In diesem Artikel erfährst Du alles über die Herstellung von Cognac. Ausgehend vom Terroir über die Trauben hin zur Vinifikation, Destillation, Reifung bis zum Blending. Ursprünglich war dies eine vierteilige Artikelreihe auf spirit-ambassador.de. Die durchschnittliche Lesezeit beträgt 19 Minuten.
Cognac – von der Region und ihren Trauben
Cognac ist eine besondere Spirituose – und dazu eine sehr exakt beschriebene. Durch das BNIC – das Bureau National Interprofessionnel du Cognac – wird diese Kategorie überwacht in seiner Herkunft, Herstellung und Vermarktung. Denn dies alles ist wichtig für die vielleicht älteste Premium-Spirituose der Welt. Vor allem die Herkunft ist von besonderer Bedeutung, ist doch Cognac die einzige Spirituose der Welt, die nach der Stadt benannt ist, aus der sie kommt – Cognac. Doch auch die Herstellung ist definiert und macht diese Spirituose zu etwas ganz Besonderem. Den Weg von der Region hin zum fertigen Produkt wollen wir gehen und zeigen, warum Cognac mehr ist als ein altbackener Digestif – vielmehr eine Mischung aus Terroir, Handwerk, Erfahrung und auch Magie. Eine königliche Spirituose!
Der Boden, der Fluss und das Klima – das Terroir von Cognac
Panta rhei – Alles fließt. Was heute auf Heraklit zurückgeführt wird und mehr oder minder immer noch das gültige Axiom unserer Naturwissenschaften ist, gilt natürlich auch für Cognac. Für seine Geschichte, als auch seine Entstehung. Und das fließende Element Cognacs und seiner Region – der Charente und Charente-Maritim ist selbiger Fluss – die Charente. Im Norden des aquintanischen Beckens gelegen, zwischen Atlantischem Ozean und dem Limousin, durchfließt einer der wohl schönsten Flüsse Frankreichs ein zumeist durch Kalksandstein und vor allem Kreide geprägtes Fundament, dessen Eigenschaften denen eines Schwammes gleichen. Diese Böden speichern nicht nur das Wasser für die trockene Sommerzeit, sondern auch die Wärme für die kühlen Winter. Hier spielen Geologie und Klima ein perfektes Duett, obwohl schon Zweiteres für sich mehrstimmig erscheint. Geprägt durch die Nähe des Atlantiks ist es häufig maritim, jedoch mit kontinentalen Einflüssen und ermöglicht so eine Differenzierung, die sich später auch auf die Weine und Destillate auswirken soll. Selbst der Fluss als solches wird später bei der Reifung noch Anspruch auf Relevanz erheben und verantwortlich sein für unterschiedliche Ausprägungen im Reifeverhalten der einzelnen Eaux-de-vie. Das Zusammenspiel der Charente als natürliche Grenze, von Boden und Klima ist die Grundlage für die Beschreibung der sechs zulässigen Lagen – crus – für den Anbau der Trauben, die später das Ausgangsprodukt für Cognac bilden werden.
Die Crus
Nach der Beschreibung der Lagen durch den Geologen Henri Coquand im Jahre 1860 wurden diese durch gesetzliche Niederschriften 1938 fixiert, sind seither gültig und teilen sich wie folgt auf:
Grande und Petit Champagne – das Herz
Grundsätzlich muss man darauf verweisen, dass die Champagner-Lagen der Charente nicht zu verwechseln sind mit denen im Norden Frankreichs, wo der berühmte Schaumwein hergestellt wird. Und dennoch haben sie mehr als nur den Namen gemeinsam, wobei dies selbstevident ist. Bedeutet „champagner“ von ‚campania‘ ableitend doch nichts weiter als Kreide (vgl. mit dem Englischen ‚chalk‚); und diese findet sich hier gepaart mit einer starken Kalksteinschicht. Diese Kombination ermöglicht eine enorme Wasser- und Wärmespeicherung, so dass die Trauben und deren Rebstöcke ganzjährig mit Energie versorgt werden können. Auf Grund dieser perfekten Bedingungen spricht man im Falle der Grand Champagne von der wohl besten Lage für Cognac-Trauben, doch die Petit Champagne steht da kaum hinten an.
Die Eaux-de-Vie dieser Region sind geprägt von einer fulminanten Finesse und eignen sich für langjährige Fassreifungen. Sie werden später die wichtigen floralen und fruchtigen Aromen abbilden, für die Cognac berühmt ist.
