Mit dem Apostoles Gin bekommen wir einen Schluck Argentinien in unser Glas. Nicht nur dank ausgewählter Botanicals, sondern vor allem in der Philosophie und der Geschichte, denn der Apostoles Gin entstammt einer Bar und ist wie Tango auf der Zunge. Ursprünglich auf spirit-ambassador.de erschienen, hat dieser Artikel eine ungefähre Lesedauer von 4 Minuten.
Es ist das Ende der Welt. Die gefühlte Heimat der hohen Kunst des Steak-Grillens. Hier entstand der Tango und die Hand Gottes wurde hier geboren. Argentinien. Ein Land, dessen Dimensionen so unvorstellbar groß sind, dessen Gegensätze bis heute faszinieren und von dem man dennoch so wenig weiß. Wenn es um landestypische Getränke geht, so kommt man schnell auf Rotwein. Dazu – das wissen vor allem Studenten aus Berlin – noch Mate und wenige wissen, dass das populärste Mixgetränk der Argentinier Fernet-Cola ist. Dann wird es auch schon dünn. Einem argentinischen Barkeeper ging es ähnlich und so schickte er sich an, seinem Land einen Gin zu schenken: Principe de los Apostoles Gin.
Von einem der Auszog die Welt zu entdecken
Die Geschichte des Apostoles Gin ist die Geschichte von Renato Giovannoni – genannt Tato. Aufgewachsen ist er eigentlich im Restaurant seiner Eltern, wo er im frühen Alter schon mithalf, und gastronomische Luft schnupperte. Eine solche Jugend prägt und so stand entschied sich der junge Tato für eine Karriere in der Bar. Argentinien war Anfang der 2000er Jahre diesbezüglich jedoch noch äußerst zurückhaltend und so entschloss er sich, seine Zelte daheim abzubrechen und als Barkeeper durch die Welt zu reisen. Und wenn jemand eine Reise macht, so lernt er. Unterschiedliche Kulturen, Menschen und Geschmäcker. Damals war London das pulsierende Herz der Cocktailszene und so verschlug es ihn natürlich auch dorthin.
Seine Erfahrung und seine vielseitigen Einblicke in die Cocktailkulturen dieser Welt ermöglichten Tato, sein Geld auch als Consultant zu verdienen. Unter anderem schrieb er Barkarten für gastronomische Konzepte, entwickelte Drinks für die Industrie und sprach mit vielen Menschen der Szene. Deren liquide Treibkraft war damals Gin. Das als spießig geltende Wacholderdestillat erlebte damals eine überwältigende Renaissance. Zur gleichen Zeit fanden sich in den Rückbuffets argentinischer Bars nur wenige Gins – vor allem Gordons und Finsbury. Als Renato 2012 von seiner mehrjährigen Reise nach Hause kam, beschloss er, dies zu ändern. Es musste doch ein Weg geben, die Fernet-Cola trinkenden Gäste in den Bars mit dem globalen Gin & Tonic-Fieber anzustecken.
Eine Bar als Schmelztiegel von Kulturen
Der Platz dafür war schnell geschaffen: die eigene Bar in Buenos Aires. Unter dem Namen Floreria Atlantico – heute eine Bar unter den Top 50 der Welt – eröffnete er sein eigenes Refugium. Er schuf einen Speakeasy nach amerikanischem Vorbild. Durch einen Blumenladen hindurch, die Treppen hinunter, betritt man eine Bar, in der alle kulturellen Wurzeln Argentiniens zusammenfließen. Spirituosen und Liköre aus der ganzen Welt – so vielseitig wie der argentinische Tango finden hier ihren Weg in die klassischen Drinks des 19. und 20. Jahrhunderts. Doch es reichte Tato nicht, die Welt zusammenschmelzen zu lassen, er wollte etwas typisch Argentinisches kreieren. Ein argentinischer Gin musste her.
Ein Land und seine Aromen
Dieser Gin sollte nicht nur argentinisch klingen, er sollte die Aromen des Landes einfangen und sie erlebbar machen. Doch welche Aromen sind das in einem Land, welches vom Urwald an der Grenze zu Brasilien bis hin nach Feuerland am Kap Horn eine Dimension erreicht, wie sie für Europäer nur schwer vorstellbar ist. Genau aus diesen entgegengesetzten Ecken seines Landes verband er Kräuter und Gewürze. Aus Missiones im Norden kommen unter anderem Eukalyptusblätter, Grapefruit und Peperina – eine argentinische Minzart; und aus dem Süden Koriander und der so wichtige Wacholder. Eine Zutat stand für ihn als zentrales Moment von Anfang an fest: Mate. Jener belebende Tee, der als Limonade heute aus den Cafeterien deutscher Universitäten nicht mehr wegzudenken, in Argentinien jedoch das Nationalgetränk ist.
