In diesem Beitrag erfährst Du alles über den Whitley Neill Gin aus England und warum seine Wurzeln auf dem afrikanischen Kontinent liegen. Erlebe seine Aromen und die vielen Möglichkeiten an der Bar. Ursprünglich auf spirit-ambassador.de erschienen, hat dieser Artikel eine Lesedauer von ca. 3 Minuten.
Um Whitley Neill Gin zu verstehen, muss man an seine Ursprünge herantreten. Diese finden sich in den Ideen und Vorstellungen von Johnny Neill, dem Mann hinter diesem Gin, über den man sagt, er sei „inspired by Africa. crafted in England„. Als Mitglied der Greenall’s Familie ist er mit der Herstellung von Gin bestens vertraut und doch – so hat er es neulich dem Mixology Magazin verraten, wollte er noch etwas Eigenes machen, schließlich ist seine Familie schon seit 1762 im Gin-Geschäft unterwegs und sein erster Kontakt mit der Wacholderspirituose war im Hause seiner Großmutter. Klassisch englischer London Dry Gin lässt den Wacholder als Königin der Gin-Botanicals im Zentrum inthronisieren. Dies sollte auch so bleiben, denn einen Gin im modernen New Western Style war nicht die Idee hinter dieser kurzen Reise nach Afrika. Vielmehr kam der Einfluss des südlichen Kontinents durch die Frau von Johnny. Jene stammt aus Afrika und erzählte ihm vom afrikanischen Baobab Baum – dem Lebensbaum. Nach wohl einigen gescheiterten Experimenten mit lokalen englischen Botanicals entschloss man sich, diesen Weg einzuschlagen und arrangierte neben den 7 klassischen Gin-Botanicals (Wacholder, Koriander, Angelika, Kassiarinde, Zitronen- und Orangenschalen sowie Schwertlilienwurzel) eben jene Frucht des bei uns als Affenbrotbaum bekannten Baobab, sowie die bekannte Kapstachelbeere. Destilliert wird das ganze unter der Zugabe von etwas Wasser in einem mehr als 100 Jahre alten kupfernen Pot Still.
Die Kultur und die Medizin Afrikas
Trotz der Dominanz der klassisch englischen Gin-Botanicals sei an dieser Stelle die herausragende Rolle des afrikanischen Affenbrotbaumes kurz erwähnt. Der Baobab gilt wohl als der typische Baum des tropischen Afrikas – sein spektakuläres Kronengeäst ist umwoben von vielen Mythen. Angeblich hat der Teufel persönlich diesen Baum aus dem Boden gerissen, um ihn dann wieder mit den Wurzeln nach oben in die Erde zu rammen. Er gilt als Lebensraum vieler Götter und ist häufig Bestandteil heiliger Orte. Selbst der „Kleine Prinz“ bei Saint-Exupéry weiß um die Bedeutsamkeit der Affenbrotbäume. Nicht nur der Legendenstatus ist in Afrika weit verbreitet, auch die Frucht des Baumes ist gut bekannt. Diese wird als Nahrungsmittel verwendet, aber findet auch ihren Weg in die lokale Medizin. Der hohe Anteil an Vitamin C (250-300 mg / 100 gr.) und von Antioxidantien machen ihn zu einer wahren Wunderwaffe z.B. gegen Blutzucker
Von klassischen Strukturen und exotischen Bouquets
Verkostet man den Whitley Neill pur, so fällt einem in der Nase zuerst ein buntes Bouquet verschiedenster Aromen auf. Eine fantastische Mischung aus Frucht, Wacholder und Gewürzen, bei der es keine klare Dominanz zu erkennen gibt. Zitrusaromen von Orangen, gelbe Früchte und ein Hauch Exotik spielen im Duft dieser klaren Flüssigkeit. Der Wacholder scheint das Grundgerüst dieser Struktur zu bilden, in welche sich alle anderen Aromen nahtlos einfügen. Mit der Zeit entwickelt sich eine filigrane Blumigkeit, die leicht an Parfüm erinnert. Im Mund ergänzt sich die leichte Frische um deutlich pfeffrige Nuancen. Eine leichte Bitterkeit von Zitrusschalen wird sehr schnell von einer cremigen Süße überlagert.
Der Wacholder, welcher in der Nase dann doch eine deutliche Dominanz ausstrahlte, tritt hier in den Reigen der Aromen zurück, um einer von Ihnen zu werden. Trotz der cremigen Textur lässt sich eine trockene Kontrapunktion erkennen, über der tropische Früchte zu schweben scheinen. Man möchte fast meinen, dass man in eine reife Physalis gebissen hat. Im Nachklang erhält sich etwas weißer Pfeffer am Gaumen, der auf einem breiten Bett aus gelben bis orangenen Früchten liegt. Zitrusnoten sucht man fast vergeblich. Spürbar trocken bleibt eine Erinnerung an kalkhaltige Böden. Schlussendlich eine fantastische Kombination aus klassischem englischen Dry Gin und einem Hauch afrikanischer Exotik, ohne dabei den klassischen Aromen eines traditionellen Gins zu sehr zu entfliehen.
Der Whitley Neill eignet sich durch seine Ambivalenz – durch die zwei Seiten seiner Aromatik hervorragend für Drinks. Klassische Gin-Drinks wie eine White Lady oder ein Martini bekommen durch die kleine sensorische Safari einen spannenden Twist, ohne dabei ins Kitschige abzudriften. Moderne Interpretationen wie ein Physalis-Smash scheinen geradezu gemacht für diesen Drink. Und natürlich funktioniert er in einem Gin & Tonic brillant. Am besten mit Fever Tree Tonic Water.
Allgemeine Informationen
- Hersteller: Grenall’s
- Alter: n.n.
- Alkoholgehalt: 42,0% Vol.
- Farbstoff: Nein
- Kühlfiltration: k.A.
Vielen Dank an Borco für die Bereitstellung der Flasche. Außer Gin ist hier nix geflossen.