In diesem ursprünglich auf spirit-ambassador.de erschienenen Porträt geht es um die deutsche Vermouthmarke Belsazar vom Kaiserstuhl. Eine Geschichte voller Terroir und von einer Idee, welche die deutsche Aperitif-Kultur verändern wird. Die durchschnittliche Lesezeit beträgt 5 Minuten.
Eigentlich war ich für drei Whisky-Tastings im wunderschönen Baden-Württemberg unterwegs – Freiburg, Villingen-Schwenningen und als letztes Baden-Baden. Das waren die geplanten Termine. Auf dem Weg nach Süden meldete sich Maximilian Wagner – einer der Köpfe hinter Belsazar Vermouth – und lud mich zu sich nach Staufen ein. Dem Ort, an dem neben den Schladerer Obstbränden eben auch der deutsche Vermouth Belsazar gemacht wird. Ich freute mich sehr über die Einladung und bei bestem Wetter – 35°C und mehr – machte ich mich Donnerstag Mittag auf den Weg nach Staufen. Zur Mittagszeit empfing mich Max völlig entspannt und herzlich direkt an der Brennerei. Durch den Besucher-Shop ging es auch schon hinein in die Produktionsstätten, an deren Fassade ganz groß Schladerer zu lesen ist. Geführt wird dieses mehr als 100 Jahre alte Familienunternehmen (1844 gegründet) nunmehr in der sechsten Generation von Philipp Schladerer, welcher sich zusammen mit Max (ehemals Duke Gin in München) und Sebastian Brack (Thomas Henry) auch für den Vermouth verantwortlich zeichnet. Dass die Destillerie eine lange Geschichte hinter sich hat und keine auf dem Reißbrett Entstandene ist, wird vor allem an der Umständlichkeit der Architektur deutlich. Das Wachstum macht sich an den unterschiedlichen Gebäuden sichtbar, die über die Generationen immer mehr wurden und deren Herz ein Hof bildet, der einen fast schon glauben lässt, man sei irgendwo im mediterranen Raum. Es heißt ja nicht umsonst von dieser Region, sie sei die „Toskana Deutschlands“.
Mehr als nur Kräuter – über die Bedeutung der Weine
Die Zusammenarbeit der Firma Schladerer mit dem jungen Vermouth-Unternehmen ist auf viele Arten spannend und produktiv. Nicht nur, dass hier das Start-up Produktionsstätten und Räumlichkeiten zur Verfügung hat, die Obstbrände zum verfeinern des Vermouths genutzt werden – auch das Know-How und die Netzwerke der ehrwürdigen Firma können manchmal hilfreich sein.
Vor allem wenn es darum geht, den Wein für den Vermouth zu bekommen. Das Wein eine wichtige Zutat bei der Herstellung von Vermouth ist, dürfte jedem klar sein, aber bisher fokussierte man sich vor allem auf die verarbeiteten Botanicals. Nicht so hier, wie mir schnell klar wurde.
Nach ca. einer Stunde sitze ich neben Max in seinem mit Berliner Nummernschild versehenen Peugeot, Fettes Brot läuft aus den Boxen – Jein – und die Klimanlage auf Hochtouren. Wir sind auf dem Weg in die Weinberge. Während wir durch die umliegenden Ortschaften fahren, bleibt ein wenig Zeit für Gespräche über die Entstehung und die Zukunft von Belsazar. Geradeheraus frage ich Ihn, was es mit dem neuen Belsazar Rose Vintage auf sich hat, von dem man im Internet schon ein Bild findet. Beantworten will er mir das nicht so richtig, aber wir kommen ins Gespräch über die Weine.
Wenn man Vermouth macht, so ist man nicht wirklich beliebt bei den Winzern. Sie wurden auch schon mal von einem Hof gejagt, als sie anfänglich auf der Suche waren nach Lieferanten für den Grundwein. Der ist wichtig, da Vermouth mindestens 75% Wein-Anteil haben muss. Und da versteht es sich von selbst, dass dieser eine vernünftige Qualität haben und auch dementsprechend verarbeitet werden muss. Definitiv ein neuer Weg, den das Unternehmen beschreitet – auch in der Kommunikation mit den Winzern. Vermouth gilt bei vielen noch als Verunstaltung der schweren Arbeit, da häufig der Wein einfach nur zum Oxidieren gebracht würde – so die mehrheitliche Meinung der Winzer.
