Der Calvados Dauphin Hors D’Age war stellt ein Highlight des Portfolios der Marke Dauphin dar und war tatsächlich einer der Hauptgründe, warum Calvados zu einem so spannenden Thema für mich wurde. Ein volumiger Vertreter seiner Kategorie. Ursprünglich auf spirit-ambassador.de erschienen, hat dieser Beitrag eine ungefähre Lesezeit von 3 Minuten.
Es gibt Produkte, die stellen für mich persönlich in Ihrer jeweiligen Kategorie so etwas wie eine Zäsur dar. Ein einschneidender Genussmoment, den man entweder mit einer großartigen Situation verbindet, oder mit einem Erkenntnisgewinn, der für alle Zeit bestimmend gewesen sein soll. Ein solches Produkt ist der Calvados Dauphin Hors D’Age – und deswegen ist es mir eine persönliche Freude, diesen hier vorzustellen.
Das also ist Calvados
Es war irgendwann im Frühjahr 2013. Ich arbeitete als Bartender in Potsdam im Cafe Rückholz und eines Tages stand unser Weinhändler aus Berlin vor der Tür und hatte – wie vereinbart – die georderten Flaschen Wein dabei. Zusätzlich jedoch trug er eine Holzkiste an die Bar mit den Worten, dass das doch bestimmt etwas für uns wäre. Es war Calvados. Okay, damals hatte mich das erstmal nicht sonderlich beeindruckt. Ja, eine schöne Flasche und dazu diese sehr edel wirkende Holzkiste. Aber Calvados? Wir hatten den ein oder anderen Drink in der Karte, der als Zutat diesen aus der Normandie stammenden Apfelbrandy forderte, aber bisher wirklich große Gedanken gemacht hatten wir uns damals nicht über die verschiedenen Qualitäten. Zur damaligen Zeit arbeiteten wir – glaube ich – mit dem VSOP aus dem selbigen Haus. Jetzt also Hors D’Age.
Zum Probieren kam es damals erst nach Feierabend, da kurz vor der Eröffnung noch Einiges getan werden musste. Also ab damit ins Büro und beinahe vergessen. Später in der Nacht jedoch, als es ruhiger wurde, kam die Zeit diesen neuen, äußerst wertvoll anmutenden Calvados genauer zu betrachten. Sprich: zu verkosten.
An meine damaligen Verkostungsgedanken kann ich mich keinesfalls im Detail erinnern, jedoch an die abschließende Erkenntnis, dass dies definitiv eine für mich völlig neue Qualitäts-Stufe von Calvados darstellte. So etwas hatte ich noch nicht getrunken und mit dem Hors D’Age begann dann mein persönliches Interesse mit dieser so komplexen und spannenden Kategorie: Calvados.
Alles auf Anfang
Im Glas zeigt sich der Dauphin Hors D’Age bronzefarben mit roten Reflexen und offenbart in der Nase sofort eine angenehme Holz-Aromatik. Dennoch – oder gerade deswegen – wirkt er auch ein wenig verschlossen und zeigt nur leichte Fruchtaromen. Dazu gesellen sich dunkle Gewürze und leicht teigige Aromen. Mit der Zeit etabliert sich eine strukturelle Süße, welche an Rosinen erinnert. Es dauert eine ganze Weile, bis sich das typische Apfel-Aroma öffnet und peu à peu erlebbar wird. Doch es sind diese so typischen Aromen, welche sich nunmehr finden lassen: Holz, Apfel, Rosine und Gewürze – die klassische Partitur eines Apfelkuchens.
Die Frucht braucht dabei gehörig Anlauf, wird jedoch stärker und intensiver. Es sind vor allem herbe Apfelnoten, die sich herauskristallisieren und auf einer Welle getragen werden, die mit leicht ätherischen Aromen kokettiert. Dunkle, reife Äpfel werden von Ihr später hervorgespült und umgeben sich mit Röstaromen, die jedoch nunmehr weich und cremig daherkommen. Die Zeit wirkt hier wahre Wunder.
Die dunkle Seite der Frucht
Im Mund zeigt sich der Hors D’Age von Anfang an sehr breit und voluminös. Auch hier stellen Holz und Gewürz das Entrée dar und wirken wärmend. Schnell hat man eine Idee von Kaffee am Gaumen. Die Äpfel, die sich immer stärker in den Vordergrund spielen wirken wie auf einem Grill gebraten. Sie kommen schwer und irgendwie energetisch daher. Der Körper zeigt sich so wuchtig, dass kaum Platz für Säure oder eine Filigranität bleibt. Es sind dunkle, kompakte Aromen, die sich unter die Frucht legen und die Idee von einem Apfel-Hefe-Kuchen deutlich transportieren. Die Wirkung ist unglaublich rustikal.
Im zweiten Schluck findet sich eine unglaubliche Süße, die nunmehr auch die Würze und das Holz zu einer eleganteren Einheit bringt. Und dennoch steht die Schwere und Wuchtigkeit – auch der Äpfel – hier eindeutig im Zentrum der sensorischen Arbeit – ebenso in der Textur.
Er wirkt dick, dicht und cremig in seiner süßen Struktur und so verbleibt er im Nachklang auch am Gaumen. Man hat das Gefühl, als wenn schlussendlich die Äpfel wieder hinter einem großen und schweren Vorhang verschwinden und erst wieder zum nächsten Schluck, zur nächsten Aufführung hervor gelassen werden.
Eine breite und wuchtige Tür
Mit dem Calvados Hors D’Age von Dauphin lässt sich hervorragend zeigen, zu welcher Intensität Äpfel und die Arbeit mit Fässern in der Lage sind. Das Haus Dauphin selber stellt bekannter Maßen ja eher die Einstiegsqualität für die Spirituosenkategorie Calvados dar, doch mit diesem älteren Hors D’Age zeigt man sich von seiner kräftigen und vor allem deutlich komplexeren Seite.
Mit diesem Calvados öffnet sich eine breite und wuchtige Tür hin auf eine Ebene, die sich vielschichtig in ihren aromatischen Möglichkeiten vor einem öffnet und die mich – und da bin ich meinem Weinhändler von damals sehr dankbar – dazu gebracht hat, das Thema Calvados seit diesem Abend im Jahr 2013 genauer zu betrachten.
Allgemeine Informationen
- Hersteller: spirit france
- Alter: min. 6 Jahre
- Alkoholgehalt: 40% Vol.
- Farbstoff: k.A.
- Kühlfiltration: Ja
Vielen Dank an Reidemeister & Ulrichs für die Bereitstellung der Flasche. Außer Calvados ist hier nix geflossen.