Warum schreibt Diana Henry ein Buch darüber, wie man einen Pfirsich isst? Vielleicht war es diese naive Frage, die mich dazu brachte, dieses Buch vor einigen Jahren zu kaufen. Ehrlicherweise kann ich wirklich nicht sagen, warum ich dieses Buch damals erwarb – wohl abgesehen vom reizvollen Titel. Dies und warum ich dieses Buch für großartig halte, erfährst du hier in knapp 3 Minuten.
Eines steht fest: heute möchte ich Es nicht mehr missen, denn es ist ein Quell unerschöpflicher Freude an Kompositionen und kleinen Details. Und bekanntlich sind es meistens die Details, die Etwas besonders machen.
Menüs, Stories und Orten
Untertitelt ist das englische Original (mittlerweile gibt es eine deutsche Übersetzung) mit „menus, stories and places“ und genau das passt perfekt, denn diese 250 Seiten sind weit mehr als eine Rezepte-Sammlung. Es ist vielmehr die Manifestation einer gastrosophischen Idee, in der das Holistische im Zentrum steht. Es geht nicht nur um Produkte, um Rezepte oder legendäre Restaurants. Es geht vielmehr um perfekte Menüs für besondere Momente. Es ist das berühmte Ganze, welches mehr ist als die Summe seiner Teile. Und es geht damit auch immer um die Menschen, für die diese Menüs sind.
Untergliedert sind die jeweiligen Menüs – stets zwischen drei bis fünf Gängen – nach den Jahreszeiten und den Produkten, die es dann gibt. Es gibt ein wundervolles Lunch-Menü (Grüner Spargel, Erbsen, Radieschen und grünes Pesto, eine Krabben-Tomaten-Safran-Tarte sowie ein Stachelbeeren-Mandel-Kuchen mit einem Zitronen-Thymian-Sirup) und die dazugehörige Debatte über „Casualness“, die spätestens seit der eigenen Zugehörigkeit zur Generation „Wir haben alle Folge von Friends gesehen“ eine tatsächliche Relevanz besitzt.
Es gibt ein Dinner für Freunde in San Francisco, dessen erster Gang ein Gin & Tonic ist; eine Hommage an den Oktober und eine der schönsten Liebeserklärungen an New York mitsamt einem Pudding, dessen Grundidee ein Manhattan Cocktail Twist ist.
But it’s never too late to have a New York kitchen. Everything is possible…
Diana Henry, how to eat a peach
Raffinesse, Einfachheit und ganz viel Freude
Es sind genau jene Anekdoten, die das verbindende Element zwischen wirklich raffinierten Rezepten sind, die auf den zweiten Blick gar nicht so kompliziert sind. Casualness ist wichtig.
Die Menüfolgen klingen teilweise spektakulär, doch sind sie allesamt realisierbar – ob in einer großen Landhausküche oder einem kleinen Innenstadt-Apartment. Dies liegt auch in der mehr als charmanten Art und Weise, wie Diana Henry schreibt. Hier ist eine Gastrosophin an der Arbeit, dessen Beruf das Schreiben ist – und das merkt man mit jedem Satz. Tatsächlich wusste ich damals nicht einmal, dass Sie eine der berühmtesten Kochbuchautor_innen in Großbritannien ist. Wie gesagt, es war vor allem der Titel, der mich reizte.
Wie isst man denn nun aber einen Pfirsich?
Die eröffnende und auch abschließende Frage wird selbstredend beantwortet, denn schließlich ist der Pfirsich das Dessert eines Menüs für „too hot to cook“ und ich möchte die Frage gerne mit den eigenen Worten von Diana Henry als Zitat beantworten:
In an outdoor restaurant on our last night, diners at a neighbouring table were given a bowl of peaches for dessert. They halved, pitted and sliced them, dropped the fruit into glasses and added cold Moscato, They left them to macerate for a while. Then they ate the slices, now flavoured with the wine, and drank the wine, now imbued with the peaches. […] I was bowled over that something this simple was considered as desirable as a slaved-over bit of patisserie
Diana Henry: How to eat a peach
Für mich ist „How to eat a peach“ eines jener Kochbücher, dass man immer wieder in die Hand nimmt – nicht einfach um ein Rezept nachzuschlagen, sondern vielmehr, um auf Reisen zu gehen. Reisen, die man so nicht einfach buchen kann und deren Momente voller Intimität und Liebe sind, dass sie aus Essen weit mehr machen als ein rein gustatorisches Erlebnis.