Der Glenfiddich 15 ist einer dieser Whiskies, die man immer übersieht. Und dies trotz der Tatsache, dass für seine Herstellung einiges an Aufwand betrieben wird, das man sich bei einer Brennerei-Besichtigung ruhig anschauen sollte, denn hinter Tür Nummer 8 geschieht wundervolles. Ursprünglich auf spirit-ambassador.de erschienen, hat dieser Beitrag eine ungefähre Lesezeit von 3 Minuten.
Auf bestimmte Whiskys sind die Brennereien besonders stolz. Das merkt man an der Art und Weise, wie über die Produkte gesprochen wird, oder an einer ganz besonderen Verpackung oder manchmal auch am Preis. Glenfiddich, die berühmteste aller Speyside Brennereien geht dabei noch einen Schritt weiter. Wenn man die Reise nach Dufftown auf sich nimmt – und das sollte man unbedingt tun; so gibt es eine eigene Führung für einen ganz besonderen Whisky, auf dessen handwerkliche Entstehung man besonders stolz ist. Es ist nur ein kleiner Umweg, den man dabei auf dem Gelände dieser wundervollen Brennerei machen muss, doch dieser Umweg führt einen direkt vor eine Tür. Die Tür des berühmten Warehouse Number 8. Hier steht das große Solera Fass, in dem man drei unterschiedliche Fässer miteinander vermählt. Whiskys aus ex-Bourbon Fässern, aus ehemaligen Sherry-Fässern europäischer Eichen und aus frischer amerikanische Weißeiche werden hier in Anlehnung an das Solera-Verfahren spanischer Sherrymacher miteinander zur Ruhe gebracht und erzeugen so einen der bekanntesten 15jährigen Whiskys Schottlands: Glenfiddich 15 – unique solera reserve. Dieser wird dann auch nur Chargen-Weise aus dem Solera Fass entnommen. Es bleibt dabei immer ein großer Prozentteil im Fass, um dem klassischen Solera-Prinzip treu zu bleiben.
Erinnerungen an den Herbst
Kupferfarbend leuchtet dieser Glenfiddich im Glas und strahlt Erhabenheit aus. Eine schwere, saftige Süße von Rosinen vermischt sich mit typischen Holznoten, die einen Eindruck von Staubigkeit erwecken. Dazwischen gebackener Apfel und eine Kindheitserinnerung von Orangeat und Zitronat – Christstollen. Selbst eine gewisse Hefe- und Teigstruktur findet sich in der Nase. Der Grundton ist deutlich dunkel, wird jedoch durch eine filigrane Säure spannend aufgebrochen, ja fast schon ausgeglichen und erinnert an noch unreife Pflaumen. Eine tolle Dynamik dank des Wechselspiels zwischen Frucht und Holz. Nach einer Weile kommen Gewürze dazu, Cacao und etwas Kaffee. Vom winterlichen dreht sich die Zeit ein wenig zurück und es etablieren sich herbstliche Impressionen.
Bescheidene Opulenz
Auch im Mund finden sich primär süße Früchte, bei denen die gebackenen Äpfel die Hauptrolle spielen. Rosinen gesellen sich etwas später dazu. Durch seine enorme Cremigkeit erinnert er an die Hefeblech-Kuchen meiner Mutter – mit Äpfeln und Pflaumen, Rosinen und karamellisiertem Zucker. Trotz dieser breiten Fülle wirkt der 15jährige Glenfiddich strukturiert. Vor allem durch Noten von Zimt, Sternanis und etwas Kardamom. Doch auch Schokolade spielt eine Rolle, legt sie sich doch wie bei Pralinen um die Rosinen. Diese voluminösen Harmonien von Frucht und Süße spielen sich fast gänzlich auf der Zunge ab. Am Gaumen dominieren fast schon trockene Gewürze. Mit der Zeit kommen exotische Früchte dazu und Birnen – hier jedoch eher die hartschaligen. Es erinnert ein bisschen an Tanninstruktur, wie man es von Rotweinen kennt. Und die Gewürze werden kerniger, auch Pfeffer gesellt sich angenehm zum restlichen Aromenpotpourri. Man hat das Gefühl, als würde strukturell alles lauter – sowohl die Frucht als auch die Süße und die Gewürzigkeit. Laut, aber niemals unangenehm übertrieben.
Im Nachklang bleibt ein großer, dunkler Raum voller Frucht und Gewürz. Schokolade am Gaumen paart sich mit Orangennoten und erinnert an Soft Cakes. Selbst jetzt kommen noch neue, nussige Aromen am Gaumen zum Vorschein, welche jedoch vor allem die flüchtigen Fruchtnoten triggern und zurückholen. Die Dynamik zwischen Frucht und Gewürz, welche diesen Whisky so lange trägt, löst sich nie ganz auf, wird aber schlussendlich in eine leichte Anis-Frische überführt. Die schier über allem zu schweben vermag.
Eine Flasche Glenfiddich 15 zu öffnen, ist auf jeden Fall ein sensorisches Erlebnis, welchem man ausreichend Beachtung schenken sollte. Diese tolle und spannende Abwechslung macht einfach Spaß und löst sich in einer dynamischen Balance auf, die diesen voluminösen Körper dennoch angenehm trinken lässt. Ein toller Malt, der Lust macht auf den Herbst.
Genießen wir noch den Sommer, wohl wissend, dass der nächste Herbst einen guten Begleiter erfahren wird.
Allgemeine Informationen
- Hersteller: Glenfiddich Distillery
- Alter: 15 Jahre
- Alkoholgehalt: 40% Vol.
- Farbstoff: Ja
- Kühlfiltration: Ja
Vielen Dank an Campari Deutschland für die Bereitstellung der Flasche. Außer Whisky ist hier nix geflossen.