Diese Darstellung skizziert die Geschichte des irischen Whiskeys in vier Schritten von den ersten Geistlichen, die das aqua vitae in seiner Rohform produzierten über viele Jahrhunderte hinweg bis in die Neuzeit. Es zeigt sich, wie sehr der Glaube der Iren, ihre Politik und ihr Whiskey das Land und die Menschen prägte und dies noch heute tut. Diese Gesamtdarstellung erschien ursprünglich auf spirit-ambassador.de in vier einzelnen Artikeln, welche hier zusammengefasst wurden. Die durchschnittliche Lesezeit beträgt 20 Minuten.
Irish Whiskey 1. Akt – Mythen und Aufbruch – die undokumentierten ersten Jahrhunderte
Die Geschichte des Irish Whiskey ist eine Geschichte voller Höhen und Tiefen. Eine Geschichte von den Anfängen des uisce beatha und von den schlimmsten Widrigkeiten. Eine Geschichte von Wissen, Innovation, aber auch von Starrsinn, Hunger, Krieg und Vertreibung. Heinrich Böll würde wahrscheinlich sagen, eine ganz typisch irische Geschichte – zumindest jedoch eine mit einem aktuellen Happy End.
„Als Gott die Zeit gemacht hat, hat er genug davon gemacht“
In dem 1957 veröffentlichten „Irischen Tagebuch“ Bölls skizziert er ein Leben, welches mit dem unsrigen kaum etwas gemein hat und wohl auch nicht mehr auf das Irland des 21. Jahrhundert zutrifft. Seine Beobachtungen in jener Zeit jedoch treffen das Herz der Insel. Gekennzeichnet von Krieg, Teilung, Hunger und einer Wirtschaftskrise erlebt man Menschen, die voller Liebe sind. Menschen offenen Herzens, doch mit einer gewissen Grundmelancholie. Mit einer störrischen Liebe zum Leben und der Einsicht, dass es eh irgendwie weiter gehen muss und vor allem auch wird. Und diese Erkenntnis – wohl eine Mischung aus irischem Starrsinn, Gottvertrauen und einem Schluck Whiskey ist es, welche auch die Geschichte des irischen Whiskeys prägt. Doch beginnen wir so, wie viele Geschichten in Irland beginnen, mit einer Legende.
aqua vitae, aqua mortes und jede Menge Freiheiten
Dieser Legende nach soll der heilige St. Patrick den Iren das uisce beatha gebracht haben. Dies jedoch ist zeitlich völlig unmöglich, erreichte doch das Wissen um die Herstellung aqua vitaes Europa erst viele hundert Jahre später. Das Christentum jedoch – jene heilsbringende Religion, welche die Menschen auf eine bessere Zukunft hoffen lässt – brachte er unter das Volk. Eine der ersten Erwähnungen von uisce beatha findet sich verbrieft in den 1405 verfassten „Annals of Clonmacnoise“. Darin wird von einem Clanführer – Richard Magrenell – berichtet, welcher am Weihnachtsabend selbigen Jahres durch aqua vitae (in diesem Falle eher aqua mortes) zu Tode kam. Welch bittere Ironie des Schicksals, aber scheinbar gab es früher schon Menschen, die den Heiligen Abend nur mit ausreichend Alkohol erträglich fanden. Was jedoch damals die Basis jenen hochprozentigen Alkohols war, lässt sich heute nicht mehr genau beziffern, aber dass es zwingend Getreide gewesen sein muss, darf mit Fug und Recht angezweifelt werden. Zumindest scheint dieses vielseitige aqua vitae im seit dem 12. Jahrhundert durch die Engländer beherrschten Irland äußerst verbreitet und populär gewesen zu sein, wurde seine Herstellung doch im Jahre 1556 durch das englische Parlament für das Gros der Bevölkerung verboten.
Der Weg des Getreides und erste Sternstunden
Eine Wende dieser Politik erfolgte im Jahre 1608, als der damalige König von England, Schottland und auch Irland – James I. – seinem Gouverneur Sir Thomas Phillips eine Lizenz zur freien Herstellung von uisce beatha für die Region Coleraine ausgab. Dieses Dokument wird heute noch als das Gründungsdokument der modernen irischen Whiskeygeschichte angesehen. Weiterhin ist es fester Bestandteil des Gründungsmythos von Old Bushmills, jener Brennerei, die in dieser Region beheimatet ist. Es ist und bleibt eine Geschichte voller Legenden und Mythen, denn eine historisch einwandfreie Erzählung ist leider alles andere als möglich. Doch dass es damals eine große Kultur des Destillierens gab, wird durch Fynes Moryson bestätigt, eines englischen Autors, welcher 1617 schrieb: „irish aqua vitae – commonly called usquebaugh – is held the best in the world of that kind, which is also made in England – but nothing so good as which is brought out of Ireland.“ (zit. nach: Susan Flavin: Consumtion and Culture in Sixteenth-Century Ireland; p. 155). Auch hier jedoch erfolg noch kein konkreter Hinweis auf eine Exklusivität des Getreides, wobei auf Grund der geographischen Lage und der klimatischen Bedingungen dies wohl als Hauptquelle zur Gewinnung anzusehen ist.
