Asti Spumante und Moscato D’Asti sind zwei Weine aus dem Piemont, die es außerhalb Italiens meist nur als Klischee irgendwohin schaffen. Leider viel zu selten auf Weinkarten oder in den heimischen Kühlschrank. Das sollte sich ändern! Was genau hinter den beiden Weinen steckt und wie aus einer Flasche ein wundervolles Dessert wird, erfährst Du hier in 6 Minuten.
Asti – ein weiteres romantische Klischee der Vergangenheit?
Asti – dieser Name, dieser Wein. Alles klingt nach Italien. Ein Italien in den 1980er Jahren. Süßer Wein, kitschige Romantik und im Hintergrund klimpert aus einem alten Röhrenradio Romina Power und Al Banos Felicita. Die Tischdecke ist rot-weiß kariert. Erstaunlich, wie oft wir sofort Klischees im Kopf haben, wenn es um italienische (aber auch französische) Kulinarik geht, oder? Egal! Zum Nachtisch gibt es keinen Grappa, sondern Asti – es sind ja schließlich immer noch die 1980er Jahre und süßer Wein ist voll in Mode.
Szenenwechsel und ein Sprung ins heute. Und die Frage: wann haben wir das letzte Mal einen Asti getrunken? Die meisten Menschen werden diese Frage wohl eher mit einem langen Nachdenken und einem „das ist ewig her“ beantworten – wenn überhaupt. So ging es uns auch, bis irgendwann eine Flasche Moscato D‘Asti aus dem Hause Ceretto bei uns auf dem Tisch stand. Und eines muss vorweggesagt werden: selten habe ich mich so herzlich gefreut einen Schluck zu trinken wie beim ersten Duft dieses Weines. Warum wirst Du hier gleich lesen. Aber bevor wir die Flasche aufmachen – was ist denn nun eigentlich Asti?
Asti in Piemont
Die Stadt und die dazugehörige Provinz Asti liegen im Piemont im Norden Italiens. Aus dem Piemont kommt so vieles, das wir kennen und lieben. Und aus dem Piemont kommt die erfolgreichste Marketinglüge der Naschwelt: Mon Chérie. Denn wer durch diese Region zwischen Cuneo, Turin und Cannobio fährt, der wird vieles sehen. Vor allem wunderschöne Dörfchen, Weinberge und Haselnusssträucher. Eines jedoch wird man schmerzlich vermissen: Kirschbäume. Die legendäre Piemont-Kirsche gibt es nämlich tatsächlich nur in der Werbung. Dafür aber berühmte Weine, wie der mythische Barolo oder der Nebbiolo als Rotweine sowie Arneis und Gavi als bekannte weiße Vertreter. Und es gibt Asti! Asti Spumante und Moscato D’Asti – zwei Weine, die einiges gemeinsam haben und dennoch unterschiedlich sind.
Asti und Asti – zwei Weine und ein Terroir
Wenn wir über Asti sprechen wollen, so müssen wir immer im Hinterkopf behalten, dass es da zwei verschiedene Weine gibt, die beide auf den gleichen Namen hören. Zum einen der berühmte und weit bekannte Asti Spumante (inkl. aller oben skizzierten Vorurteile) und der speziellere und seltenere Moscato di Asti. Beide Weine basieren auf der gleichen Rebsorte (Moscato Bianco), doch ansonsten sind sie sehr unterschiedlich in Ihrer Herstellung und damit auch in ihren Eigenarten. Es eint sie die intensive Aromatik der Moscato-Rebe und die Tatsache, dass die Rebstöcke für den Wein nicht nur in der Region Asti stehen, sondern auch in der Region Cuneo (wundervolle Stadt mit fantastischen Restaurants und definitiv eine Reise wert!) sowie in der Region Alessandria – also dem südlichen Gebiet des Piemont.
Die Regionen-Namen sind politischer Natur, unter Weintrinkern sind es vor allem die Namen Langhe (Region Cuneo), Monferrato (Region Asti und Alessandria) und Roero (Region Cuneo und Asti), die bekannter sind. Diese können jedoch nicht 1:1 den politischen Regionen zugeordnet werden.
Das Terroir dieser Region ist einzigartig! Im Norden dominiert der Schatten der Alpen und im Süden grenzt das Küstengebiet Liguriens an. So entsteht eine spannende Dynamik zwischen Kühle und Wärme sowie ausreichend Wind. Vor allem die Kombination aus strengen Wintern und heißen Sommern machen dieses hügelige und romantische Gebiet önologisch so spannend.
Und seit 2014 besitzen diese Weinbaugebiete offiziell den Status eines UNESCO Weltkulturerbes. Dies reflektiert nicht nur die einzigartige Landschaft, sondern vor allem die besondere Geschichte dieser Region. Schließlich wurde hier der wohl erste Schaumwein Italiens kreiert.
Asti – Ein Schaumwein aus Italien
Die Idee hinter einem schäumenden Wein kam Carlo Gancia, einem 1829 in Narzole geborenem Weinmacher, der gemeinsam mit seinem älteren Bruder Edoardo Fratelli Gancia gründete und als Erfinder des Italienischen Spumante gilt. Das Wissen dazu eignete er sich während einer zweijährigen Ausbildungsreise in Reims in der Champagne an. Direkt nach seiner Rückkehr 1850 gründete er sein Unternehmen und 1865 fundamentierte er seine Arbeit mit den ersten Regeln zur Herstellung eines Spumantes.
Es war also französisches Wissen, das dem Erfolg eines der berühmtesten Schaumweine Italiens zu Grunde liegt. Eine ähnliche Geschichte könnte man über die berühmten Super Toskaner erzählen, aber das ein anderes Mal in einem anderen Artikel.
