Die Coupette, oder auch klassisch die Champagner-Schale ist eine alte Glasform, die in den letzten 10 Jahren zu neuer Popularität gelangte. Weniger für Champagner als für klassische Shortdrinks. Ihre Geschichte ist voller Erotik und Mythen. Einen kleinen Teil davon wollen wir Dir hier in den nächsten 5 Minuten erzählen.
Marie Antoinettes Brust
Die meisterzählte Geschichte zur Entstehung der Coupette oder Coup ist eng verbunden mit den Brüsten Marie Antoinettes (1755 – 1793). Diese sollen – fragt man Trinker auf der ganzen Welt – die formgebende Vorlage sein. Und dabei spielt es scheinbar keine Rolle, ob es die linke oder die rechte Brust der französischen Königin mit dem unrühmlichen Ende war, denn solange es königliche Brüste sind ist die Geschichte schon jetzt hinreißend. Wer dieser Geschichte folgen möchte muss jetzt sehr stark sein. So schön und verführerisch sie auch sein mag, sie ist schlichtweg falsch.
Die Coupette und Louis XV
Die österreichische Gattin Louis XVI war noch nicht geboren, da finden wir am französischen Hof schon das erste Dokument über die Verwendung eines Glases für den Genuss von Champagner, das der heutigen Coupette verblüffend ähnlich sieht.
Das Gemälde Le Déjeuner d’huîtres (zu Deutsch: Die Austernmahlzeit) von Jean-François de Troy aus dem Jahre 1735 zeigt den französischen Hof beim Genuss von Austern und Champagner. Bis heute eine wundervolle Kombination. Für den historisch interessierten Schaumwein-Connaisseur stellt dieses Bild aus zweierlei Gründen ein wichtiges Momentum dar. Zum einen die schon angesprochene Darstellung der Coupette-Gläser, zum anderen ist es überhaupt das erste Mal, das Champagner, also schäumender Wein in einem Bild verewigt wurde.
Dass es sich um ein kohlensäurehaltiges Getränk in den Flaschen handelt, erkennt man an dem fliegenden Korken. Findest du ihn?
Generell ist die Epoche Louis XV stilprägend, was ausschweifende und erotische Genüsse betrifft. Obschon Louis XV dies vortrefflich zelebriert, so steht er doch im Schatten seiner nicht minder berühmten Mätresse Jeanne-Antoinette Poisson, der Marquise de Pompadour. Auch Ihr, oder besser Ihren Brüsten wird nachgesagt, die Vorlage der Coupette zu sein. Und auch dies ist falsch.
Griechischer Mythos und Helena von Troja
Von bzw. aus Brüsten zu trinken ist jedoch kein exklusiver Wunsch des europäischen 18. Jahrhunderts. Schon die alten Griechen konnten dieser Versuchung nicht widerstehen und so finden wir in der spätarchaischen Phase Athens die ältesten Trinkgefäße, die nach Brüsten geformt wurden.
Die Mastoi oder das Mastos ist ein Trinkgefäß, das nicht nur die Brust als solche abbildet, sondern auch dezidiert den Nippel aufweist. Es war ein sehr verbreitetes und vor allem rituell geprägtes Trinkgefäß. Noch heute sind im Louvre einige dieser Mastoi aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. ausgestellt. Dazu kommt die Sage der über alle Maßen schönen Helena von Troja. Sie diente nicht nur als Begründung für die trojanischen Kriege, sondern galt sie auch als die schönste Frau der Antike. Von Ihren Brüsten zu trinken war so etwas wie der heilige Gral. Also vielmehr das nach ihren Brüsten geformte Gefäß.
Der Weg zum Champagner führt über England
Auch wenn im antiken Griechenland die Geschichte der Coupette beginnt, so ist es der Champagner als berühmtester Wein der Welt, der diese Form weltbekannt macht. Und von daher kommt man bei der Geschichte der Coupette nicht umher, die Bedeutung der Engländer zu erwähnen.
Was diese genau mit Champagner zu tun haben und warum man einige Fakten über die Geschichte des Weines aus Reims und Épernay besser nicht in Frankreich erzählt, erfährst Du hier.
