Dieses Firmenporträt erschien ursprünglich auf spirit-ambassador.de und betrachtet die Geschichte der Marke Jose Cuervo von den Anfängen im 18. Jahrhundert bis zur heutigen Zeit. Es ist auch ein Teil der Geschichte des Tequilas selber, denn Jose Cuervo zählt zu den wichtigsten Marken und Firmen der Agaven-Welt. Die ungefähre Lesedauer beträgt 5 Minuten.
Wenn man über Tequila spricht oder schreibt, so kommt man an dem Namen Cuervo nicht vorbei. Ihn synonym zu gebrauchen wäre womöglich übertrieben, aber dennoch ist dieser Name, ist diese Marke und vor allem ist dieser Tequila ein Abbild der Geschichte jener mexikanischen Nationalspirituose, deren Ansehen stetig wächst und vor allem dessen Geschichte so alt ist.
Königlichen Ursprungs
Der Gründung des Hauses Cuervo geht ein Produktionsverbot für mexikanische Destillate aus dem Jahre 1785 voraus. Aus politischen, vor allem jedoch wirtschaftlichen Gründen untersagt der damalige spanische König Carlos III. die Herstellung von – damals noch Mezcal de Tequila – durch die einheimische Bevölkerung. Das Ziel war die Absatzsicherung spanischer Produkte. 1792 wurde dieses Verbot durch den neuen spanischen König Carlos VI aufgehoben und nochmal drei Jahre später – 1795 – erlaubte dieser per Dekret einem gewissen Jose Antonio Maria Guadeloupe Cuervo aus dem Städtchen Tequila die kommerzielle Herstellung des Agavendestillates. Mit dieser höchst offiziellen Genehmigung von so viel höherer Stelle gründete Cuervo als erster Nicht-Spanier ein Mezcal-Unternehmen mit dem Namen ‚Taberna de Cuervo‘ und kultivierte blaue Weberagaven.
Dies gilt gemeinhin als die Geburtsstunde der Tequila-Industrie. Interessanterweise bekam er das Land schon einige Jahre früher – 1758 – geschenkt. Auch vom spanischen König – der hieß damals jedoch noch Ferdinand VI. Die Farm also gab es schon länger, die Tequila-Firma erst ab 1795.
Familienbande, Boom und Einbruch einer Kategorie – das anfängliche 20. Jahrhundert
Wenige Jahre nach der Gründung wird im Jahre 1812 eine neue Brennerei errichtet: La Rojeña, welche nach dem Tode Don Jose Antonios durch dessen Schwiegersohn weitergeführt wurde. Dieser erweiterte die Hacienda auf insgesamt drei Millionen Agavenpflanzen. Die Zeit im 19. Jahrhundert – der des Familiengeschäftes – war vor allem durch den Aufschwung geprägt und durch Innovation; aber auch durch Krieg, Rebellion und die Unabhängigkeit Mexikos.
Ein spannendes und dramatisches Jahrhundert für die Hacienda, welches man jedoch überstand und aus dem man sogar gestärkt hervor ging. Eine bedeutende Zäsur stellt das Jahr 1880 dar, denn damals war man bei Cuervo der erster, welcher den Mezcal de Tequila in Flaschen verkaufte und somit den Handel vereinfachte und in erster Linie vergrößerte. Jedoch musste man auch einen größeren Rückschlag hinnehmen, als 1873 ein ehemaliger Mitarbeiter Cuervos sein eigenes Tequila-Unternehmen gründete. Sein Name: Cenobio Sauza – bis heute der größte Konkurrent für Jose Cuervo Tequila und Martkführer in Mexico selber. Dem Erfolg jedoch tat dies – vor allem global – keinen Abbruch. Unter Jesús Florenz – dem Schwiegersohn des Schwiegersohnes von Don Antonio – blühte die Firma auf und expandierte immer weiter.
Mit seinem Tod übernahm dessen Witwe Ana Gonzales Rubio die Firma und heiratete 1900 den Brennereimeister Jose Cuervo Labastida. Ab diesem Jahr firmierte man offiziell unter dem Namen Jose Cuervo Tequila, da ab 1893 auch gesetzlich unterschieden wurde, was Tequila und was Mezcal ist. Die Marke wurde damit geschaffen und die Firma wuchs, denn im Jahre 1905 nannte man 10,145 ha Pflanzfläche mit knapp 5 Mio. Agaven sein Eigen. Und diese Menge wurde auch benötigt, denn Tequila stieg in seinem Ansehen immer weiter und somit natürlich auch der Erfolg der Firma Cuervo.
Prohibition und Streik gehören zum Tequila
Doch alles Wachstum hat auch sein Ende – und dieses stellte erst einmal die Landreform der 1930er Jahre dar, durch die man rund 1/3 der Agaven verlor. Doch dieser Rückschlag währte nur kurz. Im Zuge der amerikanischen Prohibition wurde das mexikanische Destillat äußerst erfolgreich in die durstigen USA geliefert und Jose Cuervo sowie sein ehemaliger Mitarbeiter Sauza teilten sich den Markt auf.
