. Es sind vor allem die Menschen hinter dem Produkt. Und das schmeckt man. Noch mehr sogar in einer Runde voller Freunde, hier auf der Terrasse des Chateau de Bagnolet.