Es waren wohl englische Mönche, die im 17. Jahrhundert das erste Mal Gläser in dieser noch heute bekannten Form produzierten. Das Ziel war die verschwenderische Präsentation der tausend kleinen Bläschen, die Schaumwein so einzigartig machen. Da zur damaligen Zeit der Wein noch nicht gefiltert war, musste man sich auch Gedanken darüber machen, wie man so elegant wie möglich die Sedimente der zweiten Gärung aus dem Glas entsorgen kann. Mit einem breiten und offenen Glas ging dies sehr gut.
Champagner, Drinks und die Prohibition
Es dauerte nicht lange und die Coupette setzte sich als das Glas für Champagner und generell Schaumwein durch. Erst Mitte des 20. Jahrhunderts sollte die Popularität zu Gunsten der Schaumweinflöte abnehmen. Doch bis es soweit war, konnte die Coupette ihre Vielseitigkeit beweisen.
Als Glas der Flapper, jener jungen Frauen mit Bubikopf der 1920er Jahre, wurde die Schale zu einem Lifestyle-Accessoire. Und so wundert es nicht, das auch bald andere Getränke ihren Weg in das ikonische Glas fanden – allen voran die berühmten Cocktails und Drinks der Prohibitionsära. Noch heute finden sich Coupetten in den Bars dieser Welt und gehören dort zum festen Repertoire für Manhattans, Daiquiris oder Side Cars. Und schließlich ist die Coupette auch die Basis für das wohl berühmteste Cocktailglas der Welt: den Martini-Spitz.
Man muss darauf hinweisen, dass Drinks, die in diesen kleinen Gläsern serviert werden, zumeist deutlich potenter sind als Longdrinks.
Die Coupette – Immer wieder Brüste
Egal welche Getränke in der Coupette serviert werden, es umweht diese immer ein Hauch von Erotik. Geprägt durch unzählige Mythen, die allesamt mit Brüsten berühmter Frauen der Vergangenheit zu tun haben, aber auch modernen Interpretationen des Themas.
So war es 2008 Karl Lagerfeld, der für Dom Perignon auf das beliebte Thema zurückgriff und sich von seiner Muse Claudia Schiffer inspirieren ließ. Die letzte Interpretation erfolgte anlässlich des 25 jährigen Model-Jubiläums von Kate Moss, die 2014 zusammen mit der britischen Designerin und Künstlerin Jane McAdam Freud eine Coupette nach dem Abbild ihrer linken Brust schuf. Dieses Glas gab es exklusiv im Mayfair 34 Restaurant in London.
Von der Leichtigkeit und Strenge der Coupette
Dass es sensorisch zu keiner Meisterleistung im Schaumwein-Segment reicht, dessen muss man sich in Bezug auf die Coupette im klaren sein. Die Oberfläche ist zu groß, um die Frische und die Perlage lange am Leben zu erhalten. Für Drinks jedoch bietet genau diese breite Oberfläche eine Menge Chancen durch Aromen zu überzeugen.
Der lange Stil der Coupette eignet sich weiterhin hervorragend, die Hände vom eigentlichen Glaskörper fernzuhalten und damit das Getränk nicht zusätzlich zu erwärmen. Von daher ist dieses Glas ideal geeignet für Drinks, die ohne Eis serviert werden. In den letzten Jahren hat sich jedoch die – zumindest aus Sicht des Autors – Unart verbreitet, in die Coupette große Eiswürfel oder Eisbälle zu platzieren. Dies geschieht selten bis nie aus kühlenden Gründen, sondern ausschließlich der Optik wegen. Bei aller Leichtigkeit, Eleganz und Erotik – dies ist unnötig bis völlig fehl am Platze! Darüber hinaus stört es beim Trinken – einige Regeln muss es schließlich immer geben. Auch bei der Leichtigkeit des Trinkens.
Zeit, die Korken knallen zu lassen
Unabhängig von der Geschichte, die rund um die Coupette erzählt wird: an einem gewissen Sex-Appeal kommt man einfach nicht umhin. Dieser bezieht sich nicht nur auf die Form des Glases, sondern auch auf das Getränk, welches serviert wird. Egal ob es sich um einen Manhattan oder Champagner handelt!
Spätestens nach dem dritten oder vierten Glas ist es egal, welcher Geschichte man mehr glauben möchte.
Und wenn Du immer noch überlegst, wo der Korken auf dem Bild von de Troy geblieben ist, so verfolge doch einmal die Blicke der Herren am hinteren Ende des Tisches nach oben.