Durch die gesetzlichen Niederschriften zur Kategorisierung von Tequila und Mezcal in den 1940er Jahren entwickelte sich auch langsam ein Verständnis von Qualität im Business, auch wenn durch den permanenten Anstieg der Nachfrage vor allem sogenannte Mixtos (bis zu 48,5% des Zuckers zur Alkoholherstellung darf anderen Ursprungs sein) immer populärer wurden – vor allem im globalen Markt. Die Preise für die Pflanzen purzelten und diese Spirale führte 1976 zu einem 20-tägigen Streik der Arbeiter und Transporteure, welcher zu einer Agavengenossenschaft führte, die nunmehr kontrollierte Preisstrukturen ermöglichte um den Arbeitern geregelte Einkommen zu gewährleisten.
Chicken Wings und große Firmen – die weite Welt geht nie ohne die Familie
Im Jahre 1970 gingen erstmalig größere Teile des Familienunternehmens an eine weitere Firma – Distribidora Bega. Dies war seinerzeit der größte Abfüller und Vertrieb alkoholischer Produkte in ganz Mexiko und gehörte schlussendlich zum mexikanischen Ableger von Kentucky Fried Chicken. Und ja, scharfe Chicken Wings und Tequila passen hervorragend zusammen! Interessanter Weise waren an dieser Firma auch Familienmitglieder des Cuervo-Clans beteiligt.
Ein weiterer Teil der Firma wurde von Juan Beckman Gallardo, dessen Sohn Vidal sowie durch die US-Firma Heublein Inc. – diese fusionierte 1971 mit KFC – geleitet. Aus diesem tendenziell unübersichtlichen Konglomerat gründete sich 1979 die Grupo Curevo, welche im Laufe der Zeit zu einer der mächtigsten Beverage-Companies Mexikos wurde. Allein der Exportanstieg von 300.000L (1961) auf 4.200.000 L (1971) in 51 Staaten spricht Bände. Diese Mengen wurden teilweise in Stahltanks exportiert und u.a. in Hartfort (Connecticut, USA) oder aber auch in Belgien, Australien und der Schweiz abgefüllt. Tequila wurde zu einer globalen Spirituose. Doch in der Heimat sah es schlimm aus.
Die 80er Jahre und der erneute Export-Aufschwung
Die ökonomische Krise, welche Mexiko in den 1980er Jahren erfasste machte auch vor Tequila nicht halt. Von 34 Mio. Liter Anfang des Jahrzehnts sank die Produktion auf 13 Mio. Liter im Jahr 1986. Knapp 40% aller Tequila-Firmen schlossen und eine große Entlassungswelle war die Folge. In diese Zeit fällt auch der Entschluss, den durchschnittlichen Alkoholwert von Tequila auf 38%vol. zu senken. Häufig lag dieser vorher bei über 40%vol. Nur der Exportmarkt ließ Firmen damals Licht am Ende des Tunnels sehen und Cuervo hatte dafür schon lange vorher den Grundstein gelegt. So exportierte man 1987 ganze 70% der Produktion ins Ausland, was damals 18 Mio. Liter bedeutete und sicherte sich so einen Marktanteil von 65%. Im Zuge der eigenen Globalisierung ging die Heublein Inc. 1986 in Grand Metropolitan Inc. auf, welche später – 1997 – mit Guinness zu DIAGEO verwuchs.
Zurück zur Familie – Zurück zur Tradition
Mit der Gründung von DIAGEO wurde natürlich ein riesiges Imperium geboren, dem durch Metropolitan auch das Vertriebsrecht an Cuervo gehörten. Doch 1998 setzte sich die Familie durch und erkämpfte sich im besonders wichtigen US-Markt die Rechte zurück. Dieser ökonomisch wichtige Schritt wurde integriert in eine neue Qualitäts-Strategie, welche durch Amandor de Carvalho ausgerufen wurde und die sich darauf konzentrierte, traditionelle Tequila-Konsumenten zurückzugewinnen.
Der Fokus lag auf qualitativ hochwertigen Tequila wie dem seit 1995 hergestellten Reserva de la Familia. Der Ausgabe-Preis von 75$US verhinderte nicht, dass der erste Batch innerhalb weniger Wochen ausverkauft war. Dieser Erfahrung folgend lancierte man 1998 die den ersten Marken-Tequila mit einem Flaschenpreis von 1.000$US: 1800 Collecion Anejo – welcher auf 347 Flaschen limitiert war und in einer belgischen Kristallkaraffe geliefert wurde. Neben diesen seltenen Exponaten bedient Cuervo heute ein breites Portfolio für eine Vielzahl von Konsumenten. Doch immer in der wiederentdeckten Tradition, die ihren Ursprung im Jahre 1795 fand.
Und dieser Tradition folgend blickt man in die Zukunft – wohlig in eine blühende!