Die Borderies – klein aber extrem spannend
Mit knapp 4.000 ha theoretischer Anbaufläche das kleinste Gebiet für den Weinanbau. Ein deutlich stärkerer Atlantikeinfluss ist klimatisch merkbar und der Kalkstein erscheint in zersetzter Form als Lehm an der Oberfläche. Die hier entstehenden Eaux-de-vie reifen schneller als die der Champagner-Lagen. Stilistisch gesehen entstehen hier äußerst filigrane Aromen, die uns häufig an Veilchen erinnern.
Die Waldregionen – Fine Bois und Bon Bois
Fine Bois und Bon Bois bilden in Fläche gesehen die größten Anbaugebiete für Trauben, zeichnen sich jedoch dadurch aus, dass die meiste Fläche anders genutzt wird. Der Boden variiert hier, während in den Fine Bois noch deutlich Kreide und Lehm zu finden sind wird der Boden der Bon Bois schon zunehmend sandiger. Hier wachsen Weine, die später als Eau-de-vie sehr schnell zur Reifung kommen und tendenziell etwas kräftiger und intensiver wirken. Diese beiden Lagen prägen ein deutliches Aroma von Trauben bis hin zu Weinblüte. Rund und weich, aber dennoch intensiv und ausdrucksstark.
Die Bois Ordinaires – Vom Meer geprägt
Die Bois Ordinaires – früher auch Bois a Terroir genannt – sind das am wenigsten beanspruchte Gebiet zum Weinanbau. Sandiger Boden und ein deutlich maritimes Klima erzeugen ganz spezielle Weine und damit später Eaux-de-vie, die besonders sind. Häufig spielen diese nur eine Nebenrolle oder werden gänzlich ignoriert. Nur wenige Häuser wagen es, die hier entstehenden schnell-reifenden und maritimen Aromen zu verarbeiten.
Die Trauben
Die Eigenarten der jeweiligen Lagen haben direkten Einfluss auf die Trauben, die auf ihnen wachsen. Auch diese sind natürlich durch das A.O.C (Appelation d’origine contrôlée) genauestens definiert. Seit 1936 dürfen hauptsächlich Trauben der Sorten Colombard, Folle Blanche, Juraçon blanc, Meslier Saint-François, Montils, Sémillon und Ugni blanc verarbeitet werden. Die Haupttraube dabei ist ohne Einschränkung die Ugni blanc mit über 95% Anteil an der Produktion von Cognac. An ihrer nördlichsten Anbaugrenze befindlich, beinhalten die Trauben extrem wenig Zucker, was für die spätere Vinifizierung und anschließende Destillation von entscheidendem Vorteil ist.
Erst seit „kurzer Zeit“ ist diese ursprünglich in Italien beheimatete Entwicklung der Trebbiano der wichtigste Lieferant für Wein in Cognac, denn die wohl größte Wein-Katastrophe Europas – der Reblausbefall – machte nicht vor der Region halt. Um 1875 erreichte die Phylloxera die Charente und vernichtete fast den kompletten Rebstock-Besatz. Nur rund 40.000 ha (von einst knapp 283.000 ha) blieben verschont. Eingeschleppt wurde diese Plage aus den USA, doch von dort kam auch die Rettung. Jene gegen die Bisse der (Wurzel-)Reblaus immunen Rebstöcke wurden aus den USA nach Europa re-importiert um mit ihnen die Weinregionen der Alten Welt wieder aufzuforsten. Diese langwierige und anstrengende Arbeit wurde händisch vorgenommen, indem man die sogenannten Unterlagsreben aus den USA pflanzte und (vor allem) die Ugni blanc als Edelreis aufpfropfte.
Diese Veredelung bedeutet so etwas wie die Geburtsstunde des modernen Cognacs, denn nicht nur der Stil der Weine änderte sich, auch die Struktur des Anbaus wurde optimiert. Eine Arbeit, die heutzutage schwer zu verstehen ist. Man möge sich nur einmal vorstellen, welch ein Aufwand betrieben wurde, eine ganze Region von Hand neu zu bepflanzen und zu veredeln.
Doch nicht nur historisch und botanisch ist es interessant, sich mit den Trauben der Charente zu beschäftigen, denn natürlich auch im Anbau hat das BNIC Regeln vorgeschrieben, die es zu beachten gilt. Es ist zum Beispiel das künstliche Bewässern verboten – schließlich hat man ja fast perfekte Böden, als auch die Arbeit mit Schwefel zur anti-oxidativen Behandlung.
Man merkt schon an dieser Stelle, dass hinter Cognac mehr steckt als nur ein regionaler Weinbrand. Die Geschichte sowie das Handwerk suchen Ihresgleichen und dabei ging es bis hierhin „nur“ um die Grundlagen für die spätere Herstellung dieses magischen Destillates. Dies alles könnte man bedenken, wenn man einen Schluck Cognac genießt.