Schon 1898 ging man daran, die Herstellung günstiger und effizienter zu machen und begann, Weine in Druckbehältern zu verschäumen. Natürlich kann man sagen, dass dies auch die Geburtsstunde des Billig-Astis war – aber wir haben ja noch mehr als ein Jahrhundert, um das Bewusstsein für Herkunft, Handwerk und Qualität zu schärfen. Und spätestens mit der Einführung der DOC im Jahr 1967 begann man, sich wieder mehr auf die Herstellung von Premiumweinen zu konzentrieren. Vor allem der speziellere Moscato D’Asti ist als Ergebnis der Arbeit im Massenmarkt und als klare Abgrenzung dazu zu verstehen.
Moscato Bianco – süß, intensiv und elegant
Die Grundlage für beide Asti Weine bildet die Rebsorte Moscato Bianco. Diese ist die eleganteste und feinste aller Muskatellersorten und in fast ganz Italien zu finden. Eine ihrer relevantesten Eigenarten ist eine zumindest immer leicht liebliche Ausprägung und der Fakt, dass man wundervoll alkoholarme Weine produzieren kann. Dazu kommt die wirklich wundervolle und intensive Floralität, die diese Weine mit sich bringen. Dies ist speziell und nicht jedermanns Sache aber im richtigen Moment auch unglaublich schön. Vielleicht etwas kitschig aber auf jedenfall schön!
Wie jedoch macht man aus einer Rebsorte im gleichen Gebiet nun zwei unterschiedliche Weine? Was macht Asti Spumante und Moscato D’Asti jeweils aus?
Asti Spumante – ein Italienischer Schaumwein im klassischen Sinne
Die Produktionsmenge von Asti Spumante ist riesig, wird seit den 1850er Jahren betrieben und unterliegt einem festen Regelwerk – es ist ja schließlich eine DOC.
Die Weinbeeren werden bei starker Kühlung in großen Edelstahltanks gepresst und verbleiben dort unter den kalten, aromaschonenden Bedingungen bis zur weiteren Verwendung. Für die erste Vergärung wird der Most leicht temperiert und der Wein wird in den Stahltanks bis zu einer Alkoholstärke von ca. 5% Vol. vergoren um anschließend wieder bis zur Verschäumung herunter gekühlt zu werden.
Die zweite Gärung – bei der der Wein Spumante wird – findet bei ca. 20°C in Druckbehältern statt und erzeugt einen Schaumwein von 7 – 9,5% Vol. Alkohol. Dieser wird konstant unter Druck gefiltert und in Flaschen gefüllt.
Der fertige, abgefüllte Wein hat dann eine wundervoll cremige Moussierung und unterliegt in der Flasche einem Druck von bis zu 6 Atmosphären bzw. Bar. Diesen Wert teilt er sich im Übrigen mit Champagner. Und zum Vergleich: ein Autoreifen hat ca. 2.5-3 Bar und ein Rennradreifen zwischen 6 und 7,5 Bar. Da ist also ordentlich Druck auf der Flasche und dem Wein.
Moscato D’Asti – eine kleine Spezialität
Während für den klassischen Asti Spumante das Gros der Trauben genutzt wird, so sind es für die Kleinstmengen von Moscato D’Asti nur die besten Trauben, die zumeist hangelesen werden und in die Kelter kommen.
Unter Kühlung wird der Wein gepresst und direkt auf maximal 5,5% Vol. fermentiert um anschließend noch einmal heruntergekühlt zu werden. Dies sogar kurzfristig bis unter den Gefrierpunkt. Dadurch wird die Gärung sofort abgestoppt und der Wein wird mit seinem geringen Alkoholgehalt (wenn gewünscht) filtriert und abgefüllt. Dadurch ist der Moscato D’Asti deutlich restsüßer im Vergleich zum Asti Spumante, auch wenn dies beim Trinken manchmal andersherum erscheint.
Der Druck in der finalen Flasche liegt nur bei 1,5 Bar und lässt den Wein deswegen nur ganz leicht schäumen.
Nicht lagern, sondern trinken!
Asti – egal ob Spumante oder Moscato D’Asti – sollte schnell getrunken werden. Es ist definitiv kein Wein zum Einlagern. So wird er auch von den Produzenten vermarktet und das sollte man auch immer im Hinterkopf haben, wenn man eine Flasche kauft oder geschenkt bekommt. Vor allem der Moscato D’Asti mit seinem hohen Restzucker und dem geringen Druck in der Flasche verträgt keine lange Lagerzeit – und wir reden hier bei lang nicht von Jahren, sondern von Monaten. Kaufen, einkühlen und trinken ist die Devise! Und die macht richtig Freude!
Ein perfektes Dessert
Der beste Weg einen der beiden Weine zu trinken ist auf jeden Fall mit Freunden! Wir lieben Asti in beiden Variationen zum Dessert – auch wenn diese Einsicht erst spät kam. Und ehrlicherweise haben wir die Inspiration dazu aus dem wundervollen Buch von Diana Henry: How to eat a peach.
Für den klassischen Asti Spumante empfehlen wir Dir eine Aprikosen-Tarte mit etwas Rosmarin – dieser Kombination aus süßer Frucht und dichter Krautigkeit hebt den Wein wundervoll und kitzelt mit der Aromenarbeit viel aus dem Glas.
Zum den Moscato D’Asti halten wir es ganz einfach mit Diana Henry: nimm einen frischen, reifen Pfirsich; schneide ihn auf und serviere ihn zu einem gekühlten Glas Wein.
Für beides gilt danach die Augen schließen, das alte Röhrenradio andrehen und das Klischee wirken lassen – es ist ein wundervolles!