In diesem Artikel geht es um die Geschichte und Rezeptur des legendären Philadelphia Fish House Punches – einem der ältesten Drinks der USA und einer politischen Instanz. Zuerst auf spirit-ambassador.de erschienen, hat dieser Beitrag eine geschätzte Lesezeit von 4 Minuten.
Von der Richtigkeit der Annahme, dass Moden dazu tendieren sich zu wiederholen, können vor allem die Kleiderschränke unserer Eltern und Großeltern als beste Beweise dienen. Vieles wiederholt sich, wird wiederentdeckt oder neu erfunden. So ist es natürlich auch im Genuss, sei es Essen oder Trinken. Vor einigen Jahren waren es die amerikanischen Klassiker um Martini, Manhattan oder Sazerac, welche von den Bartendern dieser Welt auf ein neues Podest gehoben wurden. Ein aktueller Trend, den es seit ca. ein bis zwei Jahren zu beobachten gilt, beschäftigt sich mit dem Trinken und dem Genuss in einer größeren Gruppe. Und damit natürlich auch den Getränken, welche für größere Gruppen geeignet sind: den Punches.
Das ist Punch, du…
Diese ur-alte Drink-Kategorie gab es schon weit vor der legendären Ausgabe der Hudson Balance and Columbian Repository vom 13.05.1806, in der erstmalig von einem sogenannten Cock-tail die Rede war. Der Punch als solches ist eine der ältesten Mixgetränke der Welt und der Philadelphia Fish House Punch so etwas wie die Beatles für diese Kategorie. Für den großen Cocktailhistoriker David Wondrich („imbimbe!“, „Punch – the delights and dangers of the flowing bowl“) ist es sogar der bedeutendste Punch der amerikanischen Trink-Geschichte, eine ehrwürdige, liquide Instanz, deren Ursprung wohl in das Jahr 1744 zurück reichen soll. Die Geschichte jedoch beginnt eigentlich im Jahre 1732.
Von Anglern und Gründervätern
Damals gründete sich an den Ufern des Schuylkill Rivers im Bundesstaat Pennsylvania ein erlesener Club der wichtigsten Herren der Gesellschaft mit dem Ziele, die Freizeit bei Speisen, Getränk und vor allem Angeln zu verbringen: die Schuylkill Fishing Company of Pennsylvania. Der damit älteste Club bzw. Verein der anglophilen Welt war ein Treffpunkt für Gentlemen vor allem aus dem politischen Betätigungsfeld, war doch zur damaligen Zeit Philadelphia die Hauptstadt der sich alsbald gründenden Vereinigten Staaten von Amerika. Von daher ist es allzu natürlich, dass auch George Washington ein häufiger Gast des 1747 erbauten Clubhauses war. Und wohl auch ein Freund des für diesen Anglerverein so berühmten Drink. So wird berichtet, dass nach einer längeren Sitzung dort ganze drei Tage lang keine einzige Aufzeichnung in den Tagebüchern des sonst so akribischen Washingtons zu finden sind.
Die Geschichte einer Instanz
Das älteste verbriefte Dokument für diese flüssige Instanz stammt aus dem Jahr 1744 von William Black, einem Sekretär einer Botschaft der Kommissionare Virginias. Erst deutlich später – im Jahre 1862 – erscheint das erste bedeutende Handbuch der Bar: Bartenders Guide – How to mix Drinks von Jerry Thomas. Dort ist eine Rezeptur niedergeschrieben, wie sie wohl auch im ehrwürdigen Club gemixt wurde, obwohl man sagt, dass die Herren lange versuchten, ihre Rezeptur geheim zu halten.
Publiziert wurde der Drink in der prä-Revolutionären Weise als Rum-basierter Punch mit einer Hälfte Cognac Brandy und Peach Brandy (zu gleichen Teilen) und einer Hälfte jamaikanischen Rums. Diese Rezeptur wurde für lange Zeit übernommen und wahrscheinlich bis zur Zeit der Prohibition so gemixt. Selbst die berühmte New York Times berichtete – deutlich später am 24. Mai 1896 über den legendären Philadelphia Fish House Punch – ebenfalls mit der zu jenen Zeiten üblichen Dominanz des Rums. Rum war damals eine überaus populäre und politisch enorm bedeutsame Spirituose des Staatenbundes.
Eine Abkehr von der traditionellen Rezeptur ist erst in der mixologischen Neuzeit zu verzeichnen – jedoch ohne klare Zäsur oder Dokumentation. Heutzutage jedoch wird der Fish House Punch häufig in einem umgekehrten Verhältnis von Cognac und Rum gemixt. Wichtig – egal in welcher Rezeptur – ist die Beachtung der einzelnen Ingredienzien, denn wie so oft bei historischen Getränken hat sich dabei einiges verändert.
Was den Rum betrifft, so sollte man sich qualitativ an die überlieferten Rezepte halten und jamaikanischen Rum benutzen. Appleton Estate eignet sich hier hervorragend! Auf der Seite des Cognacs ist es sinnvoll, einen kräftigen und würzigen jungen Cognac zu nehmen – Hennessy V.S. ist dabei eine tolle Möglichkeit. Komplizierter wird es bei dem Peach Brandy. Diese alte Spirituosenkategorie gibt es so heute einfach nicht mehr. Wondrich schlägt vor, diesen zu substituieren durch Apple Jack (ein amerikanischer Apfelbrand, der in Fässern reifte) und etwas Pfirsichlikör. Andere Quellen empfehlen Eau-de-vie de peche, also einen klaren Pfirsich-Brand. Eine etwas bekömmliche, feine Mixtur erzielt man, in dem man ganz fein mit Pfirsich-Likör arbeitet. Diesen jedoch deutlich heruntergenommen in der Menge im Verhältnis zu den beiden anderen alkoholischen Teilen. Im Laufe der Geschichte war es sogar üblich, diese mehr als potente Mixtur mit Champagner aufzugießen. Davon wollen wir an dieser Stelle abweichen.
Rezeptur
Einen wirklich runden Punch (als einzelne Portion) erzielt man mit folgender Rezeptur:
- 25ml Cognac
- 25ml Rum
- 25ml frischer Zitronensaft
- 15ml Creme de Peche
- 5ml Sirop de Gomme
Das Ganze lässt sich natürlich auch einfach bei Bedarf auf eine größere Menge skalieren, denn schließlich gilt nach wie vor: Sharing is caring.
Berechtigte Warnhinweise
Ein fantastischer Drink, gerade für die ersten und letzten kühleren Tage, an denen eine Idee Sommer noch im Kopf haftet oder man sich entspannt auf diese freut. An dieser Stelle sei jedoch auf seine Wirkung hingewiesen, die schon George Washington wohl sehr gespürt hatte und die die New York Times damals wie folgt beschrieb:
„the spurious copies generally contain champagne and other liquids foreign to the primal compound, but the predominating trait of both original and counterfeit is that the mild taste of the punch is as „false as dicers’ oaths“ or woman’s smiles. He who sips for the first time imagines that he has been made immortal by the ambrosia of the gods, and only realizes, when he is under the table, that he still belongs to the earth earthy.“