Cognac – von Weinen, holländischen Brennblasen und schicksalshaften Bewertungen
Die Weinlese
Die Weinlese in der Charente beginnt relativ spät. Mitte September bis Mitte Oktober ist das ideale Zeitfenster für die vor allem Ugni blanc dominierten Reben. Je nach Wetter des Jahres kann es jedoch auch passieren, dass Ende August schon die Lese beginnt. Diese wird größtenteils maschinell erledigt, nur noch wenige Winzer arbeiten hier von Hand. Was einen ganzen Sommer über Zeit hatte zu wachsen muss nun sehr zügig geerntet werden, denn durch den geringen Zuckeranteil neigen die Trauben zu einer schnellen Oxidation, welche aus aromatischer Notwendigkeit verhindert werden muss. Von daher muss man sich beeilen, die Trauben in die Kelterei zu bringen
Die Trauben und ihre Vinifikation – die Weine der Charente
Nach kurzer Zeit erreichen die geernteten Trauben die Kelterei. Dort greift wiederum das A.O.C., denn hier ist die Art der Traubenpressung exakt vorgeschrieben. Zulässig sind nur horizontale, bzw. pneumatische Pressen. Durch diese sanfte Pressung werden die Stiele und Kerne der Trauben nicht zerstört und können keine Fehlaromen oder Bitterstoffe im Most produzieren, denn durch die spätere Destillation würden diese extrem zur Dominanz gesteigert. Immer noch geht es um eine möglichst effiziente Arbeit, denn der nun entstandene Most ist noch oxidations-anfälliger und muss schnellstmöglich in die Gärung überführt werden. Hierbei unterscheiden sich in Folge die alkoholische und die malolaktische Gärung.
An dieser Stelle ist es wichtig, wiederholt auf das Verbot der Zugabe von Schwefelverbindungen durch das A.O.C. hinzuweisen. Die alkoholische Gärung erfolgt binnen vier bis acht Tagen. Dabei wird der Zucker in Alkohol umgewandelt, während gleichzeitig Verbindungen wie Aldehyde oder Ester entstehen, welche den späteren Geschmack des Destillats prägen werden. Im Anschluss kann die malolaktische Gärung einsetzen, bei der die Apfelsäure mit Hilfe von Milchsäurebakterien in Milchsäure umgewandelt wird. Durch diesen Säureabbau erzielt man einen runderen und harmonischeren Geschmack im Wein, wichtiger jedoch erscheint die spätere Stabilität der Weine hinsichtlich weiterer bakterieller Aktivitäten. Die malolaktische Gärung für die Herstellung von Cognac ist fakultativ. Nach weiteren 5 Tagen, teilweise jedoch auch mehreren Wochen ist der Wein komplett vinifiziert und weist einen Alkoholgehalt von 7%vol. bis zu 12%vol. auf.
Dieser ist äußerst säurebetont und tendenziell weniger zum Purgenuss geeignet – im Gegenteil: durch die Säurestruktur sind sie die ideale Voraussetzung zur Destillation von eaux-de-vie. Von daher ist auch die Chaptalisation, die Zugabe von Zucker während der Fermentation strikt untersagt. Die Präsenz der Säure verhindert häufig eine Nutzung als Trinkwein, wobei in den letzten Jahren immer mehr Charente-Weine in den Ausschank der Region gehen und einige Winzer äußerst spannende Produkte produzieren. Vor allem in Kombination mit Fois Gras und süßen Früchten baut sich eine spannende Dynamik auf – doch an dieser Stelle überführen wir die Weine lieber in die Brennerei.
Die Alambique Charentaise – eine einzigartige Destillation
Die anschließende Destillation der säuerlichen Charente-Weine erfolgt durch eine ganz spezielle Form von Destillationsapparat: der Alambique Charentaise. Diese Brennblasen kamen um das Jahr 1600 durch die Niederländer in die Region, die damals die sauren Weine destillierten, um sie effizienter in ihre Heimat zu transportieren. Die noch sehr artesanal anmutenden Brennsysteme werden bis heute mit offenem Feuer beheizt und sind grundlegend für die vorgeschriebene zweifache Destillation. Im Laufe des ersten Brennprozess entsteht die Brouillis, ein trüber Rohbrand mit einer Stärke zwischen 28%vol. und 32%vol, der im zweiten Durchlauf – der sog. bonne chauffe – verfeinert wird. Wie bei anderen Destillationsprozessen wird der Vorlauf (Têtes) und der Nachlauf (Queues) vom Herz (Coeur) abgetrennt. Das Besondere bei der Herstellung eines eau-de-vie de Cognac sind die sogenannten secondes.
