Das Weingut Emil Bauer ist vor allem für seine Etiketten bekannt. Wer schon das ein oder andere Mal z. Bsp. am Tegernsee war, der kennt die poppigen, lauten und vor allem immer zum Schmunzeln einladenden Label der Weine des Pfälzer Weinguts aus Landau-Nußdorf. Dieser exzellenten Vermarktungsschiene folgt man auch beim Miami Weiss Burgunder. Und ganz nebenbei macht man dann auch noch einen fantastischen Wein, der wirklich Spaß macht. Und hinter diesem Weißburgunder steckt, erfährst Du hier in ca. 4 Minuten Lesezeit.
Weinbauer und Designer
Das von den beiden Brüdern Alexander und Martin Bauer geführte Familienweingut lebt von einer spannenden Dynamik der beiden. Während Alexander den Weinbau von der Pike auf lernte, war Martin zunächst als Werbedesigner tätig und kümmert sich nun um die Vermarktung der Weine. Diese Arbeitsteilung ist es, die das Weingut Emil Bauer so erfolgreich macht. Die Ausbildung Alexanders in Geisenheim sorgt für das nötige (auch) internationale Know How im Weinbau und die Tätigkeit von Martin (u.a. für BMW) ist die ideale out of the box Blickfähigkeit, die es braucht, um Wein gut und vor allem anders zu vermarkten.
Wein und Label
Leider muss man sagen, dass oft laute und kommunikative Label eher vom Wein ablenken sollen. Von daher gleich geradeaus: dies ist hier nicht der Fall. Emil Bauer macht tolle Weine, die trotz der Aufmachung voller Handwerk stecken. Hier klappt halt einfach alles: Weinbau, Weinbereitung und Marketing und ich würde sagen, dass nach Markus Schneider – im Übrigen auch aus der Pfalz – Emil Bauer mit zu den innovativsten Vermarktern der deutschen Weinszene genannt werden können. Vor allem was die Nachhaltigkeit in der Zielgruppenansprache und die damit verbundene Nachhaltigkeit in deren Altersstruktur betrifft.
Wer ‚Sexy‘ und ‚geil‘ auf Weinflaschen schreibt muss (qualitativ) liefern und wird mit jungem Publikum belohnt. Nicht die schlechteste Aussicht für die vor Jahren so angestaubte Kategorie ‚Deutscher Wein‘.
Wein und das Handwerk dahinter
Dass hinter den lauten Etiketten richtig guter Wein steckt, liegt vor allem am Handwerk. Dabei gibt es keine ausgesprochenen Dogmen mit Fokus nur auf den Weinberg oder nur auf den Keller. Es ist die Balance der Arbeit, die die Weine von Emil Bauer ausmacht und der Erfolg gibt Ihnen recht.
So werden zum Beispiel die Trauben für alle White Label Weine des Hauses in drei Etappen gelesen. Schon im August kommen die ersten Trauben in die Kelter und dann folgen noch zwei weitere Pressungen Anfang und erst Ende September dann die vollreifen Trauben. Damit garantiert man eine in sich ausgewogene Süße-Säure Balance durch den traubeneigenen Zuckergehalt. Diese Weinbergsarbeit lässt die Weine lebendiger werden. Im Keller werden die Weine dann teils im Stahltank ausgebaut und ein Teil kommt in das große Holzfass für etwas mehr Körper und Textur.
So entstehen Abfüllungen, die gut balanciert sind. Ein kleines Zuckerschwänzen am Ende (in diesem konkreten Fall 6,7gr/L) garantiert eine trinkfreudige Einfachheit, die aber ausgesprochen gut gemacht ist und nicht kitschig und süß daherkommt. Es sind ja schließlich trockene Weine. Und man muss dazu sagen, dass die Orts- und Lagenweine deutlich trockener sind! Die leicht höhere Restzuckermenge betrifft in der Stilistik die White Label Weine.
Emil Bauer Miami Weiss
Was also kann ein Wein, der sich das Wortspiel Miami Weiss Burgunder zutraut? Ist er eher das Original der 80er oder das Remake aus den 2000ern? Und was wäre besser?
In einem hellen Strohgelb fließt der Emil Bauer Miami Weiss 2020 ins Glas und berauscht sofort mit exotischen Früchten. Da steht eine sehr saftige, reife Ananas. Etwas Heu findet sich in der Nase und spannenderweise erstmal fast keine Säure – dafür Toffee bzw. Karamell. Gefühlt eher die 80er also.
Mit der Zeit erinnert die Fruchtnote auch an Guadeloupe Melone und Mandel und es etabliert sich eine feine Säurestruktur. Vom Geruch her sehr rebsortentypisch und international Weißburgunder. Klassisch. Nicht hochtrabend komplex, aber sehr einladend. Ich empfehle auf dem Weg zum ersten Schluck übrigens Jan Hammer zu hören.
Im Mund wirkt der Wein erstaunlich leicht. Auf jeden Fall leichter als es die Nase erwarten lässt. Die exotischen Früchte bleiben, aber die Säure wird deutlicher! Hier spielen Ananas aus der Dose (ich liebe dieses Aroma) und Limettensäure eine tolle Dynamik, auch wenn nicht klar wird wer Crockett und wer Tubbs ist.
Über dieses Duo legt sich ein Hauch weißer Blüten. Dieser Wein ist vielleicht nicht sonderlich elegant – das waren die übergroßen Sakkos der 80er auch nicht; aber er ist freudig und lebendig.
Aus der Limette wird irgendwann eher grüner Apfel, der die exotischen Früchte sehr gut ausbalanciert. Das macht wirklich Freude am Gaumen!
Kopf oder Vollgas?
Emil Bauer Miami Weiss ist kein Drama für die Bühne und das intellektuelle Publikum. Weder die Serie noch der Wein. Wer hier einen Weißburgunder sucht, der aus der Rolle fällt und mit dem man sich stundenlang sensorisch beschäftigt, der ist an die falsche Flasche geraten.
Wer allerdings Bock auf einen richtig guten Wein mit viel Trinkfluss, Freude und Spaß hat, der wird sehr glücklich damit! Das ist easy drinking mit dem Potential zur Lieblingsbeschäftigung. Und ganz ehrlich: es muss auch nicht immer Programmkino sein – dieses Hollywood-Kino gefällt mir richtig gut.
Das Assoziationsspiel funktioniert und ich bekomme ad hoc Lust auf Meer. Und mehr von diesem Wein! Dazu ist es mir reichlich egal, ob dieser Wein jetzt eher 80er oder 2000er ist. Mit dem richtigen Soundtrack ist es viel wichtiger, wie viel davon noch im Kühlschrank liegt.
An dieser Stelle muss man sagen, dass der Miami Weiss Burgunder eine Sonderauflage und ein Sonderetikett war und nicht permanent erhältlich ist. Aber es gibt mit dem ‚Happy‘ einen regulären Weißburgunder, der dem hier verkosteten Wein in nichts nachsteht. Und ansonsten wird man auf dieser Weinliste schnell fündig (klicke hier).
Allgemeine Informationen:
- Hersteller: Emil Bauer
- Rebsorte: Weißburgunder
- Land: Deutschland
- Region: Pfalz
- Ausbau: Stahltank & großes Holzfass
- Alkoholgehalt: 12,5% Vol.
Diese Flasche Wein wurde selber gekauft und steht in keinem Kooperationszusammenhang.