Selbstgemachte Tortellini sind nicht nur eine Delikatesse der Emilia Romagna, sondern auch ein Gericht, das super einfach zu machen ist. Vielleicht abgesehen von der kleinteiligen Arbeit des Formens der kleinen „Knoten“. Selbstgemachte Tortellini sind aber vor allem ein Gericht, das Wärme und Liebe auf den Tisch zaubert. Und sie sind das vielleicht berühmteste Essen ihrer Heimat, für die dieser Artikel auch eine kleine Liebeserklärung geworden ist. Wie Du ganz einfach dieses Gericht selbst zubereiten kannst, erfährst Du hier in 5 Minuten.
Pasta-Sonntag mit der Familie
Sonntag ist für uns in der Familie der Pasta Tag. Anne macht mit unserem Sohn immer frische Pasta – für den Kleinen ist dies eine spielerische Übung, die meist dazu führt, dass die halbe Küche voller Mehl ist und er viel zu viel rohen Pastateig futtert. Aber am Ende gibt es frische Nudeln. Selbstgemacht, nicht immer perfekt aber immer voller Liebe und Handwerk. Und letzten Sonntag gab es selbstgemachte Tortellini – die Pasta, die wohl wie keine andere für Liebe steht. Für Sehnsucht aber auch für Schönheit und Perfektion.
Gerade das Thema Perfektion wird in Zusammenhang mit Tortellini noch das ein oder andere Mal eine Rolle spielen. Auch wenn eher als Betrachtung aus der Ferne.
Tortellini – Der Kampf zwischen Bologna und Modena
Die Herkunft der Tortellini liegt irgendwo im Wettstreit zwischen den beiden Städten Bologna und Modena. Hier im Herzen der Emilia Romagna gehören die gefüllten Teigtaschen zur lokalen Identität und finden sich in jeder Küche – egal ob in der heimischen oder im Restaurant. Und eine Diskussion, wer diese erfunden hat – die Menschen von Modena oder aus Bologna – kann zu epischen Debatten führen.
Genau dieser Streit, eine Jahrhunderte alte Tradition beider Städte, der trotzt oder gerade wegen der 60 Kilometern Entfernung nie wirklich beigelegt wurde, ist der wohl schönste Mythos zur Entstehung der Tortellini.
Die Schönheit der Venus und ihr Bauchnabel
In einem Heldengedicht des 17. Jahrhunderts mit dem Titel La Secchia Rapita (Der gestohlene Eimer) schildert Alessandro Tassoni, wie sich auf Grund des Streites der Menschen beider Städte die Gottheiten Venus, Bacchus und Mars auf den Weg machten, dieser für sie heiteren Auseinandersetzung beizuwohnen.
Auf dem Weg vom Schlachtfeld machten die drei Rast im Gasthof Corona in Castelfranco nell’Emilia. Am nächsten Morgen wachen der Gott des Weines und sein kriegerischer Kollege auf und entschließen sich, die Liebesgöttin Venus schlafen zu lassen.
Erschrocken von der Entdeckung, dass Sie allein gelassen wurde, ruft diese um Hilfe und der Wirt eilt herbei und erblickt die noch immer nackte Venus. Dieser Anblick betört Ihn über alle Maßen und es ist laut Mythos vor allem der Bauchnabel, der es ihm angetan hat.
Diesen kann er nicht mehr vergessen und so kreiert er, ganz verträumt in seiner Küche stehend, eine Pasta nach dessen Abbild. Dies, so will es die Geschichte, ist die Entstehung der Tortellini.
Selbstgemachte Tortellini – eine Tradition jeder Familie
Heute zählen die gefüllten Tortellini nicht nur zum kulturellen Erbe der Region, sondern sind fester Bestandteil jeder (italienischen) Familie. Vor allem an Weihnachten kommen diese handgemacht auf wohl jeden Tisch. Und dabei wird die Tradition der Perfektion von einer Generation zur nächsten weitergegeben. Denn auch wenn es gefühlt recht einfach ist, den Pastateig in Quadrate zu schneiden, diesen mit der Füllung zu belegen und die kleinen Knoten zu formen, so kann ich aus eigener Erfahrung sagen: das ist es nicht!
Und ich kann mir vorstellen, wie Generationen von Enkeln in den Küchen ihrer Großeltern saßen, sitzen und wohl ewig sitzen werde und in die Geheimnisse der perfekten Tortellini eingeführt werden. Natürlich unter den strengen Augen der Nonna.
Und auch wenn es bei den ersten 100 Mal nicht klappen will, irgendwann kommt der Moment der Erleuchtung. Zumindest hoffe ich das. Bis dahin jedoch genieße ich es, mit der Familie am Tisch zu sitzen, Musik zu hören und nicht daran zu verzweifeln, dass jeder Tortellino völlig anders aussieht und weit weg ist von jeglicher Perfektion. Aber das ist mir egal, denn das Ergebnis ist köstlich!
Modena oder Bologna? – die Füllung ist wichtig!