Diese ab 60%vol. entstehenden zweitrangigen Destillate werden zu einem maximalen Anteil von 25% der nächsten brouillis dazugegeben, um charakteristische Aromastrukturen zu schaffen. Interessant ist auch die grundsätzliche Einstellung zu einer Destillation „sur lie“ – oder dagegen. Darunter versteht man die Mitdestillation der restlichen Hefestrukturen nach der Fermentation. Dies ist eine stilistische Entscheidung und obliegt jedem einzelnen Hersteller. Während man bei Remy Martin grundsätzlich mit der Hefe destilliert, verzichtet man bei Martell generell darauf. Hennessy stellt es seinen Zulieferern frei, solange das Endergebnis – das eau-de-vie – den grundsätzlichen Ansprüchen entspricht. Vertreter der „sur lie“ Destillation schwärmen von der Komplexität und Tiefe, die dadurch zusätzlich erreicht würde.
Das Brennen ist nicht nur in Alkoholstärke (max. 72,4 %vol. bei 20°C) und in der max. Füllmengen der Brennblasen bestimmt, sondern muss auch am 31.03. des Folgejahres der Weinlese beendet sein. Dieser Teil des A.O.C. entwickelte sich aus einer klimatischen Notwendigkeit. Mit der Erwärmung im Frühjahr steigt die Gefahr der Oxidation, welche durch das Schwefelverbot noch größer ist. Von daher ist immer noch höchste Eile geboten. Zumindest bis genau zu diesem Tag. Nun beginnt die Zeit der Reifung, denn nach der insgesamt ca. 24h dauernden Destillation steht das Herz bereit für die Überführung in die Fässer.
Das Eau-de-vie – Potentiale erkennen
Doch bevor es in die Fässer geht, muss sich das eau-de-vie beweisen, jedes Einzelne! An dieser Stelle geht es darum, das Potential der Brände zu erkennen, um die bestmögliche Reifung zu ermöglichen. Hierbei spielen wieder die im ersten Teil erwähnten einzelnen Crus eine Rolle. Während ein Destillat aus den Fine Bois zum Teil schon nach drei Jahren seine Perfektion erreicht, benötigen jene aus den Champagner-Lagen deutlich länger, teilweise bis zu 50 Jahre, um das gewünschte Aroma freizugeben. Dabei gilt es anzumerken, dass an dieser Stelle ein fulminanter Unterschied zu anderen fassgelagerten Destillaten – besonders Whisky – deutlich wird. Spricht man häufig davon, dass das Aroma zum größten Teil aus den Fässern kommt, ist dies bei Cognac tendenziell andersherum. Man kann davon ausgehen, dass 60% – ja manchmal sogar bis zu 70% des späteren Geschmacks im eau-de-vie liegen und nicht aus der Fass-Struktur kommt. Spätestens bei der Verkostung von solchen Rohdestillaten und den dazugehörigen fertigen Cognacs wird dies sehr deutlich. Von daher ist die Bewertung und Auswahl der einzelnen Brände für das spätere Produkt von entscheidender Bedeutung. Diese Potentiale und das Wissen um den Ausbau obliegen zumeist einem Team aus mehreren Leuten. Dies können in Kleinstbetrieben Vater und Sohn sein, bei großen Firmen wie Hennessy zum Beispiel eine Gruppe von sieben Leuten die allesamt Experten auf einem bestimmten Produktionsgebiet sind. Alle mit jahrelanger Erfahrung und dies ist auch notwendig, denn erst wenn das Potential definiert wurde und das Schicksal des einzelnen eau-de-vie bestimmt wurde, darf es in die nun zu seiner speziellen Reifung vorgesehenen Fässer – denn auch diese sind viel komplizierter als man es sich anfänglich denken mag.
Von Wäldern, Fässern, Kellern und Engel
Nach der Destillation der Basisweine zu eaux-de-vie erfolgt die Reifung dieser in Eichenholzfässern. Dieser Schritt, welcher viele Jahre dauert, ist die vielleicht komplexeste Aromen-Entstehung und einer der magischsten Momente in der Entstehung von Cognac. Geht es schließlich nicht darum, das Destillat einfach nur in ein Fass zu bringen und es über lange Zeit reifen zu lassen. Mit dem Wissen um die Bedeutung unterschiedlicher Eichen in Kombination mit dem Potential jedes einzelnen eau-de-vie eröffnet sich ein Facettenreichtum, dessen Struktur man nur schwer begreift – ein Hort magischer Momente.
