Der Schwedhelm Wotan Kalkfels Riesling aus der Pfalz ist ein Wein, bei dem man vielleicht nicht sofort zugreift. Der vielleicht auch nicht ganz so typisch ist, aber den man unbedingt auf dem Schirm haben sollte, wenn man struktur-starke, enorm gespannte Rieslinge mag. Was genau hinter dieser Ersten Lage aus dem nördlichsten Ort der Pfalz steckt, erfährst Du hier in 5 Minuten.
Wohl kaum ein deutsches Weinanbaugebiet steht für soviel Lebensfreude und Spaß am Wein wie die Pfalz. Zwischen Pfälzer Wald im Westen und dem Rhein im Osten sowie Monsheim im Norden und den nördlichen, schon zu Frankreich gehörenden Vogesen im Süden, weiß man nicht nur zu Essen und zu Trinken, man produziert doch auch unter berühmten Namen Weine, die auf der ganzen Welt geschätzt werden. Vor allem die Mittelhaardt mit so herausstechenden Weingütern wie Basserman Jordan, von Winningen, Dr. Bürklin Wolf oder Weingut Rings hat man Weinproduzenten, die im internationalen Vergleich keine Herausforderung scheuen und zu den absoluten Highlights der deutschen Weinerzeugern zählen. Und natürlich Markus Schneider. Ein Name, der (völlig wertfrei) jedem Menschen, der schon mal ein Weinregal entlang schritt ein Begriff ist.
Doch warum beginnt man einen Artikel über einen Wein der Gebrüder Schwedhelm mit einer Auflistung so berühmter Namen? Weil die Messlatte in der Pfalz einfach so hoch liegt. Und weil – so viel sei verraten – der Wotan Kalkfels Riesling da ganz entspannt mitspielt. In der Liga der bemerkenswerten Rieslinge der Pfalz.
Riesling aus der Pfalz
Riesling ist in der Pfalz die vieles bestimmende weiße Rebsorte. Mit etwas über 5500 Hektar Anbaufläche allein für den König des Weißweins ist die Pfalz das größte Riesling-Gebiet der Welt. Und dies in einer atemberaubenden Varianz. Von frucht-dominierten, blumigen Rieslingen, die unkomplizierten Spaß im Glas vermitteln über die berühmten Großen Gewächse mit einem Alterungspotential von Jahrzehnten bis hin zu Weinen, bei denen trocken-mineralisch neue Dimensionen erreicht werden.
Dazu kommen die vor allzu kalter Luft schützenden Hänge des Pfälzer Waldes, die es ermöglichen, die Trauben lange am Stock hängen zu lassen und schon im Frühling einsetzende Frostschäden verhindern. Ideale Bedingungen also – im Übrigen auch für den Anbau von Rotwein.
Die Gebrüder Schwedhelm im Zellertal
Im Norden der Pfalz, direkt an der Grenze zu Rheinhessen befindet sich das Zellertal – die Heimat der beiden Brüder Stephan und Georg Schwedhelm. Hier, im ältesten Weinbauort der Pfalz wird seit mehr als 1300 Jahren Wein angebaut und vergoren. Dies liegt vor allem an der nahezu perfekten Ost-West-Ausrichtung des Tals und den sonnenbeschienenen Südhängen, deren Böden eine höchst spannende Mischung aus Kalk und Ton bereitstellen. Nicht umsonst wurden hier in der Vergangenheit die besten Weine der Pfalz gekeltert.
Dieser Tradition wollen die Gebrüder Schwedhelm auf ihren mittlerweile 17 Hektar Weinbergen folgen. Im Zentrum dabei steht die klassische Handarbeit – sowohl im Weinberg als auch im Keller. Die Fähigkeiten dazu hat Stephan in Geisenheim (der berühmtesten Hochschule für Weinbau in Deutschland) gelernt. Zusammen mit seinem Bruder Georg übernahmen sie 2014 das Familienweingut, welches damals jedoch noch unter dem Namen Klosterhof vermarktet wurde.
Mit ihrer biologischen Bewirtschaftung und dem eigenen Anspruch, klare, schlanke und präzise-mineralische Weine zu erzeugen, befüllen sie mittlerweile jährlich 150.000 Flaschen. Und dies äußerst erfolgreich! Mittlerweile findet man Schwedhelm-Weine recht zuverlässig in den gutsortierten Weinhandlungen dieser Republik nur muss ich gestehen, habe ich immer vorbei gegriffen. Und eines vorweg: nach diesem Wein werde ich öfter zu einer Flasche Schwedhelm greifen!
Von Kelten, Spontangärung und Hefelager
Der Wotan Kalkfels als Erste Lage klassifiziert, verweist auf ein mehr als eintausend Jahre alte Geschichte. Es handelt sich hierbei um eine keltische Opferstätte für den nordischen Gott Wotan. Dieser höchste Punkt der Lage Kreuzberg ist im Vergleich zum ansonsten stark Ton-geprägten Boden ein 8 Meter hoher Kalkalgenstock. Um ihn herum wachsen die Rieslingreben für den Wotan Kalkfels von Schwedhelm.
Diese Rieslingtrauben werden vorselektiert, von Hand gelesen und anschließend ganz schonend gepresst. Dieser schonenden Prozedur fügt sich eine acht-stündige Maischestandzeit an. Schon hier verstärkt sich das großartige Reifepotential des Weins. Das Vergären des Weines erfolgt danach als Spontanvergärung im Edelstahlfass. Die natürlichen Hefen bringen den einzigartigen Charakter des Weines und seiner Umgebung zum Ausdruck.
