Mit nur einem einzigen Produkt hat es die Firma Cointreau geschafft, in der Genusswelt eine Relevanz zu generieren, die nun schon über 170 Jahre Gültigkeit besitzt. Erfahre in diesem Artikel alles über die Geschichte der berühmten viereckigen Flasche und warum Cointreau ohne Zweifel eine der spannendsten Marken der gesamten Likörwelt ist. Die geschätzte Lesedauer des Artikels beträgt 8 Minuten.
Cointreau – die Geschichte zweier Brüder
Die Geschichte der Weltmarke Cointreau beginnt 1849 in der französischen Stadt Angers – gelegen am Ufer der Maine, einem Zufluss der Loire. Heute leben dort etwas mehr als 150.000 Einwohner aber zur Zeit der Gründung des Hauses Cointreau waren es gerade einmal rund 45.000. Darunter die zwei Brüder Adolphe und Edouard-Jean Cointreau, die gemeinsam Süßwaren und Konfekt herstellten.
Im Jahr 1849 kamen sie auf die Idee, dem Angebot noch süße Liköre hinzuzufügen und begannen den in Frankreich damals und auch heute noch besonders populären Guignolet herzustellen. Dafür gründeten sie eine eigene Destillerie.
Adolphe und Edouard-Jean begannen mit dem regionalen Aufbau der Firma, doch es war der Sohn Edouard-Jeans, der nach seinem Vater benannt wurde, welcher den Erfolg der Firma entscheidend beeinflusste. Er war es, der den berühmten Orangenlikör kreierte.
Krieg, Orangen und Luxus
Edouard (junior) übernahm die Firma seines Vaters 1875. Die Jahre zuvor verbrachte er in der französischen Armee und kämpfte unter anderem im Deutsch-Französischen Krieg. Vor allem diese Dienstjahre ließen ihn viel durch Frankreich reisen und das Land, die Leute und ihre Wünsche kennenlernen.
Es war die Zeit der industriellen Revolution und vielerorts wuchs nicht nur die Produktivität, sondern und vor allem mit Ihr der Wunsch nach Exotik und Luxus. Der Markt dafür wurde größer und größer und vor allem aus den französischen Übersee-Departements und den Kolonien kamen Produkte, die das Herz höherschlagen ließen. Eines dieser Produkte waren Orangen.
Cointreau, Triple Sec und Curacao
Zu der Zeit als Edouard die Firma übernahm gab es schon einige Orangenliköre auf dem Markt. Allen voran muss man hier die Marke Combier erwähnen, die bis heute als der älteste Triple Sec gilt. Hergestellt wird dieser bereits seit 1834 in Saumur – ebenfalls im Tal der Loire.
Wahrscheinlich war die ursprüngliche Bezeichnung der süßen Orangenliköre der damaligen Zeit jene der Insel Curacao. Noch heute gehört Curacao zum Königreich der Niederlande. Es war vor allem die niederländische Westindies-Company, welche die Erzeugnisse dieser Inseln nach Europa brachte. Eine der bedeutendsten war die Bitterorange (Pomeranzen), deren Schale für die Herstellung von Likören bis heute so wichtig ist. Es ist anzunehmen, dass Frucht-Liköre auf Basis dieser Bitterorangen zur besseren Vermarktung die Kategorie-Bezeichnung Curacao bekamen, auch wenn es im Falle der französischen Liköre wohl eher Haiti war, welches als Quelle für die Orangen angeführt werden müsste.
Doch bitter war hier nur die Schale der Orangen – der Geschmack der Liköre war enorm süß. Doch gab es Menschen, denen eben jene süßen Liköre viel zu süß waren und die nach frucht-fokussierten Produkten strebten. Dies ist die Geburtsstunde der Triple Secs.
Das ‚Sec‘ in der Kategorie verweist auf die reduzierte Süße, doch die genaue Definition des Triples ist leider nicht eindeutig. Einige deuten es als Verweis auf eine Dreifach-Destillation, aber es gibt hierzu leider keine abschließenden Belege.
Edouard Cointreau führt die Bezeichnung Triple Sec auf seinen Flaschen – damals stand diese Kategorie-Bezeichnung noch mit auf dem Etikett – auf die drei verschiedenen Ausgangsprodukte der Orangen zurück.
Die Suche nach dem Rezept
Es dauerte einige Jahre, bis Edouard das für Ihn passende Rezept für seinen Triple Sec fand. Im Jahr 1885 war es dann schließlich soweit und er füllte die ersten Flaschen Cointreau ab.
Der Clou hinter seinem Produkt, dem es in erster Linie um eine hervorstechende Orangennote ging, lag in der Verwendung von getrockneten Schalen der Bitterorangen, getrockneten Schalen süßer Orangen und frischen Schalen süßer Orangen. Dies ist auch seine Herleitung des Namens Triple Sec. Es sollte die Orange im Vordergrund stehen und der Zucker reduziert werden.