Von Eichen und Eichen
Alles beginnt mit der Auswahl der Hölzer für die Fertigung der Fässer. Dafür sind laut A.O.C. ausschließlich französische Eichenhölzer zulässig, wobei sich hier zwei Typen herauskristallisieren. Dabei handelt es sich um die Traubeneiche (quercus patrea, bzw. quercus sessiles) und die Stieleiche (quercus robur, bzw. quercus penduculata). Dies sind nicht nur zwei in Struktur unterschiedliche Eichentypen, sondern sie unterscheiden sich auch in der Herkunft. Die eher breit wachsenden Stieleichen kommen vorwiegend in den Mittelwäldern des Limousin vor, einem Waldgebiet, welches sich östlich von Angoulême bis an den Rand des französischen Massif central reichend befindet; hingegen die hochwachsenden Traubeneichen vorwiegend im Tronçais, dem nördlich davon gelegenen Waldgebiet im Departement Allier wachsen. Durch die Pflanzung (eher lose, bzw. sehr eng gestaffelt) werden die Eigenheiten dieser Eichensorten deutlich. Die breiteren Stieleichen weisen eine deutlich porösere Struktur auf im Vergleich zu den engstrukturierten Traubeneichen. Dies forciert sehr unterschiedlich ausgeprägte oxidative Entwicklungen, denn je poröser ein solches Holz ist, desto mehr kräftiger ist die Entwicklung der Tannine. Dies bedeutet, dass die Stieleichen deutlich kräftiger in der Ausprägung dieser Stoffe sind als die milden Tronçais-Eichen. Auch wenn der prozentuale Anteil der Tannine deutlich geringer ausfällt als jener der Celulose oder der Lignine, so sind diese pflanzlichen Gerbstoffe von besonderer Bedeutung für die Aroma-Entwicklung des späteren Cognacs.
Fässer – weitaus mehr als nur Gefäße zum Lagern
Um für die Herstellung von Cognac-Fässern genutzt zu werden, müssen die Bäume ein Mindestalter von 50 Jahren erreicht haben, erst dann ist nach dem A.O.C. die Verarbeitung zu Fassdauben erlaubt. Es ist auch vorgeschrieben, dass das Holz unter freiem Himmel ohne künstliche Hitzequelle getrocknet werden muss. Dabei werden vor allem durch Regen, aber auch über die Zeit die kräftigsten Tannine heraus gespült. Diese Trocknungs- oder auch Holzreifezeit nimmt im Durchschnitt zwei bis drei Jahre in Anspruch. Im Anschluss werden diese durch einen der vielen Küfer – in der Cognac-Region gibt es derer mehr als 500 – zu einem Fass zusammengebaut. Hierbei unterscheiden sich die Fässer zuallererst in der Größe, wobei zwischen 270L und 450L vieles möglich erscheint. Die häufigst genutzte Fassgröße jedoch ist 350L. Im Anschluss der Fassfertigung steht das Toasting, bei den großen Verbindungen wie das Lignin oder die Celulose aufgespaltet werden in kürzere Einheiten wie den Aroma-Stoff Vanillin. Die Intensität des Ausbrennens bestimmt später den Charakter des Fasses und seinen Einfluss auf das in ihm reifende eau-de-vie.
Reifung und Alterung
Die Reifung ist das wahrhaft Magische bei der Herstellung des königlichen Cognacs, aber auch hier wird wenig dem Zufall überlassen. Schon die Zeit der Einfüllung der eaux-de-vie ist durch das A.O.C. strengstens vorgeschrieben. So müssen die Destillate einer Saison bis spätestens zum 31.03. des anschließenden Jahres der Weinlese in das Fass gebracht werden, damit die Reifung auch im Alterskonto relevant wird. Das Mindestalter für Cognac wird mit zwei Jahren beziffert und stellt somit die Basis für die V.S. (very special) Qualität dar. Weiterhin definieren sich V.S.O.P (very special old pale) mit vier Jahren und X.O. (extra old) mit nunmehr zehn Jahren.
Alle anderen Bezeichnungen entspringen der Fantasie des Cognac-Hauses, verweisen jedoch nicht auf eine relevante und vor allem bindende Altersstruktur. Doch was geschieht nun mit dem Rohdestillat innerhalb der Reifung? Prinzipiell lässt sich sagen, dass das Destillat nun Aromen und Farbe aufnimmt, doch diese Extraktion aus dem Holz ist weitaus komplexer. Schon die Einteilung der Qualitätsstufen der Fässer erscheint hier deutlich komplexer als bei vielen anderen fassgereiften Spirituosen. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen fûts neuf (frische Fässer, bis max. 5 Jahre alt), fûts roux (bis max. 20 Jahre alt) und den sogenannte vieux fût (älter als 20 Jahre). Diese Unterscheidung betrifft vor allem die Aroma-Intensität. Je älter ein Fass ist, desto weniger extrahierfähige Stoffe wie Tannin oder Lignin lassen sich darin finden, was im Umkehrschluss bedeutet, je jünger ein Fass ist, desto intensiver bestimmt es das Aroma des Destillats. An dieser Stelle müssen Fassqualität und Potential des konkreten eau-de-vie in Einklang gebracht werden.