Bevor dies mehr als 100 Jahre später geschehen soll, wird Mitte des 17. Jahrhunderts erstmalig eine flächendeckende Besteuerung der Herstellung von aqua vitae eingeführt, welche jedoch nur auf den reinen Ausstoß gerechnet wird und scheinbar auf einer Art freiwilliger Basis abgeführt wird. Auch dies sollte sich erst 1761 ändern. Bis dahin jedoch unterschied man in Irland zwischen sogenanntem „Parliament-Whiskey“ und „Poitin“ – also steuerlich relevantem Alkohol und Schwarzgebranntem. Der Begriff Poitin leitet ab von kleineren und somit schnell abbaubaren Brennblasen (small pot), welche zur Schwarzbrennerei bestens geeignet waren. Heute wird dieser Begriff – ähnlich wie Moonshine in den USA genutzt, um ungelagerte Rohdestillate mit einem Hauch Anrüchigkeit zu bewerben.
In dieser Zeit wurde uisce beatha zur meist konsumierten Spirituose auf der grünen Insel. Doch leider schien es in selbiger Zeit mit der Qualität bergab zu gehen, was jedoch im Jahre 1759 zu einer unschätzbar wertvollen Verordnung führte. Seit damals dürfen zur Herstellung besagten uisce beathas nur noch Malz, Getreide, Kartoffeln oder Zucker herangezogen werden. Ein wichtiger Schritt in Richtung des uns heute bekannten Whiskeys, aber leider noch immer nicht eine einhundertprozentige Fixierung auf Getreide.
uisce beatha, Whisky und Whiskey
Vier Jahre zuvor tauchte jene Kurzform des gälischen uisce beatha auf, die wir bis heute verwenden: Whisky – damals tatsächlich noch ohne das berühmte irische ‚e‘, welches ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal in Bezug auf schottische Whiskys ausmacht. Angeblich stammt das zusätzliche ‚e‘ von Brennern in Dublin, die es einfach der Exklusivität halber auf ihre Etiketten brachten, um sich vom ländlichen Whisky abzuheben. Jedoch zogen die anderen Destillerien nach und seit dieser Zeit schreibt sich irischer Whiskey mit einem zusätzlichen ‚e‘ – eine tatsächlich tiefere Bedeutung gibt es dabei nicht.
Steuergesetze und der Weg in die Illegalität
Neben einer allmählichen Definition der Kategorie irischen Whiskeys organisierte sich in dieser Zeit auch das Steuerrecht neu. 1779 änderte man das Steuergesetz dahingehend, dass nunmehr nicht ein tatsächlicher Output zur Berechnung der Abgaben herangeführt wurde – hier stellte man eine zu große „Flexibilität“ der Brenner fest; sondern man besteuerte den potenziellen Output einer Brennerei anhand der Größe der Brennblasen. Dies führte vor allem zu einer vehementen Benachteiligung kleinerer Brennereien, welche ihr Potential niemals ausschöpfen konnten, was wiederum zu einem drastischen Rückgang offizieller Destillerien führte. Waren im Jahre 1779 noch 1.228 Brennereien registriert, so waren es 1790 nur noch 246 und 1821 ganze 32. Neben der neuen Besteuerung des Alkohols führte man 1785 auch eine Steuer auf Malz ein. Diese existierte in England bereits seit 1697 und in Schottland seit 1725.
Nun auch Irland. Hier jedoch zeigt sich die typische irische Mentalität, denn dieser vermeintliche Einschnitt und die Erschwerung der täglichen Arbeit war der Anlass zur Herausarbeitung eines eigenen irischen Whiskey-Stils. Die meisten Brennereien reduzierten einfach den Anteil des gemälzten Getreides auf ein notweniges Minimum, um eine Fermentation zu ermöglichen und ersetzen den Rest einfach durch ungemälztes Getreide – zumeist auch Gerste. Dieses in den für Irland typischen Pot Stills ergab den bis heute berühmten „pure pot still“ Stil. Diese Änderung betraf nicht nur die verbliebenen registrierten Brennereien, sondern auch die unzähligen Schwarzbrenner auf dem Land.
Einsichten und ein Neubeginn
Während die Besteuerung des Malzes damit kaum ein Problem für die irische Whiskey-Industrie darstellte, war es die 1779 eingeführte Steuersystematik sehr wohl. Diesen Fehler jedoch – vor allem die fehlenden Einnahmen – registrierte man und so änderte sich 1823 das Gesetz und die Steuern wurde auf die Hälfte heruntergesetzt. Das Ziel dieser Reduzierung war die Hoffnung, dass sich dadurch mehr Brennereien legal registrieren lassen würden. Diese Hoffnung erfüllte sich. Weiterhin wurde die Steuer nun auch erst auf verkaufte Whiskeys erhoben und nicht auf produzierte, so dass erstmalig eine Lagerung sinnvoll erschien, da man sich damit kein Kapital band. Dieser Excise Act stellt eine bedeutende Zäsur für den irischen Whisky dar und läutete die goldene Ära dieses Destillates ein.
