Der Weißburgunder ist kein schriller Wein. Er hat nicht die kapriziöse Divenhaftigkeit manch anderer Rebsorten und schon gar nicht den Drang auf die große Bühne. Und dennoch ist er es wert – genauer betrachtet zu werden und damit zu erleben, wie wundervoll dieser Wein sein kann. In diesem Beitrag widmen wir uns dieser Rebsorte, die eine wirklich große Herkunft hat, deren Gegenwart aber zumeist daraus besteht, als Liebling der Gastronomen abgestempelt zu werden. Hier erfährst Du, wo diese Rebe herkommt, wie sie schmeckt und warum das Leben für diesen Wein nicht immer so leicht ist. Die durchschnittliche Lesezeit beträgt 5 Minuten.
Herkunft: Das Burgund – eine Diva und Ihre Zöglinge
Die Geschichte des Weißburgunders als eigenständige Rebsorte beginnt wohl im 14. Jahrhundert im Burgund als ein Zögling des heute bekannten und zu höchster Qualität getriebenen Pinot Noirs. Wobei ehrlicherweise der Grauburgunder als evolutionäre Zwischenstufe genannt werden muss. Bis heute hat sich die Familienbande zum Grauburgunder nicht gelöst, doch der Bezug zum, als größte Diva der Reben geltenden Pinot Noir wird nur selten mitgedacht. Aus Gründen der Qualitätswahrnehmung muss man hier ganz klar ein ‚leider‘ voranstellen. Dabei wäre es doch vom Namen her so einfach.
Eine Rebsorte – einige Fakten, viele Namen
Denn es ist nicht nur der deutsche Namen ‚Weißburgunder‘, der auf das vormals eigenständige Königreich Burgund und damit eines der berühmtesten Weinbaugebiete der Welt als Herkunft verweist. Schauen wir zu unseren Nachbarn nach Italien oder Frankreich, so wird mit Pino Bianco, bzw. Pinot Blanc im Namen ebenfalls deutlich auf die Pinot-Abstammung verwiesen. Neben diesen drei Ländern findet sich Weißburgunder auch in Österreich in nennenswertem Anbau. Außerhalb dieser vier Weinbau-Nationen fristet der Weißburgunder ein eher trauriges Dasein, auch wenn er weltweit angebaut wird, so meist nur in kleinen Mengen und noch lange nicht in der Qualität wie vor allem in Deutschland, Österreich und Italien – den drei wichtigsten Anbaugebieten für Weißburgunder.
Allein in Deutschland sind über 5.700ha (immerhin knapp 6% der deutschen Rebfläche) mit der Rebsorte bestückt und damit ist Weißburgunder eine der bedeutendsten Weißweine in unserem Land nach Riesling, dem Sie quasi als Antithese eng verbunden gegenüberzustehen scheint.
Eine historische Liaison mit dem Chardonnay
Historisch spannend und bis in das 20. Jahrhundert hinein sorgte die Ähnlichkeit mit Chardonnay für stete Verwechselungen. Auch wenn schon Ende des 19. Jahrhunderts beide Rebsorten klar voneinander abgegrenzt wurden, so wurde der Weißburgunder in Frankreich noch länger auch als ‚Chardonnay Pinot Blanc‘ vermarktet. Auch in Italien und Österreich war diese Verwechslung nahezu alltäglich, wurde dort Weißburgunder und Chardonnay allzu häufig gemeinsam angebaut. Spätestens nach einigen Verkostungen von verschiedensten Weißburgundern versteht man auch, warum diese Nähe bis heute nicht ganz verschwunden ist. Es passiert nicht selten, dass man einen Chardonnay im Glas glaubt und dieser sich am Ende als Weißburgunder herausstellt. Das diese Verwechselung andersherum selten zu Tage tritt, liegt leider nur an fehlender Publicity des Pinot Blanc und der Tatsache, dass er eher als Trinkwein und weniger als faszinierendes Highlight einer Weinkarte gesehen wird. Aber das kann sich ja noch ändern.
Das bevorzugte Terroir des Weißburgunder
Auch wenn für die meisten Menschen Weißburgunder ein trivialer und massenkompatibler Terrassen- und Aperitif-Wein ist, so liebt er Terroir. Mehr und mehr Winzer_innen schaffen es auch, dieses Terroir in den Wein zu bringen.
Es sind vor allem die wärmeren Regionen, die es Ihm angetan haben. Sonne und Wärme mag er und so wundert es nicht, dass es in Deutschland vor allem Baden ist, wo die vielleicht besten Weißburgunder der Republik geschaffen werden. Dr. Heger oder Franz Keller sind hier auf jeden Fall zu nennen, doch auch die Weinbaugebiete Rheinhessen (Die Familie Dreissigacker bereitet großartige Weißburgunder zu, ebenso wie Katharina Wechsler) und die Pfalz (mit u.a. Philipp Kuhn oder Friedrich Becker) bringen fantastische Weine hervor. Es sind vor allem die tiefgründigen Lagen mit ausreichend Wärme, die das Potential für große Weißburgunder bereitstellen und damit ein bisschen gegen den u.a. in Rheinhessen dominierenden Riesling stellen, der es dann doch deutlich kühler mag.