Potentiale ausbauen
Wie im zweiten Teil dieser Serie beschrieben, hängt das Potential eines eau-de-vie von seiner Herkunft, dem Cru ab. So muss man zu dem Zeitpunkt, zu dem man das Destillat in das Fass füllen will, exakt wissen, welche Möglichkeiten das einzelne eau-de-vie bietet und was man später damit für eine Stilistik abbilden will. Etwas überspitzt formuliert muss man an dieser Stelle ziemlich genau wissen, in was für einem Cognac später dieses konkrete Destillat einfließen soll, denn nun gilt es die Lebensgeschichte zu strukturieren. Für frühreife eaux-de-vie aus den Bois zum Beispiel eignen sich vor allem frischere Fässer, da jene Brände schon nach relativ kurzer Zeit ihren Reifehöhepunkt erreicht haben werden. Destillat aus der Grand Champagne hingegen können bis zu mindestens zehn Jahre brauchen, um sich zu öffnen und noch viel länger, um ihr volles Aromenpotential auszuschöpfen. Diese lässt man vielleicht nur für kurze Zeit in jüngere Fässer anreifen, um sie dann in alte Hölzer zu rotieren. Auch hier ist es entscheidend, welche Eichensorte verwendet wird.
Das deutlich kräftigere Holz der Stieleiche eignet sich bestens, um schnell viel Energie auf das Destillat abzugeben, hingegen Tronçais-Hölzer mit ihrer milden Struktur vor allem für Langzeitreifungen herangezogen werden. Man muss jedoch sagen, dass es hier keine einheitliche und prinzipielle Herangehensweise gibt, sondern dies vielmehr eine Frage der Philosophie des jeweiligen mâitre de chais – des Kellermeisters – eines Cognac-Hauses ist. Allgemein jedoch kann man sagen, dass die ersten Jahre in einem Fass von erhöhter Bedeutung sind, denn hier wird das spätere Profil entscheidend definiert und der Grundstein für die spätere Persönlichkeit des Cognacs gelegt.
Ziel einer vor allem langjährigen Reifung ist das sogenannte rancio. Dabei handelt es sich um die Umschreibung von Länge und Tiefe der Aromatik, dem Wandel der Holzaromen hin zu Nussigkeit oder Vanillenoten. Wenn dieser Punkt – je nach Stilistik des einzelnen Hauses – erreicht wurde, hat der zukünftige Cognac seine finale Form erhalten.
Die Bedeutung des Kellers
Doch nicht nur das Holz direkt bestimmt die spätere Struktur des Cognacs, auch der Ort, an dem die Reifung stattfindet ist von Bedeutung. Dabei muss zuvorderst ein kleines, aber häufig auftretendes Missverständnis aus dem Weg geräumt werden. Auch wenn man von den chais, den Kellern spricht; so handelt es sich jedoch zumeist um oberirdisch gebaute Lagerhäuser. Das klingt nur nicht so schön.
Die große Unterscheidung liegt in der Lage der Lagerhäuser – ob sie sich in unmittelbarer Nähe zum Fluss, der Charente befinden oder nicht. Je näher diese am Fluss liegen, desto wirksamer ist der Einfluss der natürlichen Luftfeuchte, denn dann ist diese höher im Verhältnis zu Lagern, die sich weiter abseits des Flusses befinden. Diese Umgebungssituation hat Rückwirkung auf den Part des Anges, den Anteil der Engel. Je höher die Luftfeuchtigkeit, desto mehr Alkohol evaporiert aus den Fässern im Verhältnis zu Flüssigkeit. Im Umkehrschluss bedeutet dies, je trockener die Fässer liegen, desto mehr Flüssigkeit entweicht aus den Fässern im Verhältnis zu Alkohol. Hier bei entstehen schlussendlich bestimmte Stile. Je mehr Alkohol verdampft, desto weicher und runder wird der spätere Cognac; je mehr Wasser es ist, desto kerniger – manche Maisons bezeichnen es als maskulin – und würziger wird er. Dieser Anteil der Engel ist auch in Masse nicht zu unterschätzen. Das BNIC geht davon aus, dass jährlich rund 22 Millionen Flaschen pro Jahr auf diese Weise in den Äther entweichen. Es sind Glückliche Engel über Frankreich – was den weiten Himmel mehr als rechtfertigt.