Irish Whiskey 2. Akt – Eine Geschichte von Gott, Engländern und irischem Starrsinn
Viele Zufälle und zum Teil widrige Umstände begleiteten den irischen Whiskey auf seinem Weg in das 19. Jahrhundert. Doch am Ende schien sich alles auf eine große Zeit einzustellen. Die steuerlichen Erleichterungen des Excise Act von 1823 schufen einen enormen Aufschwung in der Whiskey-Industrie und eine Hinwendung zu legalen Brennereien. So wurden aus den 32 registrierten Brennereien im Jahre 1821 in nur sechs Jahren 82 und 1835 ganze 93 offizielle Destillerien. So viele, wie es nie wieder werden sollten. Doch es wäre nicht so typisch irisch – im Böllschen Sinne; wenn jetzt einfach ohne Haken goldene Zeiten Einzug halten sollten. Ein ernstes Bedrohungspotential für das Wachstum des irischen Whiskeys stellte die Templerenzer-Bewegung um den Franziskaner Mönch Theobald Methews dar. Dieser gründete am 10. April 1838 die „Cork Total Abstinence Society“, welche innerhalb von nur neun Monaten über 150.000 Unterstützer fand. Doch war es die irische Seele, die dem Whiskey zu Seite sprang, denn das Leben auf der Insel lässt keinen Platz für solch dekadente Entsagungen. Schnell begannen die Leute, die vormalige Abstinenz wieder abzulegen und genossen ihren Whiskey – hatten sie doch auch allen Grund dazu, denn es sollte das Land hart treffen in der nächsten Zukunft.
Der große Hunger – über eine irische Zäsur
Zur damaligen Zeit stand Irland nunmehr knapp 700 Jahre unter englischer Bevormundung. Das fruchtbare Land der grünen Insel gehörte zum größten Teilen englischen Großgrundbesitzern, welche den irischen Bauern für die Bewirtschaftung Pacht abverlangten. Der größte Teil der Ernte bzw. der Viehzucht wurde verwand, um Pacht und Steuern zu bezahlen und so blieb der einfachen Bevölkerung nur das Notwendigste zum eigenen Verbrauch. Das Hauptnahrungsmittel bildete hierbei die relativ anspruchslose und gut gedeihende Kartoffel, welche jedoch über viele Jahre in reinster Monokultur angebaut wurde.
Durch fehlende Fruchtwechsel wurde der Boden äußerst empfänglich für Schädlinge und so kam es, dass 1845 eine Kartoffelfäule einsetzte, die zuvor schon in den USA, Kontinentaleuropa und England enorme Schäden anrichtete. Auch in Irland wurde die gesamte Jahresproduktion geschädigt und so brach eine große Hungersnot aus, welcher im Laufe weniger Jahre bis 1852 rund eine Million Menschen zum Opfer fielen. Nicht ganz Irland musste Hungern. Die Landeseigner, vor allem aber deren Verwalter verdienten sehr gut an der Pacht der armen Bauernschaft, welche das Lande bearbeitete. Sie konnten sich ausreichend andere Nahrung wie Getreide, Fleisch oder anderes Gemüse leisten. Weiterhin wurde vor allem Roggen, Gerste und Rindfleisch exportiert, aber die einfache Landbevölkerung konnte sich diese Nahrungsmittel eh nicht leisten. Das Problem war weniger die Knappheit an Nahrung – vor allem nach 1848; vielmehr die ungerechte Verteilung innerhalb der irischen Gesellschaft.
Gleichzeitig begann die große Diaspora, welche dem Land nochmals zwei Millionen Einwohner raubte. Dieses Unheil war ein tragischer, jedoch auch bedeutender Punkt in der irischen Geschichte und zeigte wiederholt den irischen Hang zu Gottesgläubigkeit, aber auch zu einer den Iren eigenen Sturheit. John Mitchel, ein führender Kopf der damaligen Unabhängigkeitsbewegung formulierte es in einer treffenden Ambivalenz wie folgt: „Der Allmächtige sandte die Kartoffelfäule, aber die Engländer schufen die Hungersnot“ (Zit. nach. Historical Notes: God and England made the Irish famine).
Bündnisse, Zerstreuung und Improvisationstalent – die irische Stärke
Doch es ist die Stärke der Iren, aus der Not eben auch immer eine neue Möglichkeit zu machen – vielleicht macht sie das zu einem der wenigen Völker, welche die wahre Bedeutung von crisis verstanden haben. Natürlich fiel Einiges auf die Whiskey-Industrie zurück und vor allem kleinere Brennereien hatten unter der Krise zu leiden, aber ein Heil fanden diese im Zusammenschluss. Eine der wichtigsten Vereinigungen irischer Brennereien fand im Jahre 1867 statt und betraf die Destillerien rund um Cork, wo sich Daly’s, Northmall, The Green, Watervoce sowie Midleton zusammenschlossen. Diese Gemeinschaft, diese Stadt und vor allem dieses Zentrum der Destillation sollte für viele Jahre das Herz der irischen Whiskeyproduktion sein. Weitere Bündnisse folgten in den nächsten Jahren, von denen 1891 wohl das wichtigste zwischen George Roe und William Jameson geschlossen wurde, welche sich zur Dubliner Whiskey Distillery zusammentaten.