In Italien sind es besonders das Friaul (unbedingt Mario Schiopetto probieren) und Südtirol mit Cantina Terlan, Sankt Michael Eppan oder Elena Walch, die fantastische Weißburgunder bzw. Pino Bianco produzieren.
Erstaunlicherweise spielt die Rebe in der ursprünglichen Heimat des Weißburgunders, dem Burgund kaum eine Rolle – in Frankreich wird Weißburgunder vor allem im Elsass angebaut und in Flaschen gebracht.
Weißburgunder, weißer Burgunder und Weißweine aus Burgund
Als kleine Anekdote sei hier auf eine tolle und unterhaltsame Folge unseres Lieblingspodcasts von und mit Tim Mälzer – Fiete Gastro und ein dort aufkommendes Verständnisproblem hingewiesen.
Ein Weißburgunder kann in Deutschland auch als Weißer Burgunder etikettiert sein, doch es ist kein Weißwein aus dem Burgund! Wenn weiße Burgunderweine gefragt sind, handelt es sich immer um Chardonnay. Mal wieder. Eines jedoch hat er mit Chardonnay gemeinsam: beide sind sehr unterschiedlich ausbaubar und dementsprechende Charakterköpfe.
Im Falle des Weißburgunders spannt sich dabei der machbare Bogen in der Weinbereitung schier unendlich weit auf.
Ein Punkt von Weißburgunder ist die Tatsache, dass er relativ früh ausreift und dementsprechend lang reif in der Sonne am Stock hängen kann. Das dadurch erhöhte Mostgewicht kann dafür Sorge tragen, volle Fruchtaromen zu bekommen, die mit einer feinen, fast unmerklichen Säure spielen. Klingt doch fantastisch, oder? Aber genau diese vorwiegend genutzte Möglichkeit macht den Weißburgunder auch zu dem Wein, dessen Dasein eher ein Fristen als ein Brillieren ist.
Weißburgunder als Terrassen-Wein: Eine Stilistik, die man einfach mag
Die eingangs erwähnte Tatsache, dass Weißburgunder den Status des Lieblingsweines von Gastronomen hat, bedingt sich vor allem aus der Beliebigkeit, mit der aus dieser Rebe Wein erzeugt wird. Und glaube mir, Zechwein ist dabei noch lange nicht die unterste Kategorie an Formulierungen, die man landauf und landab zuhören bekommt, wenn man mit Weinenthusiasten über Weißburgunder spricht. Noch schlimmer trifft es eigentlich nur noch den Grauburgunder, aber dies gehört in einen anderen Text.
Weißburgunder als Terrassen-Wein für meine Cousine, die Mama und Tante Dorchen – sie werden Ihn zumeist alle mögen! Viel Frucht; Aromen von Pfirsich, Ananas und Birne. Dazu eine hauchdünne Nuance von Säure, um ein wenig Lebendigkeit in das Kompott zu bekommen und im Idealfall finden wir ein paar krautige Noten.
Ich backe mir einen 5 Euro Wein, der auf der Terrasse im Sommer wie verrückt läuft. Diese häufig anzutreffende Stilistik sorgt im Übrigen dafür, dass sich andere Weißweine – allen voran der Riesling – in den letzten Jahren deutlich stärker entwickelt haben.
Doch es gibt eine Korrektur der Geschichte – vor allem in Deutschland, Italien und Österreich.
Erinnerungen an Größe – Terroir und einer womögliche Renaissance der Eleganz
Unter anderem die oben schon genannten Winzer_innen produzieren mittlerweile einen Weißburgunder, der früh gelesen wird und damit eine strukturierte und ansprechende Säure aufweist. Aus dem Fruchtkompott wird ein Wein, der sein Terroir widerspiegelt und nebenbei tolle Aromen von Gras oder Heu mit sich bringt.
Ein Wein, der ein paar Ecken hat und Charakter. Ein Wein, der vielleicht nicht mehr ganz belanglos auf der Terrasse getrunken wird, ohne zu überlegene, was man im Glas hat, sondern einer dieser Weine, bei denen man zuerst von Chardonnay ausgeht, nach Sauvignon Blanc korrigiert und dann ganz charmant darauf hingewiesen wird, dass es sich eben um jene Rebsorte handelt, die vormals so abschätzig bedacht wurde.
Ehrlicherweise mag ich ja beides. Irgendwie.
Die entspannten Nachmittags-Weinen mit einem leichten, unaufgeregten und fruchtigen Körper, die mit Freunden nebenbei getrunken werden und einfach Lust auf mehr machen, die kann man eigentlich nicht nicht mögen. Gut, man wird seinen Kindern nichts davon erzählen, aber womöglich Spaß haben.
Und dennoch ist es vor allem der erwachsene, durch grüne Äpfel, Mandeln und Kalk geprägte Wein, der ohne jegliche Art von Süße daherkommt, der mich begeistert und der vor allem als würdiger Essensbegleiter immer mehr einen Platz auf unserem Tisch findet. So wie neulich der Ingelheim Weißburgunder von Adams Wein von 2020 aus Rheinhessen mit seinen stolzen 13% Vol.. So macht Weißburgunder-Trinken auch auf der Zunge Spaß.
Und so wird hoffentlich die Zukunft dieser Rebsorte aus noblem Hause aussehen. Und diese Zukunft ist eine, auf die wir uns freuen können!