Besonders erwähnenswert für den Schwedhelm Wotan Kalkfels Riesling ist das sehr lange Feinhefelager. Nachdem der Wein fertig gegoren ist, werden die verbleibenden Hefen nur grob abgestochen. Die feinen, im Wein trübe verbleibenden Feinhefen werden bis in den Juni des Folgejahres dort belassen und erst mit der Abfüllung in Flaschen herausgefiltert. Dadurch bekommt der Wein ein deutlich dichteres Mundgefühl und die erdigen, mineralischen Aromen werden verstärkt.
Dies erzeugt – soviel sei vorweg verraten – einen spannenden, hochdynamischen Wein, der sowohl dem Schwedhelmschen ideal von kühler Finesse entspricht; aber auch eine Mundfülle, die bemerkenswert ist, erzeugt. Doch wie schmeckt nun der Schwedhelm Wotan Kalkfels Riesling?
Minimalisitik als Stil bei Schwedhelm
Mit seinen nunmehr 2 Jahren in der Flasche präsentiert sich der Schwedhelm Wotan Kalkfels Riesling 2021 in einem intensiven, strohigen Gold. In der Nase ist der Wein sofort präsent, lässt aber vom ersten Moment primär-fruchtige Aromen vermissen. Eventuell erahnt man ein bisschen Steinobst aber die grundsätzlich stark ausgebauten Aromen sind eindeutig geprägt von mineralisch-zitrischer Sturktur. Dieser Riesling wirkt unglaublich kompakt und fest, präsentiert aber auch schon allererste Reifenoten. Zeit tut diesem Schwedhelm Riesling gut, denn mit ihr öffnet er sich etwas, behält aber seine absolute mineralische Minimalistik bei. Wenn man hier über Fruchtaromen sprechen möchte, dann kommt man über Zitrone, später etwas Grapefruit jedoch nicht hinaus. Einige krautige Komplexe zeigen sich, aber wenn man allein von der Nase ausgehen möchte, so hat man hier ein Paradebeispiel für einen kargen Wein im Glas.
Die kalte Sonne der Pfalz
Im Mund wirkt dieser mit 2,2gr Restzucker abgefüllte Wein genauso trocken, wie es die Nase erahnen lässt. Aber mit was für einer krassen Struktur! Was sofort auffällt, ist diese beeindruckende Präzision, die der Wein mit sich bringt. Man hat das Gefühl, man würde jeden einzelnen Stein im Weinberg erschmecken können. Und dazu hält der Wein eine beeindruckende Spannung. Einen guten Wein erkennt man daran, dass er Spannkraft hat und singt – und oh mein Gott! – dieser Wein hat beides. Der Schwedhelm Wotan Kalkfels Riesling – hier aus dem Jahr 2021 – ist definitiv ein großer Wein!
Auch wenn er nahezu fruchtlos erscheint, so macht er einfach unglaublich viel Spaß im Glas mit seiner präzisen Säure. Und das Ganze, ohne „sauer“ zu wirken. Natürlich wird das ein Weineinsteiger etwas anders bewerten, aber nach einigen Flaschen Riesling wird man diese Komplexität erkennen und goutieren.
Je länger man den Schwedhelm Wotan Kalkfels im Mund hat, desto mehr Schichten offenbaren sich. Die Zitrone bekommt eine fruchtige Komponente doch bevor man denkt, jetzt wird der Wein „harmlos“ scheint sich die Mineralik in eine nahezu metallische Struktur zu wandeln. Es ist einfach schwer, dies in Worte zu fassen. Aber wenn es eine kalte Sonne gibt, dann schmeckt sie so wie dieser Pfälzer Riesling, dessen Präzision mundfüllend ist.
Fortgeschrittene Freude und eine dringende Austernempfehlung
Struktur, Karkheit und Präzision sind die drei Schlagwörter für den Schwedhelm Wotan Kalkfels und dennoch macht er unglaublich viel Freude zu trinken. Der Trinkfluss ist da und er schreit förmlich nach mehr. Aber er möchte dabei beachtet werden oder zumindest etwas zum Spielen haben. Auch wenn er einfach so getrunken werden kann, so scheint er perfekt als Essensbegleiter. Und natürlich assoziiert man mit einem solchen Wein Fisch, vielmehr noch Meeresfrüchte.
Allerdings schmeckt dieser Wein viel mehr nach Nordsee als nach Mittelmeer – also brauchen wir Austern! Kernige, fleischig-feste Austern sind der perfekte Partner. Und um heimisch zu bleiben, öffnen wir einfach ein paar frische Sylter Royal. Kein Dressing, nur etwas frische Zitrone und sicherheitshalber gleich zwei Dutzend. Denn bei dieser fabelhaften Kombination möchte man einfach nicht aufhören.
Eines steht auf jeden Fall fest: der Schwedhelm Wotan Kalkfels 2021 hat mich dazu gebracht, jetzt öfter und bewusster zu einer Flasche der zwei Brüder aus dem Zellertal zu greifen. Denn eines ist dieser Wein ganz bestimmt: groß und überzeugend! Und mit Sicherheit stehen ihm einige Jahre der Flaschenreife auch gut zu Gesicht.
Vielen Dank an Eggerssohn für die Bereitstellung dieser Flasche. Außer Wein ist hier nichts geflossen.