Nicht nur jene Bündnisstrategie war die Folge einer der verheerendsten Hungerkatastrophen Europas, auch positive Effekte waren zu vermerken. Zwei Millionen Emigranten – viele davon, die in die USA gingen – waren ein geradezu fantastisches Marketinginstrument zur Bewerbung der irischen Destillate und damit auch der Grundstein für den globalen Erfolg des Whiskeys der grünen Insel. Dieser schickte sich nämlich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts an, die wohl populärste Spirituose der Welt zu werden. Vor allem der typische Stil durch die Reduktion des Gerstenmalzes zu Gunsten ungemälzten Getreides, der typische dreifach destillierte pure pot still Stil erzeugte einen sehr leichten, feinen und fruchtigen Brand, der deutlich milder war als die heftigen, zweifach destillierten Malzdestillate Schottlands. Doch auch hier – man meint es zu ahnen – ergibt sich ein Einschnitt in den Erfolg irischen Whiskeys, welcher vor allem durch Starsinn seitens der Brenner verschuldet wurde.
Ignoranz, Starrsinn und glückliche Fügungen – die irischen Schwächen
Im Jahre 1833 verfügte der ehemalige irische Steuerbeamte Aeneas Coffey ein Patent über die Weiterentwicklung der von Robert Stein entwickelten patent still, einer kontinuierlichen Brennsystematik, welche extrem feine, reine und hochprozentige Alkohole destillierte und dies nicht chargenweise, sondern durchgängig. Diese Neuerung ermöglichte durch ihren Einsatz die äußerst effektive und vor allem günstige Herstellung extrem hochprozentigen und damit sehr feinen und leichten Alkohols. Solch eine Stilistik jedoch wurde fast unisono durch die irischen Brenner abgelehnt – im Gegensatz zu den Konkurrenten in England oder Schottland. D
ie Nachwirkung der Kartoffelfäule in Schottland brachte es mit sich, dass es einfach nicht genug Gerste gab, um zu hundert Prozent Malz-Destillate zu produzieren, also besann man sich auf ungemälzte Getreidesorten, wie auch das zum Teil aus den Vereinigten Staaten importierte Mais. Durch die gesetzliche Reduzierung der zur Verfügung stehenden Mengen Gerste in den sogenannten Corn Laws wurde der Einsatz der Coffey Still eine probate Alternative und das Ergebnis dieser Destillation – der Grain Whiskey – wurde mit den klassischen Pot Still Destillaten geblendet.
Dies ist die Entstehungsgeschichte einer neuen Kategorie, die in Schottland sich anschicken sollte, die Whisky-Welt gehörig zu verändern. Für die konservativen – man verzeihe die Wiederholung – sturen Iren war dies keine Option – man hielt an den reinen Pot Still Destillaten fest. Man arbeitete sogar vehement gegen diese Neuerung und so erschien in Dublin im Jahre 1878 ein Pamphlet, welches als Kernaussage folgendes beinhaltete: „Good, bad or indifferent; but it cannot be whiskey; and it ought not to be sold under that name“ (John Jameson: The Truths about Whiskey). Diese ablehnende Haltung soll ihnen noch viele Jahre später Probleme bereiten.
Erst einmal jedoch schien es keinerlei Auswirkung auf den Absatz irischen Whiskeys zu haben, brach doch Ende des 19. Jahrhunderts ein großer Konkurrent weg. Mit dem Einsetzen der Reblausplage versiegte die Produktion von Cognac und Brandy und die durstigen Kehlen ganz Europas lechzten nach hochprozentigem Alkohol, den Irland und auch Schottland zu genüge liefern konnten. Mit dieser schicksalshaften Fügung ließen sich einige Fehlentscheidungen in ihrer Auswirkung gut vertuschen.
Auch der in der Whisky-Geschichte legendäre Patison-Crash, der Zusammenbruch eines der bedeutendsten Blendinghäuser Glasgows hatte Auswirkungen auf die irische Produktion, war doch diese auf faulen Krediten gegründete Unternehmung auch diesseits der irischen See ein bedeutender Abnehmer von Destillaten. All diese Schicksalsschläge konnten dem irischen Whiskey in der Endphase des 19. Jahrhunderts jedoch kaum ernstzunehmende Einbußen versetzen. Die Welt hatte Durst und Irland versorgte sie mit allem, was es produzieren konnte – solange es nicht von den eigenen Einwohnern getrunken wurde. Aber es war genug Whiskey vorhanden, schließlich hatte sich die produzierte Menge von 1823 bis 1900 um das mehr als vierfache vergrößert. Goldene Zeiten für die Brenner Irlands – trotzt vieler schlechter Umstände.
