Mit Espolon Tequila tauchte vor einigen Jahren eine Flasche auf, die schnell für Furore sorgte. Bezahlbar und dennoch eine enorme Qualität – so macht Tequila richtig Spaß! Und dazu noch in einer Reposado-Qualität, die kraftvoll und vielseitig ist. Ursprünglich auf spirit-ambassador.de erschienen, hat dieser Artikel eine Lesedauer von ca. 4 Minuten.
Das man es in Los Altos, den Highlands im mexikanischen Bundesstaat Jalisco versteht, Tequila zu erzeugen – davon zeugen unzählige Beispiele. Einige mit einer uralten Tradition, andere mit einer nicht ganz so langanhaltenden Geschichte. Zumindest was die Herstellung betrifft. Dass die 1998 gegründete Destiladiora San Nicolas beides vereint, lässt sich mit den Abfüllungen von El Espolòn fantastisch nachvollziehen. Sowohl, was den Markenauftritt – aber noch viel wichtiger: was den Geschmack betrifft. Nach dem Espolòn blanco wollen wir heute den älteren Bruder, den Reposado vorstellen.
Von Agaven, Brennblasen und Fässern – ein Spagat zwischen Tradition und modernem Know How
Das, was der Master Distiller Cirilo Oropeza hier mit seinem Kompagnon Raul Plascencia produziert entstammt dem Wunsch nach traditioneller Authentizität und Qualität, aber auch nach Skalierbarkeit und Qualitätskontrolle. Daher hatte man sich bei der Gründung der Brennerei dazu entschlossen, den äußeren Stil entsprechend auf Altbewährtes zu setzen und artesenale Grundzüge der Herstellung von Tequila beizubehalten; das Equipment jedoch sollte neu sein und den Maßstäben der Zeit entsprechen. Eine handwerkliche Emulsion, die schon bei der Auswahl der Pflanzen beginnt.
Jene, hier in den Highlands wachsenden Agaven sind geprägt von dem Calcium-armen Boden und den besonderen klimatischen Bedingungen des Hochlandes, welche sich vor allem in heißen Tagen und demgegenüber kühlen Nächten ausprägt. Diese Gegensätze der Temperatur sorgen dafür, dass sich hier die ausschließlich benutzten blauen Weberagaven äußerst prächtig entwickeln und einen hohen Zuckergehalt aufweisen.
Die Agaven werden im Alter von meistens sieben Jahren geerntet und die Piña – das Herz in einer Autoklave für mindestens 22 Stunden gekocht. Dies ist deutlich länger, als es gesetzlich vorgeschrieben (18h) ist. Die anschließende Fermentation erfolgt in einem von 26 Edelstahltanks zu je 26.000 Liter Fassungsvermögen und nach rund 72 Stunden gewinnt man so einen Alkoholgehalt von 4%vol. bis 7% Vol.. Man lässt sich auch hier viel mehr Zeit, als es für die meisten Tequila tatsächlich gemacht wird.
Die Destillation erfolgt sowohl in Pot als auch in Column Stills und stellt auch dabei eine spannende Verbindung von Tradition und Moderne dar. Am Ende der zweifachen Destillation steht ein Rohbrand von 55% Vol., welcher dann für die Reposado-Qualität für zwei bis fünf Monate in frischen, leicht getoasteten 200l Fässern aus amerikanischer Eiche gelagert wird.
Von der Vielfalt in Herstellung und auf dem Etikett
Analog zu der blanco Qualität ziert auch hier ein Motiv in der berühmten día de los muertos Stilistik das Etikett. Wir sehen unseren Helden Guadalupe mit seiner Frau Rosarita auf dem Markt. Diese Markplätze waren und sind für die mexikanische Gesellschaft von zentraler Bedeutung, spielt sich doch auf ihnen das Leben der Gemeinschaft ab, wie es schon zu Zeiten der Azteken der Fall gewesen war. Auch den heimlichen Helden der Geschichten, den Hahn Ramon finden wir krähend wieder. Ein treffendes Sinnbild zwischen der generationen-verbindenden Herstellung, der grundsätzlichen Philosophie von Espolòn Tequila und der allgegenwärtigen Geschichte auf den Straßen Mexikos.
