Die Cuvee Diademe erschient jährlich limitiert auf wenige Flaschen und ist die Widerspiegelung eines der berühmtesten Lagen der Champagne: das Dorf Ambonnay. ein einmaliger Champagner, den man getrunken haben muss und dessen Besprechung ursprünglich auf spirit-ambassador.de erschien. Die durchschnittliche Lesedauer beträgt 4 Minuten.
Das wohl Großartige am Champagner ist die Tatsache, dass es neben all den großen Häusern und auch den mittlerweile immer bekannter werdenden kleinen negociant-manipulants – also den kleinen Winzerbetrieben – immer noch so viel zu entdecken gibt, von dem man gar nicht weiß. Oder noch extremer, über die man selbst im 21. Jahrhundert kaum etwas in Erfahrung bringen kann. Eines dieser Häuser ist J. Perard & Fils.
Ein bedeutendes Terroir
Das Weinhaus J. Perard & Fils kann auf eine sehr lange Weinbau-Tradition zurückblicken, welche schon im Jahr 1662 beginnt. Originär aus der Champagne kommend sind jedoch die Zweige des Familienstammbaumes -wie so oft verzweigt und lasse sich hier in Ambonnay, wo die Weine heute gemacht werden – erst seit vier Generationen nachhaltig belegen. Aber hey: Ambonnay!
Das Dörfchen Ambonnay hat heute knapp 1.000 Einwohner und findet sich im Departement Marne. Unweit von Aÿ in der Champagner Region der Montagne de Reims gelegen finden sich hier fantastische Böden, deren Neigung fast ausschließlich nach Süden zeigt. Hier gedeihen mit die besten Pinot Noir Reben der gesamten Champagne und so kommt es auch, dass von den knapp 390ha Rebfläche 312 ha (81%) mit Pinot Noir bestockt sind und die restlichen 19% mit Chardonnay. Weiterhin sind alle Reblächen hier als Grand cru klassifiziert – ein Terroir, auf dessen Grundlage ein wirklich großer Champagner entstehen kann. Bekannt ist vor allem die Einzellage Clos d’Ambonnay, welche seit 1995 mit ihren 0,68ha einen der exponiertesten Abfüllungen der gesamten Champagne hervorbringt: Clos d’Ambonnay von Krug. Neben fast allen großen Häusern finden sich hier auch kleine Hersteller – jedoch mit großem Namen: Jaquess Selosse findet hier seine Trauben für den Le Bout du Clos, Marguet Père & Fils arbeiten hier, genauso wie Benoit Beaufort oder Egly-Ouriet. Es liest sich wie ein who’s’who der Champagner-Könige.
Arbeit und Verantwortung
Die Informationslage zum Weingut, als auch zum Champagner – der Cuvée Diadème – ist mehr als dünn. Die aktuelle Webseite der Maison wird seit langer Zeit überarbeitet, schließlich hat man in der Champagner wichtigeres zu tun – dies ist völlig frei jeglicher Ironie gemeint! Der Fokus hier liegt eindeutig auf der Bearbeitung der 8,7 ha Weinfläche, von der man insgesamt 49.000 Flaschen Champagner pro Jahr produziert, wovon 44.000 – wie die Cuvée Diadème – Grand Cru Status haben.
Man fühlt sich dem Boden, auf dem die Trauben wachsen, gegenüber verantwortlich und so hat man Mitte der 2000er begonnen, die Bearbeitung des Bodens ganz im Sinne einer ökologischen Nachhaltigkeit anzupassen. Dabei setzt man vor allem auf die Hilfe einer ausgeprägten Begleitflora im Kampf gegen Erosion und Insekten. Damit konnte man den Einsatz von Insektiziden und Pestiziden auf null reduzieren. Dies steht ganz in der Entwicklung vieler kleiner Häuser und bringt Trauben und damit Weine hervor, welche nicht nur das Terroir auf nahezu perfekte Art und Weise widerspiegeln, sondern nebenbei auch großartig schmecken.
