In diesem Artikel erfährst Du nicht nur etwas über den Hot Buttered Rum, sondern auch eine ganze Menge über US-amerikanische Geschichte und englische Butter. Ideal für die winterliche Lektüre und den Genuss. Zuerst auf spirit-ambassador.de erschienen, hat dieser Beitrag eine Lesedauer von ca. 5 Minuten.
Beginnt man mit der Recherche zu einem bestimmten Drink, so macht es immer Sinn, sich diesem entweder über seine Geschichte und die damit verbundenen Umstände zu nähern; oder man arbeitet sich über die wichtigste Zutat hinüber zum großen Ganzen. Für diesen Fall sollte man versuchen, beides gleichzeitig zu tun, denn nur so versteht man die Besonderheit jenes Drinks. Einer amerikanischen Institution mit – wie so oft – europäischen Wurzeln, die für lange Zeit in Vergessenheit geriet, bevor sie vor ein paar Jahren durch Bartender auf der ganzen Welt peu a peu wiederbelebt wurde. Die Rede ist von einem der energiereichsten Drinks der Welt: dem Hot Buttered Rum.
Über amerikanischen Rum
Zumindest für die meisten Gäste einer Bar ist auch heute noch der Hot Buttered Rum ein gewöhnungsbedürftiges, oder zumindest unbekanntes Getränk. Aber wer kommt auch schon darauf, dunklen Rum mit Gewürzen, Butter und heißem Wasser zu vermischen? Die Antwort ist eigentlich ganz einfach: die Geschichte.
Cocktails mit Rum sind keine Seltenheit auf den Karten dieser Welt. Klassiker wie Mojito oder Daiquiri kennt jeder und jene bekommt man auch – in unterschiedlicher Qualität – in jeder Bar auf diesem Planeten. Mir Rum verbinden wir tropische Strände, Urlaub und auf jeden Fall Sommer. Nur wenige kommen noch auf die Geschichte mit dem Grog, jener heißen Variante mit Tee oder Zitrone, dafür braucht man schon Seefahrer in der Familie. Wie nun aber bringen wir Rum und Winter in Einklang, ist doch Schnee und Eis eher untypisch für die Regionen der Welt, in denen Rum eigentlich herkommt? Mit ein bisschen Nachhilfe in amerikanischer Geschichte, denn bevor man dort vorwiegend Alkohol aus Getreide – Whiskey – erzeugte, war Amerika das Land der Rum-Destillerien. Vor allem die Neuengland-Staaten waren ein wichtiges Rum-Zentrum. Zumindest bis zur amerikanischen Revolution. David Wondrich brachte es mal auf den Punkt als er sagte, „damals – und das gilt noch bis in das frühe und mittlere 19. Jahrhundert war Whiskey ein Getränk der unteren Schichten. Die Upper Class trank Cognac bzw. Brandy und Rum„.
Die Nähe zu den karibischen Inseln mit ihren Rohzuckerfeldern trug dazu bei, dass Melasse als Basis für Rum ein permanent erhältliches Produkt war. Von daher war dieser Bestandteil des täglichen Lebens und damit ist es weniger verwunderlich, dass man sich ihm auch im Winter bediente. Gerade in Neuengland können die Winter dazu noch unglaublich kalt sein.
Und englische Butter
Wenn Rum in Neuengland also ein stetiger Begleiter war, so bleibt die Frage, wie kommt die Butter in meinen Rum? Dafür muss man zurückreisen in die alte Welt, nach Europa. Genauer gesagt nach England des späten 16. Jahrhunderts. Dort veröffentlichte 1596 ein gewisser Thomas Dawson sein Haushaltsbuch mit dem Titel „The good huswifes jewell“, in dem die Vermischung von Butter, Gewürzen und Ale zu einem kräftigenden Getränk empfohlen wird.
