In diesem Artikel lernst Du die Geschichte hinter Revolte Rum kennen und damit einen der ersten Rums aus Deutschland. Was macht Ihn aus und warum eignet er sich so unglaublich gut zum Mixen? Erstmals auf spirit-ambassador.de erschienen, hat dieser Beitrag eine Lesedauer von ungefähr 4 Minuten.
Rum wird auf der ganzen Welt gemacht und die ganze Welt kennt Rum und lernt ihn auch immer mehr zu schätzen. Aus Zuckerrohrsaft oder Melasse destilliert, gibt es viele verschiedene Arten und Geschmäcker. Und egal ob als Sipping-Rum pur genossen oder in Cocktails – bei dem Thema Rum entstehen oft Bilder von karibischen Stränden, südamerikanischen Bergen oder abenteuerlichen Seefahrer-Geschichten. Ja selbst an das kleine Flensburg denken viele bei diesem Thema, ist doch diese deutsche Handelsstadt aufs engste mit Rum, vor allem in verschnittener Form verbunden. Man könnte eine lange Liste wichtiger Städte und Regionen anlegen, die für Rum von unsagbarer Bedeutung sind – Worms würden wohl die wenigsten nennen. Ein junger Mann möchte dies ändern.
Felix Georg Kaltenthaler – 23 Jahre jung – ist Sohn aus einer Obstbrenner- und Weinbau-Familie in vierter Generation. Der Vater macht Wein und der Onkel besitzt eine kleine Brennerei, die sich auf Obst spezialisiert hat. Und seit kurzem destilliert der junge Betriebswirt Rum – Made in Germany.
Wenn man in einer solchen Familie aufwächst, so entwickelt sich ziemlich schnell eine Verbindung zu den hochgeistigen Erzeugnissen und dem dahinterstehenden Handwerk. Dies war auch die Motivation, im Sinne des familiären Arbeitens Betriebswirtschaft zu studieren, um später die Familien-Obstbrennerei weiterzuführen. Doch im Gegensatz zu seiner Familie begeisterte er sich hochgeistig vor allem für Rum. Nicht ganz unschuldig an dieser Entwicklung – so gesteht er selber ein – war der Cuba Libre. Das Getränk, mit dem er erstmalig Kontakt zu Bacardi, Havana Club oder Pampero bekam. Bis dahin eine sehr typische Studentenkarriere in Bezug auf den Genuss alkoholischer Getränke. Mit der Zeit entwickelte sich neben der privaten Rum-Sammlung auch der Wunsch, mit dem Familienwissen einen eigenen Rum zu brennen. Diese Idee wurde um 2012 herum immer konkreter, doch leider besaß man nur eine Abfindungsbrennerei. Die rechtlich benötigte Verschluss-Brennerei kam erst später in die Familie.
Zum Ende des Studiums wurde diese Rektifikations-Anlage angeschafft und man begann mit den Vorbereitungen für den eigenen Rum, der auf der Grundlage von Melasse destilliert werden sollte. Ein Händler aus Bremen versorgte ihn mit Proben, die in kleinen Mengen ausprobiert wurden und nach einigen Testreihen entschied man sich für ein Produkt aus Papua-Neuguinea. Die erste Tonne wurde kurze Zeit später bestellt.
Aus der Wein-Erfahrung seines Vaters beschäftigte sich der junge Destillateur mit der gezielten Fermentation mittels eines eigenen Hefe-Stamms, was später für den Geschmack des Rums von großer Bedeutung ist. Nach der Destillation in der rum-untypischen Rektifikation-Anlage – dem klassischen deutschen Obstbrenn-System – darf das Destillat für sechs Monate in Steingutfässern ruhen, bevor es dann als Revolte Rum mit 41,5%vol. abgefüllt wird.
Mit Rohrzucker auf Krawall gebürstet?