Auch wenn der Streit über die wahre Herkunft der Tortellini wohl nie beendet wird, so sind sich in beiden Städten die Menschen einig, was als Füllung in die klassischen Tortellini kommt. Dabei handelt es sich um eine Mischung von rohem Schinken, Schweinelende, Mortadella aus Bologna, Parmeggiano-Reggiano, Eier und Muskatnuss.
Auch wenn das nach viel klingt, so ist diese Füllung wirklich super schnell zubereitet und so unglaublich aromatisch und intensiv, dass ihr Duft beim Garen der Pasta nicht nur raum-, sondern vor allem herzerfüllend ist.
Tortellini in brodo – Eine Liebeserklärung an alles
Wer einmal die Chance hat, die klassischste Zubereitungsform zu genießen, der wird verstehen, warum in der Einfachheit dieses Gerichts dessen gesamte Schönheit liegt.
Das Land der Tortellini – die Emilia-Romagna – ist keine Schönheit im Sinne der modischen Metropolen Rom oder Mailand oder der nahegelegenen Toskana. Es ist ein einfaches Land, geprägt von harter Arbeit und Landwirtschaft. Dies wird mit jedem Kilometer, den man durch die Emilia-Romagna fährt, deutlich. Es ist rustikal dort. Doch die Menschen sind herzlich. Und ihre Küche und die Produkte weltberühmt.
Parmaschinken kommt von dort, Mortadella und der berühmte Aceto Balsamico. Darüber hinaus ist die Emilia-Romagna die Heimat des berühmtesten Käses der Welt: Parmegiano-Reggiano. Und der Vollständigkeit muss die kleine Ortschaft Maranello erwähnt werden. Jener Name, der die Herzen aller Autofans dieser Welt höher schlagen lässt, denn Ferrari ist und bleibt das ultimative Sportauto! Und es ist wirklich bezaubernd, wenn man durch diese einfache Region fährt und einem immer wieder diese Boliden entgegenkommen. Und dies in einer Natürlichkeit, die jeglichen aufgesetzten Snobismus vermissen lässt.
Essen und Motorsport, harte Arbeit und ein einfaches Leben – das scheinen die Eckpfeiler der Emilia-Romagna zu sein.
Und genauso schön sind halt selbstgemachte Tortellini in Hühnerbrühe – die traditionelle Servierform. Dafür muss man die frische Pasta lediglich zwei bis drei Minuten in der Hühnerbrühe garen lassen und dies dann gemeinsam servieren. Dieses Essen macht alles! Satt und glücklich, es ist ein Trostpflaster und Balsam. Und es macht hungrig – nach mehr!
Eines muss man frischen Tortellini zugestehen: sie sind eines der Gerichte, denen man Perfektion zuerkennen muss. Einfach und bewegend, handwerklich herausfordernd und dabei so simpel. Arme Leute Küche und Sterneinterpretation. Einfach ein perfektes Essen.
Tortellini aus der Pfanne – der perfekte Pasta-Sonntag
Und für uns haben wir eine Interpretation der Tortellini gefunden, die etwas leichter und sommerlicher daherkommt. Wir schwenken unsere frischen Tortellini einfach in einer Salbeibutter und servieren sie mit frischem schwarzem Pfeffer und Parmegiano-Reggiano.
Und auch wenn meine Tortellini von ihrer Form her noch weit weg von gleichmäßig sind, so ist unser Pasta Sonntag damit ein absoluter Erfolg und eine wundervolle Erinnerung an unseren letztjährigen Urlaub in der Emilia-Romagna.
Hier nun also unser Rezept für selbst gemachten Tortellini inkl. einer Anleitung zum Formen.
Viel Freude beim Nachkochen und Genießen!
Selbstgemachte Tortellini
Zutaten
- 300 gr. Pasta Mehl Tipico 00
- 5 Eier Größe L
- 100 gr. Schweinelende
- 100 gr. Prosciutto di Parma
- 100 gr. Mortadella
- 100 gr. Parmegiano-Reggiano
- 200 gr. Butter
- Rosmarin
- Thymian
- Muskatnuss
- schwarzen Pfeffer
Anleitungen
Pasta Teig
- Siebe das Mehl auf eine kühle Unterlage zu einem Haufen. Forme mit Deinen Fingern eine Mulde.
- Nimm 4 Eier und verschlage diese leicht in einer Schüssel.
- Arbeite die Eier langsam in das Mehr – am besten mit einer Gabel. Sobald das Ei nicht mehr flüssig ist und ausreichend im Mehl verarbeitet wurde, beginne den Teig mit Deinen Händen kräftig zu kneten. Du wirst merken, wie sich die Textur des Teiges verändert.
- Nudelteig kneten ist körperlich anstrengend. Benutze daher alle Kraft deines gesamten Körpers dafür und arbeite immer wieder gegen den Teig. Doch sie auch liebevoll zu ihm! Je länger und gründlicher Du den Teig knetest, desto besser wird er.