Ein geheimnisvoller Wein
Als Blanc de Noir gekennzeichnet verarbeitet man hier 100% Pinot Noir Trauben, jedoch ist es schier unmöglich etwas über die konkrete Gärungsdauer und den Ausbau in Fässern zu sagen. Zumindest habe ich dazu nichts gefunden. Einzig die Angabe der Versanddosage von 4gr. ist recherchierbar. Eine Menge, die dafürspricht, dass hier die Dosage weniger zum geschmacksprägenden Element gehört, sondern vielmehr versucht, die Aromen des Weines und seiner Herstellung zu harmonisieren. Aber die Philosophie der Dosage ist so enorm komplex, dass es sich dazu bestimmt lohnt, ein eigenes Buch zu schreiben.
Im Glas jedenfalls zeigt sich der J. Perard & Fils Cuvée Diadème in einem dicken, kraftvollen Gelb und offenbart eine äußerst dynamische Perlage. Es scheint eher an ein Feuerwerk zu erinnern, denn an eine schüchterne Perlenschnur. Kraft zeigt sich hier vom ersten Moment.
In der Nase wirkt die Cuvée extrem breit und cremig, zeigt deutlich gelbe Früchte und eine entspannte Säure. Hier ist eindeutig Holz zum Einsatz gekommen ist mein erster Gedanke. Aromen von Birne übernehmen das Zepter, weisen jedoch nicht nur Fruchtkomponenten auf, sondern auch tanninige Strukturen des Stiels und einer harten Schale. Die Säure entwickelt ihre Deutlichkeit erst mit der Zeit, muss sich diese Entwicklung jedoch mit Champagner-typischen Brioche-Noten teilen. Überreife Stachelbeeren zeigen sich im Glas und spielen ein fantastisches Duett mit einer neugewonnenen, fast schon extremen Mineralität, die sich mit frischen Kräutern wie Thymian und Majoran umgibt, die jedoch in einer Art Zitronengelee eingebunden scheinen.
Ein entflammbares Spektakel
Im Mund zeigt sich der Wein von einer erwartbaren Cremigkeit, die jedoch deutlich frischer ausfällt als man hätte meinen können. Die Säurestruktur ist neben der Mineralität sofort erlebbar und wird durch eine sehr feine Perlage hofiert. Erstaunlicherweise wirkt diese deutlich feiner und eleganter als es die optische Wahrnehmung hätte vermuten lassen.
Die gelben Früchte sind ebenso zu finden wie deutliche Hinweise – Vanille – auf den Einsatz von Fässern. Es kommt sogar die Vermutung auf, dass hier neues Holz herangezogen wurde. Während dieser Gedanken öffnet sich die Mineralität und zeigt deutlichen Anklänge von Feuerstein, die sich in die cremige Textur fantastisch integrieren. Dieses gesamte Aromenspektakel findet vor dem Hintergrund einer enorm weinigen Breite statt. Es würde nicht verwundern, wenn diese Flasche auch schon länger gelegen hätte – leider habe ich keine Ahnung, wo ich diesen Champagner gekauft habe; denn mit der Zeit zeigt sich eine gewisse Erdigkeit, die sich eher als Reifeton darstellt.
Eine fantastisches Mundgefühl – breit, cremig und weinig – wird gekonnt akzentuiert mit spritzigen Kopfnoten und einer nunmehr bemerkbaren Salzigkeit. Währenddessen sich die Früchte von der Birne wandeln hin zu reifem Pfirsich, welcher sich auch texturell niederschlägt.
Was für eine Performance!
Der Nachklang ist von eben jener Kombination aus Frucht und Mineralik geprägt und macht sehr deutlich, dass die J. Perard & Fils Cuvée Diadème kein Champagner ist, den man mal so nebenbei trinkt. Dieser Wein fordert einen – und das für einen Preis von unter 40,00 €. Wer die Möglichkeit hat, diesen Champagner zu probieren, der sollte dies unbedingt tun! Ich hoffe, mir persönlich begegnet er alsbald, so dass ich mir diesmal mehr als nur eine verlegene Probierflasche mit nach Hause nehmen kann.
Allgemeine Informationen
- Hersteller: J. Perard & Fils
- Assemblage: 100% Pinot Noir
- Dosage: 4gr./L
- Flaschenreife: k.A.
- Alkoholgehalt: 12% Vol.
Es gibt Dinge, die kauft man sich selbst – diese Flasche Champagner zählte dazu.