Doch dies war noch lange nicht das Ende des irischen Leidensweges, an den sich nicht nur die Geschicke des Whiskeys banden. Das bevorstehende 20. Jahrhundert hielt noch einige schwere Schicksalsschläge bereit – auch für die Menschen der grünen Insel.
3. Akt – Das 19. Jahrhundert einer stolzen und verletzten Nation
Das 19. Jahrhundert hielt einiges bereit für den irischen Whiskey. Tiefschläge, Katastrophen, Steuergesetze und Goldene Zeiten – das volle Programm. Vor allem zum Ende dieser Ära schien es einen versöhnlichen Ausgang zu nehmen, welcher auf weitere Jahre voller Prosperität verwies. Doch es sollte anders kommen, wie es so oft kam in der Geschichte Irlands und seines Whiskeys.
Die irische Unabhängigkeit
Es sind im 20. Jahrhundert vor allem politische Situationen, welche die Geschicke des irischen Whiskeys beeinflussen und die, wie es allzu oft ist, viel früher ihren Ausgangspunk finden, aber gerade in den ersten Jahrzehnten ihren Weg brachen.
Seit nunmehr 800 Jahren wurde das irische Volk eigentlich durchgängig durch die englische Krone beherrscht und dies zumeist nicht wohlwollend. Doch spätestens seit der großen Hungerkatastrophe in den Jahren 1845 bis 1852 formierte sich ein Widerstand gegen die britische Herrschaft, welche am Ostermontag um 12 Uhr mittags mit der Verlesung der Oster-Proklamation begann. Es folgten fünf Tage des blutigen Aufstandes der Irish Citizen Army und der Irish Volunteers – beide verschmolzen später zur IRA, welche jedoch mit der Niederschlagung durch die britischen Besatzer endete. Die nachfolgenden Repressalien durch die britische Regierung brachten den überlebenden Aufständischen die Sympathien des irischen Volkes und es formierte sich ein breites, auch politisches Bündnis.
Der politische Arm dieser Unabhängigkeitsbewegung, die Sinn Féin Partei erhielt bei den im Dezember 1918 stattfindenden Wahlen die Mehrzahl der Stimmen und im Januar 1919 erklärte sich das neugegründete irische Parlament mitsamt dem Land für unabhängig. Der daraus entstehende irische Unabhängigkeitskrieg bis 1921 endete mit dem am 11. Juli 1921 verfassten Anglo-Irischen Vertrag, welches die Gründung eines irischen Freistaates innerhalb des bestehenden Commonwealth vorsah. Den sechs nordirischen Grafschaften Antrim, Down, Armagh, Fermanagh, Tyron und Derry/ Londonderry wurde es freigestellt, sich diesem neuen Freistaat anzuschließen, worauf jene sich 1922 zu Nordirland und damit London näher als Dublin erklärten. Es spaltet sich das Land in zwei politisch, aber auch religiös sich entgegenstellende Regionen, ein Schritt, der das Land für immer prägen wird und tiefe Wunde hinterließ.
Die Unabhängigkeit Irlands ging nicht nur mit Gewalt einher, Groß Britannien verhängte auch ein Handelsembargo gegen alle irischen Produkte für das gesamte Commonwealth, was natürlich den Export irischen Whiskeys extrem begrenzte.
Eine wiederkehrende Erfahrung auf einem anderen Kontinent
Der Friedensvertrag und die Gründung des irischen Freistaates am 6. Dezember 1922 beendeten zwar die Auseinandersetzungen, aber das Kind war längst viel zu tief in den Brunnen gefallen. Der einzige noch bedeutende Exportmarkt für die irische Whiskey-Industrie waren die Vereinigten Staaten von Amerika; und ausgerechnet diese führten mit dem 18. Zusatzartikel der Verfassung vom 16. Januar 1919 im Jahre 1920 die flächendeckende Prohibition ein. Damit gab es außerhalb Irlands keinen nennenswerten Absatzmarkt für die Whiskeys und der heimische Markt litt extrem an einer durch den britischen Boykott ausgelösten Wirtschaftskrise. Dies war eine verheerende Situation für die Brenner der grünen Insel. Und das „noble Experiment“ der Amerikaner hatte nicht nur kurzfristige Folgen.
Nicht nur dass in den 13 Jahren der politischen Trockenheit die Schotten unter dem Deckmantel des Commonwealth vor allem über Kanada hektoliterweise ihren leichten und bekömmlichen Blended Scotch Whisky schmuggelten und somit ein flächendeckendes Marketingwerkzeug nutzten; die Iren waren auf Grund ihrer innerländischen Situation – und vielleicht auch durch mangelnde kriminelle Energie – nicht in der Lage, ihren Whiskey in das Land der Millionen Durstigen zu schiffen. Und so geriet der vormals geliebte Irish Whiskey langsam, aber sicher in Vergessenheit. Schlimmer noch, allzu häufig wurde der Name ‚Irish Whiskey‘ missbraucht für fürchterlichste zurecht gepanschte Fuselalkohole, die illegale gehandelt wurden und zumeist gar nichts mit den Destillaten der weit entfernten Insel zu tun hatten.