Ich habe mich leidenschaftlich in die Erforschung dieses Likörs gestürzt. Ich wollte, dass er die Reinheit eines Kristalls und einen zart subtilen Geschmack dank der perfekten Harmonie von süßen und bitteren Orangenschalen hat
Edouard Cointreau
Im Laufe der Jahre gab es immer mehr Anbieter von Triple Sec. Einige davon von eher fragwürdiger Qualität, so dass sich Edouard Cointreau dazu entschloss, sein Produkt nur noch unter seinem Namen zu vermarkten und die Kategorie nicht mehr auszuweisen. Dieser Schritt sollte sich in der Zukunft auszahlen, denn bis heute ist es der Fall, dass Gott und die Welt Cointreau kennt, aber was genau ist bitte Triple Sec?
Anfang des 20. Jahrhunderts unterlag die Rezeptur einer kleinen Abänderung. Dies geschah auf Nachfrage von George Glendenning, dem einflussreichen Importeur von Cointreau in UK, dessen Kundschaft den Likör noch weniger süß haben wollten. Seit 1923 ist es genau diese Rezeptur, die wir bis heute in der berühmten viereckigen Flasche haben.
Kunst, Kultur und Innovation
Damit Gott und vor allem die Welt Cointreau kennt, bedarf es einer guten Marketingstrategie. Dass dies keine Eigenart des 21. Jahrhunderts ist, bewies Cointreau schon Ende des 20. Jahrhunderts.
So wurde schon 1898 ein hauseigenes Werbestudio gegründet. Hier entstand durch die Arbeit von Nicolas Tamagno – einer der berühmtesten Grafiker seiner Zeit – das Markenmaskottchen ‚Pierrot‘. Dieser Clown sollte fortan die Geschichte von Cointreau miterzählen und die Marke erlebbarer machen. Schließlich war der Konkurrenzdruck hoch und Werbung das neue Handwerk der Epoche.
Ein historisch herausragendes Moment war die Kooperation mit den Gebrüdern Lumiere. Diese stellten 1895 im Salon Indien in Paris ihren Cinematographen vor und können als die Begründer des Kinos gelten, denn ihre Erfindung war die erste Bewegtbildkamera der Welt.
Drei Jahre später – 1898 – erschufen Sie um die Figur Pierrot einen Kurzfilm für die Marke Cointreau, der folglich der erste Werbeclip der Welt wurde. So verbindet sich mit dem Name Cointreau Kunst, Kultur und Innovation.
Cointreau – eine globale Marke des 19. Jahrhunderts
Zu dieser Zeit war Cointreau schon eine globale Marke. Der Ausgangspunkt des weltweiten Erfolgs waren die damals äußerst beliebten Weltausstellungen. Für das Haus aus Angers war die Weltausstellung 1889 die erste und entscheidende. In Paris wurde der Orangenlikör mit einer Goldmedaille ausgezeichnet. Diese Ausstellung war damals äußerst umstritten, veranstaltete man sie doch anlässlich des 100. Jubiläums der französischen Revolution. Im sonst so monarchischen Europa kam diese daher nicht ganz so gut an. Die Amerikaner – als Gäste und Aussteller jedoch waren begeistert. Es war im Übrigen jene Weltausstellung, zu der Gustav Eifel seine berühmte Stahlkonstruktion einweihen ließ.
Während heute Medaillen auf Flaschen immer etwas antiquiert wirken, war dies damals ein enormes Werbemittel und half Edouard Cointreau in zweierlei Hinsicht. Zum einen erhöhte diese von 32. Mio. Besucher gewürdigte Ausstellung den Bekanntheitsgrad enorm. Zum anderen ermöglichte es der Firma Cointreau, zwei Jahre später in der Jury für den französischen Pavillon auf der Weltausstellung in Moskau zu sitzen. Damit war auch der russische Markt erschlossen und die Expansion ging weiter.
1893 gab es eine erneute Auszeichnung auf der Weltausstellung in Chicago und 1900 eröffnete sich dank des Wanderzirkus Weltausstellung in Hanoi auch der asiatische Markt.
Damit war Cointreau angekommen in der Liga der globalen Marken. Der Orangenlikör kann damit zu Recht als eine der ersten globalen Likörmarken der Welt gelten.
Drinks als Werbeträger
Einen nicht zu vernachlässigen Effekt auf die stets steigende globale Bekanntschaft von Cointreau ist die spätestens seit der amerikanischen Prohibition über Europa schwappende Cocktailwelle.
Die erste Erwähnung der Marke in einem Cocktail-Buch findet sich im Jahr 1913 in dem vom deutschen Carl Seutter herausgegebenen „Der Mixologist“. Doch dies ist erst der Anfang.
Cointreau ist seitdem nicht mehr aus der Welt der Drinks wegzudenken und ist fester Bestandteil unzähliger Drinks. Allen voran sei hier der Sidecar und die Margarita genannt.
You can’t imagine Rock’n’Roll without a guitar and it is the same thing if you take the orange liqueur out of cocktails
Panos Sarantopoulos (ehem. CEO Cointreau).
