Mit dem Calvados Herout Original 5 Jahre hat man einen Tropfen im Glas, der es gar nicht bis nach Deutschland schafft. Zu klein ist die Produktion und zu speziell die Herkunft. Doch die Qualität ist besonders! Erfahre in diesem Beitrag alles über diesen tollen Calvados! Ursprünglich auf spirit-ambassador.de erschienen, hat dieser Beitrag eine Lesezeit von ca. 4 Minuten.
Wenn man über kleine Calvados-Häuser zu sprechen beginnt, dann darf keinesfalls der Name Marie-Agnes Herout fehlen. Hoch oben im Norden der Halbinsel Contentin – am Rande des A.O.C. Calvados – produziert die warmherzige Frau besonders terroir-bezogene Cidre und auch Calvados unterschiedlichster Altersstrukturen. Er ist schwer zu finden, wird aber immer populärer und so nunmehr auch in die Welt exportiert und findet seinen Weg hoffentlich bald auch zu uns, denn bei dem 5jährigen Calvados von Marie-Agnes Herout handelt es sich um ein Paradebeispiel für einen jungen, frischen und energetischen Calvados.
Vom Boden und dem A.O.C.
Der Boden hier oben im Norden der Normandie ist besonders. Das Marschland des Contentin hat einen enorm hohen Lehmanteil, der nicht nur die Architektur bestimmt, sondern auch die Stilistik der Äpfel, die hier wachsen. Es sind vor allem die herben und säure-betonten Varietäten wie Clos Renaux, Cartigny, Binet blanc oder die heute seltene Sorte Grasse Lande, die hier vorzüglich gedeihen und einen äußerst filigranen und finess-reichen Cidre – und damit später Calvados – erzeugen.
Fermentiert wird der Apfelmost für lange Zeit in Stahltanks, bis er in der alten Kolonnen-Destillationsanlage, welche ihr Vater angeschafft hat, destilliert wird. Die Reifung erfolgt anschließend in einem von 35 Fässern, die allesamt schon einige Jahre hinter sich gebracht haben. Die Idee von Marie-Agnes ist es nicht, einen übermäßig holz-dominierten Calvados zu erzeugen, sondern der Frucht der Normandie, dem Apfel eine Bühne zu bereiten.
Frisch wie der Wind
Im Glas erscheint dieser jugendliche Calvados in einem hellen Goldgelb und in dem Moment, wo er aus der Flasche in selbiges gegossen wird, verströmt er sofort den intensiven Duft von Äpfeln. Was für eine überzeugende Nase vom ersten Moment an! Es ist eine Mischung aus reifen Früchten, die jedoch immer wieder durchsetzt wird von säurebetonten Fruchtnoten, wie sie so typisch sind für diese Böden. Die Frucht – egal welcher Ausprägung – steht hier unangefochten im Mittelpunkt und wird flankiert von Aromen aus Apfelschalen, Kernen und Stielen. Diese tanninige Würze gibt dem ganzen Struktur. Der Calvados wirkt unglaublich strukturiert und mit einer feinen Frische gesegnet. Das Holz der Fässer findet sich anfänglich kaum in der Nase und mit jedem Augenblick scheint man immer mehr überwältigt zu sein von der Fülle dieses Apfelaromas.
Dazu finden sich florale Noten im Bouquet – vielleicht etwas Holunderblüte und eine elegante, aber sehr subtile Zitrusfrische lässt sich erahnen. Trotz dieser enorm frischen Fruchtaromatik bewegt man sich immer auch ein Stück weit in einer ruhigen Atmosphäre, die mit der Zeit Spuren einer Mineralität aufweist, wie sie vom nahegelegenen Meer nicht besser präsentiert werden könnten. Dagegen stellt sich eine immer stärker werdende Süße von Apfelkompott.
Zwischen Holz und Schale
Mit der Zeit etablieren sich krautige Aromen und Gräser, die an Spitzwegerich erinnern. Und allmählich zeigt sich auch das Holz in einer charmanten Darbietung, die sich gefühlt mit Honig versüßt. Eine ambivalente Entwicklung zwischen den herben Apfelaromen, einer eleganten Säure und dazu diese gekochten Kompottnoten – wer jemals in einer Cidrerie in der Normandie war, wird diesen Geruch zu gut kennen.
Im Mund offenbart sich der junge Calvados sehr weich und mit erwartungsgemäß vielen Äpfeln. Die Würze und das Holz sind jedoch sofort deutlich spürbar und geben dem Ganzen eine tanninige Struktur, welche die cremige Süße in der notwendigen Form hält. Tannine im Calvados funktionieren sehr ähnlich in ihrer aromatischen Aufgabengestaltung, wie man dies vom Wein kennt.
Neben der dominierenden Frucht finden sich Gewürznoten, die zum einen etwas Gebäckartiges haben, zum anderen völlig aus der Kalten eine Erinnerung an Darjeeling-Tee erzeugen. Zwischen diesen vielen Aromen entwickelt sich eine außergewöhnliche Dynamik, welche mit voranschreitender Zeit strukturierte und härter wird. Man hat das Gefühl, der Calvados wird etwas kantig. Dagegen arbeiten jetzt Aromen von Trockenfrüchten, die neben dem frischen Apfel stehen und dessen Kerne, Schale und die Stiele deutlich erlebbar sind – ohne unangenehm zu werden. Daraus entwickelt sich eine spannende Textur, die auch im Nachklang lange zwischen würzigen Noten und einer lieblichen Restsüße hin und her geistert.
Die Zeit
Man merkt dem Calvados seine fünf Jahre an, aber nicht an einer überbordenden Fassarbeit, sondern an seiner Aromenvielseitigkeit und der Kraft, mit der er alle Aromen auf seiner Klaviatur zu spielen versteht. Trotz jugendlicher Energie hat er schon die Ruhe des voranschreitenden Alters, welches zusammen eine tolle Dynamik ergibt und viel Spaß bereitet. Der Trick beim Calvados ist jedoch Zeit. Nach längerem Atmen im Glas lassen sich auf einmal detaillierte Aromen von Muskat und feiner Vanille erleben. Die Frucht bleibt der zentrale Punkt, um den herum sich alle anderen Aromen hingebungsvoll arrangieren.
Man hat eigentlich nur einen Wunsch: Aus diesem Calvados sofort überzugehen zu einem Apfelstrudel mit Vanilleeis. Und natürlich einem weiteren Glas Calvados.
Allgemeine Informationen
- Hersteller: Herout Cidres & Calvados
- Alter: 5 Jahre
- Alkoholgehalt: 42% Vol.
- Farbstoff: Nein
- Kühlfiltration: Ja
Es gibt Dinge, die kauft man sich selbst – diese Flasche Calvados zählt dazu.