Diese beiden Stränge verbinden sich zu einem Drink, der spätestens im 19. Jahrhundert eine weitreichende Popularität erfahren haben muss. Nicht nur Charles Dickens verweist auf ihn in seinem 1854 erschienenen Werk „Schwere Zeiten“, auch der berühmte Bartender Jerry Thomas greift auf diesen Drink zurück. Unter dem Namen Hot spiced Rum führt er in seinem 1862 erschienenen Handbuch einen Drink auf, der aus Zucker und Jamaika Rum, einer Gewürzmischung aus Piment und Nelken, sowie ein wenig Butter besteht und der mit heißem Wasser aufgegossen wird. Schlussendlich also eine einzelne und a la minute zubereitete Version des Hot Buttered Rums.
Jedem Anfang wohnt ein „Entschuldigen Sie, da schwimmt Butter in meinem Rum“ inne
Irgendwann jedoch erschien dieser Drink nicht mehr zeitgemäß und versank in der tiefen Cocktail-Versenkung des 20. Jahrhunderts. Erst in den 2000er Jahren wurde der Drink wiederentdeckt und verbreitete sich allmählich über die Bar-Karten dieser Welt. Nicht so rasant wie andere Drinks vergangener Tage – man erinnere sich an den Last Word Cocktail; aber heiße Drinks haben es – vor allem hierzulande – eher schwer, sich gegen Glühwein und Co. durchzusetzen. Doch es lohnt, sich genauer mit dem Hot Buttered Rum auseinanderzusetzen, da er nicht nur etwas für die heimische Küche, sondern mit ein wenig Vorbereitung auch eine hervorragende Wahl für die Barwelt ist – wie in den letzten Jahren zunehmend bewiesen wird. Auch wenn es für viele Gäste tatsächlich noch etwas verwundernd anmutet, so weiß man spätestens nach dem ersten Schluck, dass der Drink seine absolute Berechtigung hat. Und der große Vorteil: am Ende ist er einfach zu zubereitet. Es bedarf nur ein paar kleiner Vorbereitungen.
Gewürze und Butter
Die von Jerry Thomas publizierte Variante ist vielleicht die schnellste und einfachste, doch wird sie nicht die Aromen erzeugen, die wir wollen. Butter und Gewürze getrennt in das Getränk geben bringt nicht den so wunderbaren Moment, als wenn man vorher eine Gewürzbutter selbst herstellt. Zumal dann später einfach darauf zurückgegriffen werden kann und man effizienter arbeitet.
Grundsätzlich für die Gewürzkomposition gilt: erlaubt ist was schmeckt. jegliche winterlichen Gewürze empfehlen sich. Wir haben uns für eine etwas voller Aromatik entschieden und greifen daher auf viele verschiedene Aromen zurück. Dazu werden Zimt, Piment und Nelken in einem Mörser zermahlen. Bereitgelegt werden weiterhin Rosinen, eine Vanilleschote und ein halber kleingeschnittener Apfel sowie etwas brauner Zucker.
Die Butter (1/2 Pfund) – bitte ungesalzene – wird in einem Wasserbad verflüssigt – Vorsicht! es darf nicht heiß werden – und dann werden die Gewürze, die Früchte als auch Vanille und der Zucker hinzugegeben. bei niedrigster Temperatur alles für knapp 1 Stunde stehen lassen und anschließend durch ein feineres Sieb in eine verschließbare Schale oder Schüssel geben. Dieses einfach in den Kühlschrank stellen und später bei Bedarf die Butter für den Drink stückchenweise verwenden.
Rum und heißes Wasser
Mit der vorbereiteten Butter ist das Aufwändigste für den Hot Buttered Rum getan. Nun Rum – am besten einen kräftigen Jamaika-Rum wie Appleton oder – wer es etwas kräftiger mag – Smith & Cross mit 50 ml in ein hitzebeständiges Glas geben, 1 Teelöffel der Gewürzbutter dazu, mit heißem Wasser aufgießen und mit etwas Zucker sowie ein paar Spritzern frischer Orange abschmecken. Als Garnitur gerne etwas Muskatnuss auf den Drink reiben und zum Umrühren mit einer Zimtstange servieren.
Wer es etwas fruchtiger mag, der kann gerne das heiße Wasser gegen heißen Apfelsaft ersetzen. So oder so, dieser Drink gibt Wärme und Energie – genau das richtige an kalten Winterabenden.
Und ganz nebenbei bemerkt: das Ganze funktioniert mit Cognac genauso gut!