Das Cognachaus Augier macht vieles anders als die meisten. Vor allem fokussiert es sich auf spezielle Terroirs und bildet diese in ihren Boutique-Abfüllungen ab. Der Augier Le Sauvage ist ein Cognac aus der Petit Champagne – einer der besten Lagen der gesamten Cognac-Region. Dieser Beitrag erschien ursprünglich auf spirit-ambassador.de und hat eine ungefähre Lesedauer von 5 Minuten.
Die Kategorie Cognac ist – zugegebener Maßen – vor allem beschrieben durch die großen Häuser Hennessy, Remy Martin, Martell, Courvoisier und einiger weniger mehr. Dass die Region um die französische Stadt Cognac im Rahmen ihrer AOC-Bestimmungen viel mehr zu bieten hat, ist dem Einsteiger selten bewusst und wird auf dem hiesigen Markt auch nur selten sichtbar. Doch es gibt so unendlich viele kleine Produzenten, die eine ganz eigene Art von Cognac produzieren, deren Philosophie so unterschiedlich von denen der großen Handelshäuser ist. Eines dieser Häuser ist Augier
Eines Königs gleich
Gegründet wurde Augier im Jahre 1643 und ist damit das tatsächlich älteste noch arbeitende Cognac-Haus der Welt. Phillipe Augier war damals der vielleicht bedeutendste Händler für eaux-de-vie in der gesamten Region. Seine Heirat mit der Tochter des vermögenden Papiermachers Jansen – der zeitgleich Banker in Angoulême war – erweiterte seinen Einfluss und vor allem seine Möglichkeiten. Zwar verkaufte er den ersten eigenen Cognac laut Aufzeichnungen erst im Jahr 1681, aber schon mit der Gründung einige Jahre zuvor legte er einen bedeutenden Grundstein für den Erfolg seiner Unternehmung. Und diese Gründung sollte unter einem besonderen Stern stehen, wurde schließlich im selben Jahr 1643 Ludwig XIV – der Sonnenkönig – neuer Herrscher Frankreichs.
Fokus auf das Terroir als historisches Phänomen
Schnell wuchs der Erfolg der Unternehmung Augier und bald schon entwickelte sich eine enge Zusammenarbeit mit dem Hause Martell, welches ab 1720 einen Teil der Produktion übernahm. Auch wurden zwischen den Häusern die Kinder verheiratet, um ein stärkeres wirtschaftliches Netz zu weben. Doch die Revolution stellte auch im von Paris weit entfernten Cognac vieles auf den Kopf und der Druck der regionalen Jakobiner zwang Augier dazu, ausschließlich regionale Trauben zu kaufen. Damals eine enorme Einschränkung – heute jedoch durch das AOC vorgeschrieben und vor allem für die Philosophie Augier’s von enormer Bedeutung.
Irgendwann wurde es lange still um Augier. Wahrscheinlich ist es auch dem Erfolg der großen Häuser zuzurechnen, dass kleinere Produzenten von der Bildfläche verschwanden. Vielleicht lag es auch daran, dass Cognac in den letzten Jahren eher unbedeutend schien – zumindest außerhalb der großen Marken. 1966 wurde die Marke von Seagrams gekauft, welche 1987 auch Martell erwarben und somit eine alte Wiedervereinigung ermöglichte.
Die Neuzeit
Mit der Abgabe von Augier an Pernod Ricard wurde 2015 die Marke wiederbelebt und es erschienen drei unterschiedliche Cognacs. Diese haben jedoch in ihrer Stilistik, vor allem jedoch dank ihrer Philosophie wenig gemein mit den großen Marken, da man sich nunmehr auf Terroir und andere Spezifikationen fokussiert und quasi eine Art Einzel-Lagen Cognac macht. Für Weintrinker mag dies kein neumodisches Phänomen zu sein, für wirkliche Cognac-Profis auch nicht, aber für die meisten ist Cognac doch immer ein Blend aus mehreren Lagen. Man macht verkopftere Cognac,‘ die deutlich mehr das konkrete Terroir fokussieren und in ihrer Stilistik weniger etwas für Einsteiger sein werden. Nichtsdestotrotz handelt es sich dabei um mehr als spannende Produkte. Eines davon ist Augier Le Sauvage.
Petit Champagne als Terroir
Die Trauben für Augier Le Sauvage – den Wilden – kommen ausschließlich aus der Lage der Petit Champagne. Diese zeichnet sich durch einen enorm hohen Anteil an Kreide aus und bildet somit fast perfekte Bedingungen für das Reifen der Trauben. Ausschließlich die Grande Champagne hat einen noch höheren Kreideanteil. Diese Kreide sorgt auf Grund ihrer Drainage- und Speicherfähigkeiten für Wasser und Hitze dafür, dass die Rebstöcke das ganze Jahr über ausgeglichen versorgt werden. Mit einer Nutzfläche von knapp 68.000 Hektar ist sie die drittkleinste Lage in der Charente-Region; zum Anbau von Reben jedoch werden nur rund 13.000 Hektar genutzt. Die Trauben dort entwickelt eine enorme Säure-Struktur und ein äußerst florales Bouquet. Die meistangebaute Traube der gesamten AOC Region ist Ugni Blanc – über 90%, neben der Folle Blanche und Collombard zum Zuge kommen. Für Le Sauvage jedoch spielt ausschließlich die Ugni Blanc eine Rolle.