In den Kellern reift und ruht der Cognac dann viele Jahre und jene, in denen die wertvollsten und ältesten eaux-de-vie liegen dürfen sich Paradis nennen. Hier finden sich schon einmal Destillate, welche bis 1800 zurück reichen. Diese Zeugen einer vergangenen Zeit jedoch liegen dann schon nicht mehr in Fässern, sondern in sogenannten Dames-Jeannes – mit Korb ummantelte Glasballons. Nur äußerst selten kommen diese Raritäten zum Einsatz, aber wenn, dann für Cognacs, die einzigartig sind, wie Hennessy Richard oder Remy Martin Louis XIII – Cognac von Weltruhm.
Wer einmal die Möglichkeit hat, ein eau-de-vie aus längst vergangenen Tagen zu verkosten wird sich wohl immer daran erinnern. Liquide Zeitzeugen großer Ereignisse. Doch die wirkliche Magie, der Zauber des Cognac’s entsteht erst beim Blending vieler unterschiedlicher eaux-de-vie. Dies wird Thema des nächsten Teils sein.
Die Verortung des Magischen – Die Kunst der Komposition bei Cognac
Cognac kann mit Recht als eine der berühmtesten und vor allem komplexesten Spirituosen der Welt gelten. Die Aromenvielfalt, welche sich uns in einem Glas Cognac darbietet, kann so vielseitig sein wie die Farbenpracht eines Straußes Sommerblumen. Dies hat mit der Einzigartigkeit seiner Herstellung, den unterschiedlichen Lagen und der kunstfertigen Ausarbeitung des Terroirs während der Vinifikation, der Destillation und der Reifung zu tun. All diese Schritte haben einen erheblichen Einfluss auf die Qualität und den Geschmack des fertigen Cognacs, doch das wahre Wunder, die Magie von Cognac wird im letzten Schritt seiner Erschaffung deutlich: dem Blending.
Zur Verteidigung eines Begriffes
Blending – mit diesem Begriff muss man in der Welt der Spirituosen vielleicht nicht vorsichtig umgehen, seine Verwendung jedoch und vor allem das damit verfolgte Ziel erklären. Leider wird diese hohe Kunst zumeist mit „Panschen“ falsch übersetzt und trivialisiert. Eine fulminante Ausprägung dieses extremen Missverständnisses lässt sich zumeist im Whisky-Segment finden, wo für viele selbsterklärte Connaisseure ein Blended Whisky synonym mit einem qualitativ geringer geschätzten Massenprodukt verwandt wird. Dies ist jedoch völlig falsch und wird an anderer Stelle aufgearbeitet. Bei Cognac gibt es diese Debatte nicht – was wohl weniger daran liegt, dass man hier auf Konsumenten-Seite diese Kunst verstanden hat, sondern leider Gottes daran, dass sich noch immer weniger Menschen mit der Magie dieses großartigen Produktes en detail auseinandersetzen.
Von daher sei eines vorangestellt: Blending ist die höchste Form der Komposition und bedarf einer langjährigen Erfahrung und einer unabdingbaren Vision seines eigenen Produktes gegenüber.
Warum ist Cognac ein Blend?
Doch warum ist Cognac eigentlich – fast – immer ein Blend? Und wäre es nicht spannend, Single Vineyard Cognacs zu produzieren und vor allem: zu verkosten? Eine abschließende Antwort auf die Frage nach einem „Warum?“ lässt sich zumeist mit dem Terroir inklusiver seiner Kulturgeschichte finden. Die Geschichte von Cognac geht zurück auf die niederländischen Salzhändler, welche in der Charente-Region – als auch im Bordelaise – im 16. und 17. Jahrhundert zugegen waren. Für den Transport der Weine Cognac’s in die damaligen nordspanischen Kolonien der zukünftigen Niederlande waren jene einfach zu dünn und neigten zu Oxidation. Um nicht gänzlich ein Verlustgeschäft eingegangen zu sein, destillierte man diese in den Brennblasen der Niederländer und nutze den gewonnenen Brandewijn. Mit der Erkenntnis, dass es viel effizienter wäre, diese Weine vor Ort – also am Ufer der Charente zu destillieren – erfolgte die Verlagerung der Brennblasen nach Frankreich und notgedrungen wurden nun die eaux-de-vie in Fässern abtransportiert. Dabei stellte man im Laufe der Zeit fest, dass diese gelagerten Brandweine außerordentlich geschmackvoll waren und schlussendlich ist dies die grobe Entstehungsgeschichte von Cognac.
Warum nun aber das Blending? Die ansässigen Händler, die spätestens im 17. und 18. Jahrhundert die großen Cognac-Häuser gründeten, waren nicht die Besitzer der Weinberge. Richard Hennessy und Thomas Hine zum Beispiel waren irische Offiziere und keine lokalen Weinbauern. Selbst Phillipe Augier, welcher 1643 die Maison Augier gründete – heute die älteste erhältliche Cognac-Marke – besaß kaum ausreichend Land für den Weinbau. Diese Aufspaltung zwischen Weinbauern, Winzern und Händlern ist äußerst typisch und findet sich so zum Beispiel auch in der Champagne wieder.