Alle Kräuter werden getrennt voneinander in Rohalkohol mazeriert. Dabei unterscheiden sich die Alkoholstärke und die Dauer teilweise erheblich. Während die enorm intensive Peperina nur wenige Stunden ihr Aroma abgeben darf, so müssen die Mateblätter ganze drei Tage mazerieren. Am Ende des Aromenauszugs werden die einzelnen Mazerate zu je 200 Liter Batches gemischt und anschließend in Mendoza feingebrannt. Dabei kommt eine kupferne Pot Still aus der Produktion von Arnold Holstein vom Bodensee zum Einsatz. Das 70%ige Feindestillat wird anschließend mit Quellwasser auf 40,5%vol. reduziert und darf für einige Tage noch ruhen, bevor es als fertiger Gin in Flaschen gefüllt wird.
Ein argentinischer Sommer
In dem Moment, wo der Apostoles Gin ins Glas kommt, offenbart sich in der Nase sofort ein frischer und kräutiger Duft, welcher getragen ist von hellen Momenten und weißem Pfeffer. Der Wacholder – bei modernen New Western Gins gerne mal reduziert – ist gut und deutlich eingebaut, wobei die mentholige Frische eindeutig das zentrale Schlüsselaroma ist. Sofort hat man Sommer im Kopf. Auf der Suche nach den Matetee-Noten kommen Erinnerungen an die eigene studentische Zeit durch. Noch sind diese verhalten, der Eukalyptus ist eindeutig im Vordergrund. Der Gin wirkt strukturiert und wird allmählich dicker, ohne seine Frische zu verlieren. Es erinnert ein wenig an blaue Eisbonbons – doch ohne deren überbordende Attitüde. Es ist eine extreme Aromatik, ohne jedoch dabei kitschig oder anstrengend zu sein. Mit der Zeit wird Mate deutlicher, dazu Kernaromen von Kirschen. Es fügt sich alles wunderbar zusammen.
Die schwere Leichtigkeit eines Tangos
Im Mund präsentiert sich der Apostoles wunderbar sanft und cremig; deutlich dichter als erwartet und auch mit einer schwereren Textur. Hier ist der Matetee sofort spürbar und setzt sich noch vor die frischen Eukalyptustöne. Ein deutlicher Gegensatz zum Geruch, auch wenn der Pfeffer sich hier ebenfalls anschickt, eine wuchtige Note beizusteuern. Der Wacholder tritt etwas zurück, gibt aber dennoch unweigerlich die Struktur vor, in der die Grapefruit wie Akzente punktiert durchscheint.
Es ist ein enorm geschlossenes Aromenbild, welches sich darstellt und zu überzeugen weiß. Im Nachklang scheint der Apostoles sich noch einmal in all seinen Facetten dekonstruieren zu wollen. Kräuter und Gewürze erzeugen ein hoch energetisches Moment, welches einem argentinischen Tango in nichts nachsteht. Es ist eine tolle Erfahrung und definitiv eine Bereicherung der Sinne und der Gin Welt.
Zu verdanken haben wir diesen Gin nicht nur Tato, sondern auch Claas von Zombory. Der Berliner brachte den Gin von seinen Reisen nach Argentinien mit, wo er 2015 erstmals Tato kennenlernte. Als Gast in seiner Bar genoss er den Apostoles in Cocktails und war nach einer Purverkostung begeistert. Seit 2017 importiert er diesen nach Deutschland und seit gefühlt einigen Monaten findet er sich – zum Glück – in vielen Bars der Hauptstadt wieder.
Und so geht die Geschichte von sich austauschenden Kulturen weiter. Eine Geschichte wie sie so typisch ist für den Schmelztiegel Buenos Aires und die Welt der Cocktails.
Allgemeine Informationen
- Hersteller: Sol de los Andes S.A.
- Alter: k.A.
- Alkoholgehalt: 40,5% Vol.
- Farbstoff: nein
- Kühlfiltration: k.A.
Vielen Dank an Claas von Zombory und Imexory für die Bereitstellung der Flasche. Außer Gin ist hier nix geflossen.