Eine besondere Destillation
Die Weine, welche Ugni Blanc hervorbringt sind von Natur aus eher aromenarm und säuerlich – also perfekt geeignet, um daraus Weinbrände zu destillieren. Nachdem man die Trauben vinifiziert und einen Wein von ca. 9%Vol. hat, ist die Destillation zum großen Teil vorgeschrieben: zweifach, in den Alambique Charentaise. Ein wichtiges Moment jedoch, mit dem man das spätere Destillat entscheidend beeinflussen kann ist die Frage, wie viel der Feinhefen – Lees – in den Brennprozess einfließen. Häufig werden diese herausgefiltert, um ein noch filigraneres Produkt zu erzeugen. Belässt man diese im Brennprozess, so entwickeln sich ausgeprägte Autolyse-Aromen, die vor allem Stärke und Körper erzeugen. Dies hat man hier gemacht und bis zu 15% der Feinhefen im Wein für die Destillation belassen.
Wilde Struktur
Der aus zwei eaux-de-vie geblendete Le Sauvage kommt erstaunlich blass-gold ins Glas. Ein hohes Alter hat dieser Cognac nicht und es wird auch bewusst auf eine angegebene Altersstruktur im Sinne von V.S, VSOP oder X.O verzichtet. Also mindestens zwei Jahre – schließlich ist dies das Mindestalter für Cognac. An dieser Stelle sei darauf verwiesen, dass zu Zeiten Phillip Augiers ein Cognac schon dann als besonders alt galt, wenn er für ein Jahr in Fässern reifen durfte.
In der Nase wirkt Le Sauvage kräftig, aber mit einer ausgeprägten mineralischen Struktur. Grün-gelbe Früchte – vor allem Äpfel und Mirabellen setzen die Pfeiler, deren Fundament eine breite und dunkle Tiefenstruktur darstellt. Vor allem Noten von Brioche – die aus der Feinhefe stammen – geben dem ganzen einen stabilen Halt. Es zeigen sich reife Trauben, deren Frucht gewürzt scheint mit Lorbeerblättern. Mit der Zeit wird der Duft weicher und die würzigen Aromen treten in den Hintergrund. Hingegen die Früchte saftiger und dunkler zu werden scheinen. Getrocknete Äpfel, Pfirsich und Dörrobst dominieren nur den Geruch und tragen zu einem Bild bei, das an den Hefekuchen unserer Mütter erinnert – mit karamellisiertem Zucker darüber. Eine feine Note von Zedernholz scheint nunmehr den Rahmen für diese weichen Aromen zu bilden.
Im Mund bestimmt vorerst die Frucht mit einer fast schon stahligen Struktur, deren Kontrapunkte eine feine Würzigkeit weißen Pfeffers bildet. Alles jedoch wirkt sehr kühl und geordnet. Dieser Rahmen füllt sich alsbald mit weichen Aromen von Trauben und Brot – die Erinnerungen an den Blechkuchen werden wiederbelebt. Doch mit der Zeit wirkt diese weiche Textur aufgelöst und wilder. Gewürze wie Zimt und Nelken intensivieren sich und zeichnen eine tolle Balance zwischen Frucht und Holznoten. Langanhaltend wirkt dieser vermeintlich junge Le Sauvage in seinem Spektrum – ein bisschen wie Weihnachten im August. Der Nachklang ist bestimmt von einer wiederkehrenden feinen Würzigkeit, unter die sich leichte ätherische Noten mischen.
Wild und charmant
Augier Le Sauvage ist ein äußerst liebevoller Widerspruch von wilder Charmanz. Eine tolle Abbildung dessen, was eine einzige Rebsorte aus einem definierten Gebiet nach der Destillation zu leisten vermag. Zugegeben – vorrausschauend – einer der zugänglicheren Augier Cognac’s, aber ein deutlicher Verweis darauf, was abseits der bekannten Wege aus den Destillaten der Charente erzeugt werden kann. Ein toller und modernen Cognac, dessen Grundphilosophie schon fast älter ist, wie Cognac selbst.
Allgemeine Informationen
- Hersteller: Augier
- Alter: k.A.
- Alkoholgehalt: 40,8% Vol.
- Farbstoff: Nein
- Kühlfiltration: Ja
Vielen Dank an Kammer-Kirsch für die Bereitstellung der Flasche. Außer Cognac ist hier nix geflossen.