Einzig die Brennerei Old Bushmills und ihr scheinbar hellseherischer Manager Samuel Boyd sahen das Ende der Prohibition bevor und produzierten daraufhin ausreichend Whiskey in den Jahren. Alle anderen irischen Brennereien hatten ihre Produktion soweit zurückgefahren und waren nun nicht in der Lage, den wiedereröffneten US-Markt zu bedienen. Sie verloren ein zweites Mal ihren wichtigsten Handelsplatz, doch es sollte noch schlimmer kommen.
Die Folgen des irischen Starrsinns
Im Laufe des zweiten Weltkrieges, spätestens jedoch mit dem Eintritt Groß Britanniens und des Commonwealth – deren Mitglied Irland zu dieser Zeit noch war – wurden das Whiskey-Destillieren schier unmöglich, da man das Getreide zur Versorgung der Truppen benötigte. Weiterhin dienten viele Destillerien als Lagerplätze bzw. wurden zur Unterbringung alliierter Truppen genutzt. Diesen Umstand hätte man eigentlich nutzen können, um am Ende des Krieges den heimkehrenden Soldaten eine ordentliche Leidenschaft für irischen Whiskey einzuimpfen – doch leider blieb dies aus. Vor allem auf Grund fehlender Stocks. Und zum anderen, weil der vormals so populäre irische Whiskey-Stil nicht mehr en vogue war. Es waren wieder einmal die Schotten, die den Iren das Wasser abgruben, denn jetzt rächte sich die Ignoranz gegenüber dem einhundert Jahre zuvor eingeführten Coffey Still Verfahren auf das deutlichste.
Schon 1909 wurde für Groß Britannien Dieses völlig legitim als zulässige Produktionsmethode für Whisk(e)y deklariert und durch eine Kommission bestätigt – sicherlich auch ein politischer Affront der Briten gegen die Iren.
Das Ende?
In der Mitte des 20. Jahrhunderts befand sich der irische Whiskey – ehemals das populärste Destillat der Welt – auf einem absoluten Tiefpunkt. Wurden 1900 noch rund 12 Mio. cases produziert, so waren es nunmehr kaum 500.000 cases. Der irische Whiskey war ein einem Zustand, für den Stagnation eine völlig euphemistische Beschreibung wäre. Wenn Heinrich Böll im Jahre 1957 in seinem irischen Tagebuch das Skelett einer menschlichen Siedlung beschreibt, so trifft dies wohl mehr oder weniger auch auf den Zustand der Whiskey-Industrie dieses Landes zu. Von ehemals knapp 1.500 Brennereien – zugegeben, die meisten davon illegal – blieben Mitte des 20. Jahrhunderts gerade mal 2 übrig – Old Bushmills und Midleton. Doch es wäre nicht Irland, wenn dies ein Grund zur Aufgabe wäre. Denn schließlich wird es weiter gehen. Und das tat es, denn als Gott die Zeit gemacht hat, hat er ausreichend davon geschaffen – und dies war nicht aller Tage Ende.
4. Akt – Das lange 20. Jahrhundert und ein neues Zeitalter
„Eine Tasse Tee, so bei Sonnenaufgang, wenn man fröstelnd im Westwind steht, während die Insel der Heiligen sich noch im Morgendunst vor der Sonne verbarg; auf dieser Insel also wohnt das einzige Volk Europas, das nie Eroberungszüge unternahm, wohl selbst einige Male erobert wurde, von Dänen, Normannen, Engländern – nur Priester schickte es, Mönche, Missionare, die – auf dem seltsamen Umweg über Irland – den Geist thebaischer Askese nach Europa brachten; vor mehr als tausend Jahren lag hier, so weit außerhalb der Mitte, als ein Exzentrikum, tief in den Atlantik gerutscht, Europas glühendes Herz…“ (Heinrich Böll, Irisches Tagebuch; S. 14f.)
Aus der Nacht in einen langen Sonnenaufgang
Mit großen Worten beschreibt der reisenden Heinrich Böll die Momente, in denen er das erste Mal Irland vom Schiff aus erblickt. Schwer wirken sie, und wundersam. Das Gefühl des irischen Nebels, seine Kälte und Nässe stecken in den Gliedern und man sehnt sich förmlich nach der Tasse Tee. Oder einem der typischen irischen Whiskeys – am besten beides. Das 20. Jahrhundert – die Zeit, in der Böll sich in diese so sonderbare grüne Insel verliebt – scheinen sich rückwirkend ähnlich anzufühlen. Kühl, abweisend und doch voller Reiz. Durch die Unabhängigkeit, sowie die Spaltung Irlands und den politischen als auch wirtschaftlichen Folgen, befand sich das Land in einer schweren Lethargie. Und mit ihm auch die Whiskeykultur. Von der blühenden Brennerei-Landschaft vergangener Tage war nicht mehr viel übrig.