- Der Teig ist fertig, wenn er homogen ist, wundervoll glänzt und fest ist. Er muss wieder zurückspringen, wenn Du mit den Fingern hinein drückst.
- Sobald der Pastateig fertig ist, wickel diesen in Frischhaltefolie ein und lasse ihn 30 – 60 Minuten im Kühlschrank ruhen.
- Währenddessen kümmern wir uns um die Füllung!
Die Füllung unserer selbstgemachten Tortellini
- Schmelze eine Flocke Butter in einer Pfanne auf mittlerer Hitze.
Den Teig ausrollen
- Um den passenden Teig für deine Tortellini zu haben, musst Du diesen am besten mit einer Pastamaschine ausrollen. Teile dafür den ausgeruhten Teig in 4 Teile und verarbeite diese langsam und sorgfältig.
- Wer hierbei Zeit sparen will wird diese verlieren. Pastateig ausrollen ist eine Geduldsarbeit und man benötigt etwas Übung. Und Mehl, damit der Teig nicht immer wieder zusammen klebt.
- Das Ziel sind Teigplatten der Stärke 7 auf der Pastamaschine. Beginne also, den Teig in der Maschine langsam auszurollen. Natürlich starten wir auf Stufe 0.
- Lass Dir Zeit! Der Teig sollte auf jeder Stufe mindestens 2 Mal ausgerollt werden. Wenn Du Angst hast, dass der Teig etwas spröde und trocken wird und Du ihn später nicht mehr formen kannst, lass Dir gesagt sein: das geht!
- Spätestens nach Stufe 4 solltest Du das Teigband eventuell einmal halbieren, damit Du leichter arbeiten kannst und nicht mit einem Meter Pastateig jonglieren musst.
- Sobald Dein Pastateig die Stufe 7 erfolgreich absolviert hat, lege Ihn auf eine Unterlage und schneide den Teig in 3 x 3 cm große Quadrate. Ein Lineal oder ein Holzbrett sind ideal, um gerade zu schneiden.
- Diese Teigquadrate werden nun gefüllt.
Die Tortellini füllen
- Um ein richtiges Gefühl zu bekommen, musst Du Dir den perfekten Ort aussuchen, denn Tortellini zu füllen und zu formen ist nichts, was man nebenbei im Stehen erledigt.
- Ich empfehle eine große Arbeitsplatte (den Küchentisch), gutes Licht und einen Stuhl. Und Musik!
- Wähle also die passende Musik für diese Arbeit aus!
- Auf jedes Quadrat Pastateig platziere nun eine ungefähr 1cm große Menge der Füllung. Wer hier Perfektion anstrebt, dem sei ein Kugelausstecher ans Herz gelegt. Wer sich eher auf den Moment konzentriert und die Handarbeit liebt, dem sei gesagt: das geht auch ohne. Irgendwie.
- Das Füllen der Tortellini ist eine Frage der Übung und der Geschwindigkeit. Idealerweise macht man das zu zweit. Eine Person rollt die Pasta aus und die zweite Person füllt. Dann bleibt der Teig auch immer frisch.
- Sollte der Teig etwas trocken sein und Du befürchtest, dass er nicht richtig klebt, dann befeuchte ihn einfach mit etwas Wasser.
- Jetzt schlage das Quadrat mit der Füllung zu einem Dreieck um.
- Drücke die Seiten des Dreiecks zusammen.
- Jetzt musst Du nur noch die beiden äußeren Ecken der gefüllten Pasta zusammenführen und siehe da: Ein Tortellino ist fertig.
- Davon wird nur niemand satt und die restlichen Meter Teig müssen auch befüllt werden. Dies ist die Fleißarbeit, an deren Ende ein herrliches Mahl steht.
- Achte beim Lager der fertigen Tortellini darauf, dass diese locker nebeneinander stehen oder liegen, damit sie nicht allzu sehr zusammen kleben. Aber auch das löst sich im kochenden Wasser.
- Dieses Wasser kannst Du im Übrigen schon einmal aufsetzen, wenn ein Ende in Sicht ist.
Pasta in Salbeibutter
- Wenn Du alle Tortellini gefüllt und geformt hast kommen diese für 2-3 Minuten in kochendes, gesalzenes Wasser.
- Während die Pasta kocht, kannst Du die Butter in einer Pfanne erhitzen. Wähle eine niedrige Stufe dafür! Wir benutzen auf einer Skala von 1-12 immer die 6 oder max. 7.
- Gebe auch frischen Salbei hinzu.
- Sobald die Butter flüssig ist und die Pasta gar, gebe diese in die Pfanne mit der Salbeibutter und schwenke alles gut durch.
- Wenn die Pasta in der Pfanne 2-3 Minuten verbringt, sollte das ausreichend sein.
- Richte nun die Tortellini an. Dazu kommt noch etwas Parmegiano-Reggiano und grober schwarzer Pfeffer auf den Teller und… Na toll, jetzt habe ich Hunger.
- Lass es Dir schmecken! Du wirst dieses Gericht lieben!