Die dadurch entstehenden Unterschiede in Qualität – natürlich auch abhängig vom Jahrgang – versuchte man durch einheitliche Blends zu egalisieren. Der eigene Anspruch und die Verlässlichkeit gegenüber seinen Kunden sind die wichtigsten Triebfedern zum Herstellen der Blends, garantieren doch diese eine einheitliche und zuverlässige Qualität, welche sich mit dem Namen des Händlers – sei es Hennessy, Remy Martin, Martell oder anderer identifizieren lässt. Die Tatsache, dass Cognac also zumeist ein Blend ist, entspringt seiner historischen Entwicklung.
Vom Anfang, dem ein Ende innewohnt
Die wahre Kunst des Komponierens von unterschiedlichen eaux-de-vie ist eine Sache von zwei Seiten. Die naheliegende Kunst, das offensichtliche Moment ist die skalierbare Perfektion des fertigen Produktes. Es ist mehr als erstaunlich, dass solche Klassiker wie Hennessy V.S oder der VSOP von Remy Martin über all die Jahre so gleich schmecken. Hierbei wird natürlich deutlich, wie besonders die Fähigkeiten der Kellermeister sind, damit dies über die Jahre hinweg so möglich ist. Die größere Magie jedoch liegt in der Weitsicht. Denn eigentlich beginnt die Kunst – wie jede magische Vorführung – mit der Vorbereitung und damit spätestens mit dem Destillat. Schon weit vor der Komposition muss den Blendmeistern bewusst sein, welche Qualität das einzelne Destillat abzubilden vermag und was man damit in vielen Jahren kreieren möchte. Auf die Potentialität der Vermählbarkeit hin werden diese produziert und sind in ihrer Entwicklung quasi bis zu einem gewissen Grad vorbestimmt. Dieses Miteinander von Weinkunst, dem Handwerk der Destillation und der Magie des Blendings ist es, welches vor allem Cognac zu solch einer bemerkenswerten Spirituose macht.
(Un-)Blended Cognac im modernen Gewand
Doch wie sieht es mit einer Entwicklung aus, die allmählich immer bekannter wird – den un-blended Cognacs? Also jenen Abfüllungen, die ausschließlich aus einem Crus kommen, oder ganz speziell nur auf Basis von einer Rebsorte – zumeist nicht Ugni Blanc – stammen? Marken wie Augier oder Jean Grosperrin vermarkten diese Produkte schon länger, leider nur mit sehr wenig Aufmerksamkeit auf Seiten der Konsumenten. Augenscheinlich mag diese Philosophie dem fundamental entgegenstehen, wofür die meisten Cognac halten. Ebend jenen Blends großer Häuser, die stets und immer gleich zu schmecken scheinen. Es ist jedoch dabei nur die Kehrseite jener Medaille, die für die Trennung von Weinbauern, Destillateuren und Handelshäusern steht. Ähnlich wie in der Champagne etablieren sich immer mehr kleine Produzenten, die vormals eaux-de-vie an die Großen lieferten und nunmehr eigene Abfüllungen verkaufen. Eine jener Erfolgsgeschichten ist die der Familie Merlet. Aus Saint Sauvant stammen, lieferte Sie über viele Jahre hinweg Destillate an Hennessy, bis sie sich dazu entschlossen, eigenen Cognac zu produzieren. Dies nunmehr seit über 10 Jahren sehr erfolgreich. Genau diese kleineren Produzenten, als auch die Einzellagen-Cognac beleben die Kategorie unglaublich und verjüngen eine Spirituose, der man leider Gottes immer noch nachsagt, sie wäre in die Tage gekommen.
Es ist wie mit allem: es bedarf vieler Interpretationen einer Idee, um diese zum Leben zu erwecken und viele Leute davon zu begeistern. Die großen Blends verlieren ihre Strahlkraft nicht und die dazugehörigen Häuser mit ihren berühmten Namen bilden das wichtige Fundament – auch aus Marketingsicht – für die vielen kleinen Besonderheiten, die es in jeder Kategorie gibt.
So bildet sich eine Vielfalt, die sich geschmacklich in Extreme verlieren kann, aber die auch immer verlässliche und treue Begleiter im liquiden Genuss zur Verfügung stellt. Und genau diese Mischung macht es aus, dieser Blend aus Philosophien und Ideen. Wir sollten nur allen eine Chance geben und sie probieren. Schaden wird es nicht!