Auch der Ruhm, den die Destillate auf der ganzen Welt innehatten, war nur mehr eine nebulöse Erinnerung. In den Bars fanden sich Mitte/ Ende des 20. Jahrhunderts nur wenige Flaschen irischer Provenienz. Mal ein Jameson, ein Paddys (im Übrigen immer noch des Autors liebster irischer Whiskey auf Eis) oder Tullamore DEW. Richtig gut wurde das Angebot, wenn man einen Bushmills fand. Es waren dunkle Zeiten. So eingeschränkt wie das Angebot, war auch die Brennerei-Landschaft, wurden doch alle verfügbaren Whiskeys in nur drei Brennereien destilliert. Cooleys, Midleton und Old Bushmills. Böse Zungen behaupteten, bei Jameson, Paddys und Redbreast seien nur die Marketing-Budgets unterschiedlich verteilt, der Rest sei mehr oder minder das Gleiche (alle drei Beispiele wurden und werden in Midleton destilliert).
Dieser abfällige Scherz steht nicht nur für den Niedergang der einstmals blühenden Kategorie, sondern auch für das Verschwinden und Vergessen von Wissen über die älteste Whiskey-Kultur der Welt.
Von Nichts und Allem
Doch es wäre keine irische Geschichte, wenn sich daran nichts ändern würde – und vor allem, wenn diese Änderung nicht aus einer völlig unerwarteten Richtung käme. Diese Richtung – und hier bewahrheitet sich das alte Sprichwort „wenn der eine niest wird der andere krank“ – war Süden, war England. Dort entwickelte sich Ende der 1980er Jahre – parallel zu den USA im Übrigen – eine Mikro-Brauer Szene, die sich auf Qualität und Herkunft fokussiert und gegen einen uniformistischen Einheitsgeschmack aufbegehrt. Diese Bewegung wurde über die Zeit hinweg größer und größer und schwappte auf die Spirituosen-Szene über – schließlich ist der Weg vom Bier zum Destillat ein sehr kurzer. Und so war es rückwirkend betrachtet nur eine logische Entwicklung, als 2009 in einem Londoner Hinterhof eine kleine 300 Liter copper still angefeuert wurde und ein erster craft spirit entstannt: Sipsmith Gin. Dessen Geschichte soll an einer anderen Stelle erzählt werden.
Der Effekt jedoch war gigantisch und hatte Auswirkung auf alle möglichen Spirituosen-Kategorien. Auch im manchmal so nahen und doch so weit entfernten Irland, wo die Rückbesinnung auf Herkunft und Handwerk zusätzlich durch eine wirtschaftliche Flaute der späten 1990er Jahre begünstigt wurde. Auch wenn diese Ansicht vielleicht etwas irritierend erscheint, so sind es zumeist Krisen, in denen durch Improvisation und Reduktion auf das wenige Vorhandene Neues geschaffen wird – zumal die irische Seele im Umgang mit Krisen äußerst geübt ist.
Es waren verrückte Zeiten, geprägt durch Unsicherheit und zugleich Tatendrang. Ein bedeutendes Zeichen war das Engagement der Firma William Grant & Son – der Eigner von Glenfiddich und Balvenie, aber auch Designer-Produkten wie Hendrick’s Gin und Sailor Jerrys Spiced Rum, welcher 2010 Tullamore Dew von Cantrell & Cochrane übernahmen. Eine spannende Übernahme, hat man doch bei William Grant gebündeltes Knowledge von Tradition und Moderne – sowohl in Produktion als auch in Marketing. Dies war ein wichtiger Schub und Wasser auf die Mühlen jener, die im Kleinen anfingen, sich wieder mit irischem Whiskey zu beschäftigen. Doch den weitreichendsten Effekt hatte eine andere Ankündigung.
Der Jameson-Effekt
Als im Jahre 1988 die Vereinigung der Irish Distillers von Pernod Richard übernommen wurde, war dies eine Melange aus Überlebenskampf und Hoffen auf bessere Zeiten. Die damals größte irische Whiskeymarke verkaufte 466.000 cases weltweit, wobei die irische Heimat der bedeutendste Markt war. Von daher ist es völlig fair zu behaupten, dass Jameson wie keine andere Marke für Irish Whiskey steht. Eben jene Marke – Jameson – und die dazugehörige zweitgrößte Spirituosenfirma der Welt setzten im selben Jahr 2010 ein noch viel deutlicheres Zeichen als man eine 200 Mio. € Investition ankündigte. Was für ein Donnerschlag. Und das im selben Jahr, in dem Irland in das Notfallprogram des IWF aufgenommen wurde. Kapital, Erfahrung und Überzeugung – diese drei wichtigen Momente kamen zusammen und sorgten anhand einer Marke für einen Marktaufschwung, von dem alle profitierten. Wenige Jahre später – 2015 – verkaufte Jameson 5 Mio. cases – ein enormes Wachstum.
