Erfahre in diesem Beitrag alles über den Macallan Sienna aus der viel diskutierten 1824er Reihe. Ein No-Age-Statement Single Malt der High End-Liga, den man getrunken haben sollte. Ursprünglich auf spirit-ambassador.de erschienen, hat dieser Artikel eine ungefähre Lesedauer von 4 Minuten.
Über Macallan Whiskys zu schreiben ist immer etwas kompliziert. Die Erwartungen an solche Texte sind stets hoch und verlangen extreme Positionen zwischen völliger Ablehnung – zumindest der neuen Abfüllungen gegenüber – und stets verehrender Andacht der alten Flaschen, dieser als Rolls Royce annoncierten schottischen Exponate. Vorwegnehmend kann eine Verkostung von Whiskys aus dem Hause, welches oberhalb von Charleston of Aberlour in der Speyside liegt, nur eines sein: ein großes Vergnügen. So auch dieses Date mit einem Macallan Sienna.
Erinnerungen an das erste Mal
Es war im Jahr 2013, als sich Macallan anschickte, seine neue – damals noch unbekannte 1824er Range auf dem deutschen Markt zu lancieren. Damals, auf der Finest Spirits in München, konnte man unter dem Tresen der Damen und Herren von Beam – damals noch Beam global – die neuen Abfüllungen verkosten. Ohne Altersangabe kamen sie daher und sie versprachen wie zu früheren Zeiten die ausschließliche Verwendung von Sherry-Fässern und eine völlig natürliche Farbe. No age statement Whiskys wurden erst noch zum Stein des Anstoßes und naiv betrachtet war es eine spannende Verkostung. Schließlich wurden die mit amerikanischen ex-Bourbon-Fässern teilgereiften Whiskys der fine oak Reihe eher etwas abschätzig kommentiert. Hier nun also wieder reine Sherryfässer.
Ich war etwas aufgeregt, als ich erstmalig dieses damals noch gut gehütete Geheimnis verkosten durfte. Sicherlich sind solche Messen eher weniger geeignet, in die schier unendlichen Aromawelten einzutauchen, aber eines blieb mir im Gedächtnis: ein großes Gefallen und die Erinnerung an frühere Tage, in denen Macallan gänzlich auf Sherry-Fässer setzte. Es war aufregend und delikat.
Vergleiche und Schmähungen
Es vergingen wohl noch ein paar Monate, bis die nach dem Gründungsjahr 1824 benannte Reihe auf dem deutschen Markt erhältlich war. Doch schnell offenbarte sich, dass weniger über den Geschmack der Whiskys gesprochen wurde, sondern vielmehr über das Wegfallen einer Altersangabe und das Ersetzen jener durch Farbbezeichnungen. Ein mutiger Schritt seitens Macallans, aber einer, der von vielen nicht positiv aufgenommen wurde. Schnell war die eigentliche Qualität der Abfüllungen egal, erhob man doch die Stimme zu einem kollektiven „früher war alles besser“. Es dauerte eine ganze Weile und vor allem viele NAS-Abfüllungen anderer großer Brennereien, bis sich der Tumult legte und man sich dezidiert mit der wirklichen Qualität der Whiskys beschäftigte. Und siehe da, schnell wurde der Sienna als ein wahrlich ausgezeichneter Macallan von großem Format wahrgenommen.
Vor allem die Verarbeitung von ausschließlich first-fill Sherryfässern aus amerikanischer und europäischer Eiche sorgt für eine große Struktur der Aromen. Diese so typische Macallan-Philosophie war eigentlich ein Rückschritt hinter die fine oak Reihe und zollte in ihrer Machart dem Wunsch nach klassischen Macallans Respekt. Und man hätte sich eigentlich auch darauf verlassen können, was Bob Dalgarno, der Whisky-Macher von Macallan, dort in die Flasche brachte.
Wenn Harmonie zum Leitbild wird
Im Glas zeigt sich der Macallan Sienna von einer kupfernen, sehr dunkel leuchtenden Erscheinung. In der Nase wirkt er erst einmal zurückhalten, ja fast schon schüchtern. Unglaublich elegant und fein eröffnet sich sein Aroma und zeigt erste Noten einer leichten Würze und edler Hölzer mit einer subtilen und leisen Krautigkeit. Dörrobst findet sich, jedoch ohne die allzu oft auftauchende extreme Süße. Diese wird vielmehr ausgeglichen durch etwas Karamell und Schokolade – dazu eine leichte Nussigkeit. Fruchtaromen finden sich nur vereinzelt, wenn dann von roten Früchten – Kirschen und Zwetschgen – und nie aufregend. Er ist leise, dieser Whisky, aber enorm komplex in seiner Struktur. Eine virtuose Aromenentfaltung in piano mit vereinzelten crescendi. Die Zeit bringt Quitten mir sich, eine gewisse Grasig- und Strohigkeit, aber vor allem eine perfekte Harmonie.
Mit der Zeit werden die Aromen deutlicher, lauter. Die Süße wird dezidiert durch Toffee geprägt und die Kräuter bleiben erhalten. Generell wird er lauter, opulenter und etwas dunkler. Die Frucht ist immer noch schwer zu finden und ergänzt sich, wenn überhaupt durch etwas getrocknetes Obst (wieder Quitte). Hier gibt ganz eindeutig die Würze die Struktur vor.
Im Mund wirkt der Sienna sanft und charmant, aber deutlich energetischer. Fast überrascht einen diese Energie. Viel Würze und Holz – Kirschholz – und Pfeffernoten im ersten Moment. Dann Wärme, Schokolade und Aromen von reifen Pflaumen. Auch hier vermisst man eine überbordende Süße – nicht. Auch die Krautigkeit der Nase bleibt erhalten und bildet eine sehr breite Textur. Mit etwas Geduld wird der zweite Schluck breiter, weicher und cremiger. Die Frucht wird kräftiger und offenbart sich mit Aromen von Quitten und gebackenen Äpfeln, welche warm und würzig wirken. Diese spannende Dynamik zwischen herb und cremig ist – auch wenn der Whisky immer noch äußerst elegant daherkommt – absolut spektakulär.
Der Nachklang leitet sich mit feinen Nuancen von Zimt und Orange ein und wirkt mit einer perfekt inszenierten leichten Säurestruktur frisch und leicht. Trotz der grundsätzlichen Herbheit wirkt er damit unglaublich trinkig, doch stets elegant.
Was zu sagen übrig bleibt
Was für ein großartiger Whisky! Seine Eleganz wird nur noch dadurch überboten, dass er für eine solche Fulminanz an Aromen keine Lautstärke benötigt. Debatten darüber, ob dieser Whisky mit einem Alter auf der Flasche besser wäre, sind völlig obsolet. Hier zeigt sich eindrücklich, warum Macallan immer noch die Qualität hat, auf die sich oben genannte Liebesbekundung Rolls Royce begründet. Der Sienna ist ein absoluter Feingeister und ein idealer Begleiter für einen eleganten Abend. Einfach ein großartiger Whisky.
Allgemeine Informationen
- Hersteller: The Macallan Distillery
- Alter: NAS
- Alkoholgehalt: 43% Vol.
- Farbstoff: Nein
- Kühlfiltration: Ja
Vielen Dank an Beam Suntory Deutschland für die Bereitstellung der Flasche. Außer Whisky ist hier nix geflossen.