Während der Sidecar ein typischer Drink der 1920er Jahre des alten Europas ist und die Margarita eine amerikanische Erfindung der Nachkriegszeit, so ist es ein Drink der späten 1980er Jahre, der der Marke einen Schub verlieh, welcher bis heute anhält.
1988 kreierte der amerikanische Bartender Toby Cecchini in “The Odeon Bar” in New York City einen pinken Drink, der neben dem gerade populären Absolut Citron, Lime Juice und Cranberry-Nektar enthält. Und natürlich Cointreau. Der Cosmopolitan war geboren und damit ein Drink, der einige Jahre lokal für Furore sorgte, bis eine US-amerikanische Serie über das vermeintliche Alltagsleben einiger Frauen aus New York diesen Drink zu einem der bekanntesten Cocktails der Welt machte. Sex and the City – und der Cosmopolitan sind auf ewig miteinander verbunden. Und mit dabei: der Orangenlikör aus Angers!
Das Terroir der Orangen
Dieser Orangenlikör ist der berühmteste Triple Sec der Welt – und das, ohne die Kategorie zu nennen. Es reicht allein der Markenname und wir wissen alle, um was es geht.
Doch was steckt hinter dem Produkt?
Schlussendlich ist es ein Likör auf Neutralalkoholbasis. Schon alleine dies macht Ihn besonders, denn die ursprünglichen Orangenliköre waren häufig auf Basis von Brandy bzw. Cognac und damit schwerer und körperreicher. Aber dies war nicht das Ziel von Edouard Cointreau, der 1923 stirbt und die Firma an seine Kinder André und Louis übergibt.
Neutralalkohol als Basis wird mit unterschiedlichen Orangen mazeriert – und genau hier liegt das Besondere an Cointreau. Dabei kommen heute die Orangen aus Brasilien, Ghana, dem Senegal (v.a. die bitteren Orangensorte Bigarade – besser bekannt als Sevilla-Orange) und Spanien (die süßen Valencia-Orangen, aber auch Cadenera, die Saftorange Salustiana oder Pera).
Wenn man also Cointreau trinkt, dann erlebt man die ganze Welt durch den Geschmack von Orangen – ein schönes Bild!
Die Schalen der bitteren Orangen werden getrocknet und die der süßen getrocknet und auch frisch verwendet – dadurch entsteht dieses besonders filigrane Spiel aus Süße in der Nase und am Gaumen, das Cointreau auszeichnet.
So wird Jahr für Jahr Cointreau produziert und das alles seit den ersten Tagen in Angers. So wie die Orangen Ihr einzigartiges Terroir haben, so versteht sich die Familie Cointreau auch heute noch Ihrer Heimat verpflichtet.
Familie, Konzern und Heimat
Auch wenn seit 1990 die Firma Cointreau mit dem Cognachaus Remy Martin zu Remy Cointreau fusionierte, so ist – wie bei allen Marken des Unternehmens – die Familie bis heute ein elementarer Bestandteil des Selbstverständnisses von Cointreau. Diese Familie wird nunmehr in sechster Generation durch Alfred Cointreau repräsentiert, dem es wichtig ist, wo und wie Cointreau produziert wird.
Angers ist the birthplace of the Cointreau family and that is why, still today, we still only have one distillery in the world and it is still in the birthplace
Alfred Cointreau
Es ist genau diese Balance zwischen Tradition und Innovation, die Cointreau von den ersten Tagen bis heute so besonders macht. Und die Innovation zeigt sich nicht nur in der Zusammenarbeit mit Bartendern auf der ganzen Welt, sondern auch in der Fähigkeit, sich selber weiterzuentwickeln.
Cointreau Noir und Cointreau Blood Orange
Im Laufe der Jahre fokussierte man sich auf Cointreau und reduzierte das Portfolio von teilweise über 50 Produkten auf genau jenes, um das sich dieser Artikel dreht.
In den letzten Jahren kamen jedoch zwei neue Produkte hinzu, die das Sortiment sinnvoll ergänzen.
Zum einen schuf man mit Cointreau Noir eine Hommage an die enge Verbindung mit der Maison Remy Martin. Dabei wird für den Orangenlikör nun Cognac als Basis benutzt, um ein dichteres und kräftigeres Aromenprofil zu generieren.
Mit dem Cointreau Blood Orange hingegen widmet man sich dem Thema Terroir, denn hierfür werden vor allem Blutorangen der französischen Insel Korsika genutzt – eine Idee, die der ehemaligen Destillateurin Bernadette Langlais vor einigen Jahren kam.
Today our sweet and bitter peels come from Spain, Africa and South America. What she wanted to do was create an orange liquor, but with French orange peels. She went to Corsica and found blood oranges’
Alfred Cointreau
Und damit wird die Welt, die uns Cointreau dank der Orangen eröffnet noch größer und man wird seinem eigenen Credo mehr als gerecht: Cointreau – aux quatre coins du monde.