Erfahre in diesem Beitrag alles über den Juniper Gin und warum man sich bei diesem deutschen Gin auf einen guten Schluck Geschichte des Wacholders einlässt. Ursprünglich auf spirit-ambassador.de erschienen, hat dieser Artikel eine ungefähre Lesezeit von 3 Minuten.
Seine Öle sollten in früheren Zeiten vor der Pest schützen und sein Duft betört uns noch heute. Zumal ist er – wohl auch wegen seines Aromas – die bedeutendste Komponente in der aktuell so populären Spirituosenkategorie Gin: der Wacholder. Eine Melange aus Fruchtigkeit, Würze und harzig-ätherischen Noten stellt das Grundgerüst eines jeden klassischen Gins englischer Stilistik dar, welche bis vor einigen Jahren in Deutschland unverhohlen als hard stuff galt und ein Schattendasein zwischen Bridge-Turnieren und anglo-royalistischem Kitsch führte.
Zwischen Damals und Morgen
Mit der Ginnaissance und der Wiederentdeckung dieser liquiden Bar-Instanz wandelte sich das Bild des angestaubten Gins und Deutschland kann völlig zu Recht als eines der Länder gelten, die diesen Trend im positivsten Sinne verschuldet haben. Doch mit der Rückbesinnung packte man die Koffer für die Zukunft und in einer rasanten und schwindelerregenden Geschwindigkeit entwickelte sich aus dem einstmals grauen Entlein ein prächtiger, in allen Farben schillernder Schwan. „Gin ist in“ und die Wacholderspirituose der Gesprächsstoff der Connaisseurs. Vor allem die Aromenvielfalt hat es dem Endkonsumenten angetan. Anything goes ist zu dem Credo der alkoholischen Kreativ-Szene geworden und die ausgewählten Botanicals kennen keine Grenzen mehr – weder in Herkunft noch in Zusammenstellung.
Doch einer blieb mitweilen auf der Strecke. Die Jungend hat das Alte vergessen oder zumindest häufig an den Rand der Zweitrangigkeit gerückt. Klassischer Wacholder als Aromatik erscheint heutzutage manchmal so spießig, wie es Gin vor 15 Jahren war.
Purismus als Leitidee
Zum Glück jedoch gibt es ab und an Liebhaber der klassischen Interpretation, deren Reduktionismus auf das Alte erstaunlich erfrischend wirkt. Puristen, die das moderne Bild mit einer radikalen Abkehr von zum Teil obszöner Aromenoppulenz aufbrechen und sich auf das Wesentliche beziehen – Juniperus. Zwei dieser Menschen sind Jörg Fiedler und Siegbert Henning. Der eine – Fiedler – langjähriger Vertriebsleiter des sächsischen Weinguts Schloss Proschwitz und sein langjähriger Freund und Destillateur Henning. Ihrem Dreh- und Angelpunkt ‚Wacholder‘ geben sie noch neun weitere Botanicals an die Seite, welche größtenteils zum klassischen Repertoire gehören: Orange, Koriander, Wehrmutkraut und Zitrone. Dazu gesellen sich – weniger radikal puristisch – Brombeere sowie Minze. Über die verbleibenden drei Aromen hüllt man sich in der Elbmetropole Dresden – der Heimat des Juniper Jack’s – in Schweigen. Trotz solch spannender Begleiter steht der in Kroatien handgesammelte Wacholder hier im absoluten Mittelpunkt.
Wacholder, Wacholder und …
Schon in der Nase zeigt sich diese Dominanz. Trocken und mineralisch präsentiert sich der Wacholder und offenbart nur ganz versteckt ätherische Aromen, welche sich ganz langsam in das Bewusstsein tänzeln. Die Zitronen lancieren eine feine Frische, deren Eleganz jedoch nur eine Randerscheinung neben der unglaublichen Gradlinigkeit darstellt. Erst mit der Zeit bekommt diese Frische eine gesteigerte Bedeutung und erlaubt sogar einer grazilen Fruchtigkeit etwas Platz im Rampenlicht. Was die Nase verspricht, das hält auch der Mund ein. Wacholder ist der Leitfaden dieser Aufführung – ohne ein retardierendes Moment und in doch anderem Aufzug. Es wirkt wesentlich weniger trocken, die ätherischen Öle kommen deutlich zum Vorschein. Auch Brombeeren werden nun deutlich erschmeckbar und rundet das Bild von Wald ab. Mit zunehmender Dauer werden Zitrusaromen erlebbar und bilden einen wunderschönen Rahmen für einen Spaziergang in den Wacholder-Wäldern.
Die Trockenheit der Nase wird in der Textur ersetzt durch eine angenehm cremige Struktur, die jedoch nicht kitschig oder verwischend wirkt, sondern immer noch sehr gradlinig daherkommt. Im Nachklang finden sich feine Zitrusaromen und ein Spiel zwischen einer feinen Süße und einer frischen Wacholdererinnerung. Wie ein Parfüm verbleibt der Juniper Jack am Gaumen.
Kein ginloses Theater
Auch die Geschichte des Namens bezieht sich auf eine längst vergangene Zeit. Der historische Hintergrund verortet sich im Jahre 1736, als man inmitten des Gin Craze durch den dritten Gin Act versuchte, via Steuererhöhung auf Destillate der grassierenden Gin Sucht auch den Straßen Londons Einhalt zu gebieten. Diese enorme Steuererhöhung trieb viele Ginproduzenten in die Illegalität, manche jedoch direkt in den Ruin. Ein arbeitslos gewordener Destillerie-Mitarbeiter brachte seinen Unmut mittels eines rebellischen Theaterstückes mit dem eindeutigen Titel „The Death of Queen Gin“ zu Ausdruck. Dieser jedoch eher unbedeutende Autor war besagter Juniper Jack – so zumindest sein Künstlername.
Überzeugende Einfachheit
Purismus als sensorisches Stilmittel lässt sich hier als eine nahezu perfekte Inszenierung von Wacholder inmitten weiterer, leiser Aromen erleben. Juniper Jack stellt sich damit sensorisch gegen das Konzept multi-aromatischer Inszenierungen und schafft so eine neue Gin-Erfahrung, wie man sie wohl früher öfter hätte erleben können. Eine spannende Alternative nach dem ‚Viel‘ der letzten Jahre, die nicht nur einen sehr anständigen Drink ermöglicht, sondern auch auf Eis eine überzeugende Leistung abgibt.
Allgemeine Informationen
- Hersteller: Independent Spirit
- Alter: n.n.
- Alkoholgehalt: 46,5% Vol.
- Farbstoff: Nein
- Kühlfiltration: k.A.
Vielen Dank an Independent Spirit für die Bereitstellung der Flasche. Außer Gin ist hier nix geflossen.