Zugegeben, die Namensfindung irritiert anfänglich ein wenig und lässt erstmal an jugendliches Cuba Libre Trinken denken. Die Idee dahinter ist jedoch weit tiefgründiger und auf das Jahr 1500 zurückzuführen und verbindet sich mit der Herkunft des jungen Roneros. Damals stand Martin Luther im Wormser Reichstag und verteidigte seine 95 Reden, die er kurz zuvor an eine Kirchentür in Wittenberg nagelte. Dieses Ereignis ist in Worms allgegenwärtig und natürlich Bestandteil der kulturellen Bildung. Die Worte „Hier stehe ich und kann nicht anders“ Luthers sind zu einem Leitmotiv für Kaltenthaler geworden.
„Das war schon immer etwas was mich sehr inspiriert hat. Wenn jemand für seine eigenen Werte einsteht und sich dabei gegen etwas übermächtiges auflehnt. Das ist auch etwas, dass mich ganz gut beschreibt. Für mich war dann auch schnell klar, dass ich etwas rebellisches machen will, etwas was zu mir passt und mich als Person auch auszeichnet“
Felix Kaltenthaler
Und wenn man sich dann noch vor Augen führt, dass sich der Begriff eventuell vom englischen rumbullion ableitet, was für Aufstand oder Tumult steht, dann schließt sich der Kreis und man kommt bei einer sehr modernen Flasche Rum an. Rum aus Worms.
Doch was kann dieser deutsche Rum-Aufstand?
In der Nase zeigt sich sofort ein kräftiges Zuckerrohr-Aroma. Erstaunlich kräftig mit deutlichen Ester-Noten und einer Menge gelber Früchte. Sehr ausdrucksstark entstehen Aromen von grünen Bananen und Kakao-Bohnen. Der erste Eindruck ist erstaunlich und vor allem völlig untypisch für einen weißen Melasse Rum. Einem Ratschlag Philip Reims (eyeforspirits.de) folgend, werden einige Tropfen Wasser hinzugegeben. Dadurch entstehen tatsächlich kräftige Birnen-Aromen, die jedoch eher an die Schale, als an die Frucht denken lassen. Dazu gesellen sich Muskat und Pfeffer. Je länger dieser Rum die Zeit hat, in der Nase zu wirken, desto irritierter ist man. Deutlich grasige Noten und Minerale lassen sich finden, sogar Heu und etwas Jod. Würde man nicht wissen, dass es sich hierbei um einen Melasse-Rum handelt, wäre eine Verwechslung mit einem Rhum Agricole nicht auszuschließen.
Im Mund wirkt der Rum deutlich leichter als in der Nase, wobei die grasigen Noten hier deutlich schneller zu erkennen sind und die Gewürze und gelben Früchte etwas Zeit benötigen. Eine frische und knackige Mineralität macht erst sehr spät Platz für die Süße, die in ihrer ganz eigenen Art an Malz erinnert. Diese nächste Entwicklung bildet die Hauptmerkmale des Nachklangs. Eine malzige Süße mit feinen Aromen von Limette wird mit der Zeit immer grüner. Leicht bittere Nuancen gehen einher mit der Erinnerung an die stark ausgebaute Mineralität und auch der Pfeffer gesellt sich wieder dazu.
Alles in allem ein enorm spannender Rum, der mit seiner Komplexität definitiv zu überzeugen weiß und für den geneigten Rum-Kenner eine interessante Abwechslung verspricht. Doch nicht nur pur sorgt er für eine Aroma-Vielfalt. In einem klassischen Rum-Sour weiß er mit seiner Ausdrucksstärke genauso zu überzeugen, wie in einem traditionellen Punch. Seine Nähe – zumindest im geschmacklichen Sinne – zu Rhum Agricole machen ihn zu einem spannenden Grenzgänger. So ist es nicht verkehrt, wenn man ab sofort Worms mit auf der großen Karte des Rums hat.
Allgemeine Informationen
- Hersteller: Destillerie Kaltenthaler
- Alter: 6 Monate
- Alkoholgehalt: 41,5% Vol.
- Farbstoff: Nein
- Kühlfiltration: k.A.
Vielen Dank an Revolte Rum für die Bereitstellung der Flasche. Außer Rum ist hier nix geflossen.