Von staubigen Straßen und Bienenwaben
Im Glas zeigt sich der Espolòn Reposado in einem blassen Bronze-Ton. Sofort versprüht er Aromen von Holz und Agave in der Nase, aber auch feine Noten von mineralischem Honig oder Bienenwachs. Die Holznuancierungen wirken elegant integriert und edel und unterstreichen die wenig kitschige, trockene Grundcharakteristik. Ein Hauch Rosenblüte versteckt sich ganz verspielt neben kräftigerem Zimt. Die Agave verhält sich deutlich, aber zurückhaltend. Das Bild einer staubigen Landstraße mit Disteln am Rand zeichnet sich in meinen Gedanken. Getrocknete gelbe Früchte – Äpfel – erweitern diese Szenerie. Mit der Zeit wird die Struktur wuchtiger und offener und das Holz spielt seine ganze Kraft aus. Dementgegen etabliert sich eine Frische, die sich wie ein Flickenteppich über das Holz legt. Kaffeenoten stolzieren über die Straße und ganz subtil zeigen sich Orangen. Die Würzigkeit bewegt sich weiter zwischen Zimt, Pfeffer und etwas Beifuß.
Im Mund wirkt der Espolòn weitaus dicker als erwartet, aber vermeidet dennoch eine übertriebene Kitschigkeit. Das Holz belegt die Zunge und zeigt seine trockene Kraft, welche durch die Gewürze unterstrichen wird. Hier wirkt die Agave deutlich zurückhaltender, fast schon untergeordnet. Die Orangenzesten hingegen bilden eine feine Kontrapunktion. Generell wirkt er frisch am Gaumen, dunkel und kernig, doch irgendwie erscheint die Textur auch cremig – fast schon sich permanent selber widersprechend. Auch der Honig findet sich. Die Äpfel zeigen sich förmlich dekonstruiert und offenbaren neben einer schmeichelnden Fruchtigkeit auch tanninige Elemente, die eher an Apfelstiele und Kerne erinnert.
Auch hier bringt die Zeit mehr Wucht mit sich und eine deutlich cremigere Textur. Er wirkt griffiger, irgendwie stoffiger – verliert jedoch dabei etwas an Struktur. Diese Komplexität, die sich auszuufern anbahnt, wird dunkler und dunkler. Am Gaumen zeigt sich im Nachklang eine leicht bittere Adstringenz, die jedoch erfrischend wirkt. Dazwischen in den Erinnerungen Beifuß und die Idee von Tomatenstrunk. Die Süße des Honigs wirkt in diesem langen und warmen Nachklang verloren gegangen – aber dafür gibt es ja den nächsten Schluck.
Moderner Tequila – moderner Genuss
Der Espolòn Reposado ist ein vielseitiger Tequila, der sich definitiv lohnt, einmal genauer betrachtet zu werden. So lebendig wie ein mexikanischer Markt bietet er verschiedenste Aromen feil, die sich zu einem kräftigen, aber angenehmen Profil vereinen. Auch hier gilt unbedingt wieder die Devise: Trotz witzigem Label Finger unbedingt weg von albernen Trink-Ritualen. Einfach pur oder in einem Tequila Old Fashioned mit Agavendicksaft genießen. Ein Stengel gegrillten grünen Spagels als Stirrer dazu und gegrillte Wassermelone als Foodpairing. Das klingt im Übrigen nur im ersten Moment verrückt, spätestens nach dem ersten Bissen ist dies ein fester Bestandteil jedes BBQs – das Rezept dazu gibt es hier auf dem Blog der fantastischen Nanc.
Besser kann man ein Tequila-BBQ gar nicht einleiten, durchführen und beenden.
Allgemeine Informationen
- Hersteller: Destiladora San Nicolas
- Alter: 2 bis 5 Monate
- Alkoholgehalt: 40% Vol.
- Farbstoff: k.A.
- Kühlfiltration: k.A.
Vielen Dank an Campari Deutschland für die Bereitstellung der Flasche. Außer Tequila ist hier nix geflossen.