Hier half der Name Schladerer als Partner weiter. Während man in unserer schnelllebigen Welt alles fest mit Verträgen regelt, läuft das dort unten noch anders. Es gilt ein Handschlag und Vertrauen. Das Vertrauen in den Namen Schladerer seitens der Weinbauern ermöglichte es dem jungen Team schlussendlich Winzer zu finden, die mit ihren Weinen die Basis bilden. Unter Ihnen das Weingut Zähringer. Eine Partnerschaft, die mehr ist als nur Kaufen und Verkaufen. Das Weingut wird ebenfalls in sechster Generation geführt, ist gleichfalls so alt wie Schladerer und hat sogar schon eine Vermouth-Vergangenheit. Denn vor vielen Jahren war es – unter dem Großvater – Lieferant und später sogar Eigentum der Firma Martini & Rossi. Diese Zeit hat man jedoch in eher weniger guter Erinnerungen, da dem Wein nicht besonders hochachtungsvoll entgegen getreten wurde. Doch das gehört der Vergangenheit an. Heute konzentriert man sich auf moderne Interpretationen des klassischen Handwerks und arbeitet zukunftsorientiert. Denn die Idee von Belsazar ist es, dem Wein zu huldigen, denn dieser ist das Fundament und die Basis für alles Weitere.
Während mir Max diese Geschichte erzählt sind wir schon längst in den Wirren der Weinberge eingetaucht. Ich würde mich hier sofort verlieren – Wege über Wege und Reihen neben Reihen von Weinstöcken. Herrlich! Die Sonne brennt vom blauen Himmel und der Wein wächst und gedeiht. Die Region hier lebt von der geografisch günstigen Lage. Zwischen Schwarzwald und den Vogesen befindet sich das Markgräflerland wie in einem Schlauch. Die warme Luft wird von Süden hineingetrieben und ermöglicht ein perfektes Weinklima. Max gerät ins Schwärmen – über die Leidenschaft der Weinbauern, das Klima, den Boden. Nach wenigen Augenblicken könnte man meinen, ich bin zu Besuch bei einem eingesessenen Winzer – der Vermouth ist weit weg und der Wein im Fokus. Eine völlig neue Betrachtungsweise, die auch Max selber erst lernen musste, wie er gesteht.
Mit jedem Schluck ein Stück Region
Die anfängliche Skepsis der Winzer gegenüber den Vermouth-Machern weichte einer kreativen Zusammenarbeit. Mittlerweile kommen Sie und bringen die kleinen Schätze aus ihren Kellern – Jahrgangsweise höchster Qualität. Echte Vintage-Weine inklusive. Und so variiert auch der genutzte Wein – je nachdem welchen Vermouth man gerade macht. Belsazar Rose Vintage – da war doch was.
Einen verspäteten Lunch gibt es in einer kleinen Ortschaft mitten auf dem Platz im Schatten der Bäume. Elsässer Flammkuchen. Wir geraten ins Gespräch über Handwerk, Trends und vor allem über die Region. Über die konservative Einstellung der Leute, die Wertigkeit und die Wichtigkeit von Vertrauen und Herkunft. Dabei vergessen wir gehörig die Zeit. Aber die ist hier auch nicht so wichtig – in der Toskana Deutschlands. Wie sehr das passt, merkt man an der Ruhe der Leute. Das große B auf dem Nummernschild ist nur Anzeichen für den Firmensitz – der Inhalt und auch die Leidenschaft von Belsazar Vermouth kommen aus der Region des Markgräflerlands. Und das merkt man – Gut Ding braucht Weile.
Nach einigen Stunden kehren wir zurück in die Destillerie. Diese ganz private Führung war unglaublich aufschlussreich. Dafür meinen aller herzlichsten Dank – Es war ein fantastischer Nachmittag! Und für jeden, der sich mit etwas Zeit in der Region – eine halbe Stunde entfernt von Freiburg – befindet: Ein Besuch bei Schladerer und Belsazar lohnt sich definitiv!
In diesem Sinne – ein kühler Belsazar, der vermouthlich beste Aperitif der Welt.