Industriegrößen und Startups
Im Soge der Entwicklungen verhalf der Jameson-Effekt auch allen anderen vorhandenen Marken, sowie den vielen kleinen Neugründungen. Das frisch von den Schotten übernommen Tullamore Dew – diese Marke benannt nach der kleinen Stadt im Herzen Irlands legte binnen kürzester Zeit eine unglaubliche Entwicklung hin. Als 1994 C&C die Marke kaufte verkaufte sich der Whiskey nicht schlecht in Europa, doch für einen globalen Erfolg fehlte eine wichtige Komponente – Herkunft. Destilliert wurde er wie viele andere Marken auch in Midleton und war damit in seiner Story relativ gesichtslos. Doch in der neuen Konsumwelt ist eine glaubhafte Geschichte von existenzieller Notwendigkeit und dafür fehlte dem Snack- und Softdrinkproduzenten C&C einfach das Wissen und die Erfahrung. Dieses brachte man bei William Grant & Sons mit. Und 300 Millionen Euro. Der Schlüssel zum Erfolg war eine eigene Destillerie, welche man 2012 präsentierte und ab 2013 baute. Etwas mehr als 60 Jahre nach der Schließung begann man vor Ort wieder mit dem Bau einer neuen Brennerei – home coming. Und aus Tullamore Dew wurde wieder Tullamore D.E.W. – der Verweis auf den damaligen Geschäftsführer Daniel Edmond Williams aus eben jenem Tullamore. Nunmehr waren es Spirituosenexperten, welche die Leuchtfeuer irischen Whiskeys wieder entzündeten. Pernod Ricard bei Jameson, Diageo bei Old Bushmills und William Grant & Sons bei Tullamore. Einzig Cooley wurde nicht von einem multinationalen Konzern gelenkt. Dies war in einer Zeit der Markenbildung ein entscheidender Nachteil, denn nur über starke Marken konnte die Kategorie Irish Whiskey global zu einer Erfolgsgeschichte werden. „Making great spirits doesn’t count for a hill of beans, of you can’t get someone to buy“ (Peter Mulryan – The Whiskeys of Ireland).
Doch auch hier sollte sich die Situation schlagartig ändern – nur ein Jahr nach den anderen großen Investitionen trat 2011 Beam (damals Beam Global, heute Beam Suntory) auf den Plan. Diese kauften Cooley und damit ebenfalls die Brennerei Kilbeggan. Und Beam hatte einen großen Vorteil: es ging den Amerikanern weniger um das Geld als um die Whiskey-Stocks. Der Kopf dieser Arbeit war John Teeling – vielleicht so etwas wie der Vater der irischen Whiskey-Rennaissance. Auf jeden Fall Vater der Brüder Jack und Stephen Teeling. Ein Name, dessen Geschichte aufs engste verknüpft ist mit der modernen Entwicklung der irischen Whiskeylandschaft und dessen Name mittlerweile auf eigenen Flaschen steht. Im Übrigen auch der Name, der dafür sorgte, dass im Juni 2015 erstmals seit 125 Jahren in Dublin wieder Pot Stills für die Herstellung von Whiskey befeuert wurden.
Die Marke Teeling – tatsächlich erst als Marke gedacht und dann als Produkt realisiert wählte nicht umsonst den Phönix als ihr Wappen. Denn hier schließt sich der Kreis vom Jameson-Effekt über neue, mittlerweile etablierte Marken hin zu vielen kleinen Brennereien, welche gerade dabei sind, das Licht der Welt zu erblicken.
Hoffen, Frohlocken und realistisch bleiben
Irischer Whisky ist aktuell eine der am rasantesten wachsenden Spirituosenkategorien der Welt. Phönixgleich steigt er aus der Asche der Vergangenheit und strahlt am Himmel. Viel Geld und Kraft wurde in den letzten Jahren investiert und ein Ende ist nicht in Sicht. Vor kurzem erst hat der größte Spirituosenkonzern der Welt – Diageo – seine Rückkehr auf den Markt mit Irish Whiskey verkündet. Mit der neuen Marke Roe & Co – einer Reminiszenz an die alte George Row Destillerie in Dublin. Jene 1757 in der Thomas Street in Dublin gegründete Brennerei war in vergangenen Tagen einer der größten Whiskey-Produzenten der grünen Insel. Die Stills jedoch sind seit Anfang der 1920er Jahre kalt. Dies will man ändern – wie bei so vielen traditionellen Marken und Geschichten, bei denen man sich anschickt, sie wieder zu beleben. Die Zeit wird zeigen, wie die Zukunft der ältesten Whiskeynation der Welt ausschaut. Wir sind genießende Beobachter.
So ist das mit der Zeit in Irland. Auf Gottes grüner Insel gibt es viel davon. Und man hat reichlich Zeit, sich ihrer zu bedienen. Ob nun himmelhochjauchzend oder zu Tode betrübt. Es ist ein Abbild der irischen Seele. Und freuen wir uns über die heutigen Zeiten – es werden vielleicht irgendwann wieder andere kommen. Aber daran denken wir nicht. Denn das geschieht, ob man es will oder nicht. Auch das hat uns die Geschichte irischer Whiskeys gezeigt. Am Ende geht es immer weiter. Und Böll hatte recht: „Als Gott die Zeit gemacht hat, hat er genug davon gemacht“