Mal ganz ehrlich – wann hast Du das letzte Mal einen Kir getrunken? Für viele Jüngere ist dieses einfache Mixgetränk ein Drink vergangener Generationen. Dabei handelt es sich um einen großen Klassiker der französischen Aperitif-Kultur. Und was genau dahinter steckt und wie Du ganz einfach einen Kir oder einen Kir Royal mixt, erfährst du hier in 4 Minuten.
Kir – Ein zeitloses Relikt
Der beste Weg, sich dem Getränk Kir zu nähern ist es, dieses zu bestellen. Am besten in Paris. Jener Stadt, die so voller Energie und Lifestyle ist, dass man meint, die Mode der vergangenen Saison würde hier nicht getragen werden. Zum Glück ist der Kir als Aperitif kein Drink der letzten Saison, sondern ein zeitloses Relikt. Irgendwie altbacken und dennoch en Vogue. Vor allem jedoch weltberühmt.
Nicht nur in den Bars und Cafes der französischen Hauptstadt, sondern auf nahezu jedem Boulevard der Grande Nation finden sich Menschen, die genüsslich ein Glas Kir oder gar einen Kir Royal trinken, ein paar Snacks zu sich nehmen und das Konzept Aperitif tagein-tagaus zelebrieren. Schließlich ist der Kir bis heute einer der beliebtesten Aperitifs. Und dazu der berühmteste Signature-Drink für den burgundischen Crème de Cassis. Kein Wunder, stammen doch beide aus der gleichen Region.
Das gemeinsame Terroir von Kir und Crème de Cassis
Auch wenn Paris das Epizentrum aller französischen Entwicklungen zu sein scheint, so kommen viele große kulinarische Instanzen vom Land, meist weit weg des Champs-Élysées. Im Falle des Kirs sind es knapp 350 Kilometer. Der Autobahn 6 folgend nach Süden mit Ziel Dijon. Denn dort beginnt die Geschichte des Crème de Cassis als dem integralen Bestandteil des Kirs. Jenem Mixdrink aus dem berühmten Likör der Schwarzen Johannisbeere und Weißwein.
Der Weinbau gehört seit gefühlten Ewigkeiten zum Burgund, genau wie der Anbau der schwarzen Johannisbeere. Und spätestens seit 1841 gehört auch der Crème de Cassis zum liquid-kulinarischen Kanon der Stadt am nördlichen Rand der berühmten Côte d’Or – einem der berühmtesten Weinbaugebieten der Welt. Die Geschichte des berühmten Fruchtlikörs findest Du hier.
Schnell wurde der Crème de Cassis zu einem integralen Bestandteil der lokalen Genusskultur und sehr wahrscheinlich hat die Ende des 19. Jahrhunderts auftretende Reblausplage den Erfolg katalysiert.
Große und kleine Weine. Und ein idealer Partner
Auch wenn die Reblaus verheerende Schäden im Weinbau hinterließ, so sind es dennoch die Weine des Burgunds, die weltweit für Furore sorgten. Und dies noch bis heute. Vor allem weißer Burgundwein aus Chardonnay und roter Burgunder aus der legendären Rebsorte Pinot Noir. Doch gibt es auch eine zweite Reihe an Weinen, die vor allem durch ihre leichtere Zugänglichkeit – ohne Wenn und Aber auch aus ökonomischer Perspektive – eine enorme Relevanz haben. Gamay für Rotwein und Aligoté für Weißwein.
Vor allem der frische, säurereiche Aligoté ist ein lokal weit verbreiteter Tafelwein der einfachen Bevölkerung im Burgund. Und wurde schon frühzeitig zum perfekten Partner für den süßen Crème de Cassis.
Schnell kamen Kellner der Region auf die Idee, diesen Weißwein mit einem kleinen Schluck Crème de Cassis zu mixen und ihn äußerst erfolgreich als Blanc-Cass anzubieten. So wurde dieses Weinmischgetränk populär und zu einem neuen Klassiker der burgundischen Apero-Kultur. Der Erfolg in Paris war da noch weit entfernt. Knapp 350 Kilometer weit weg.
Dunkle Zeiten und eine rote Alternative
Zwischen dem 18. und 19. Jahrhundert wird der Blanc-Cass immer populärer und findet seinen Platz zwischen den Weinen der Region. Doch mit dem Überfall Nazideutschlands und der Besatzung fast ganz Frankreichs ändert sich alles. Neben dem menschlichen Leid bringen die deutschen Besatzer Durst mit. Im Burgund Durst nach den berühmten Rotweinen der Region und so schrumpfen die Keller durch Raub der Besatzer zusehends. Da man aber nicht auf Glas Rotwein verzichten mochte – so zumindest wird es immer wieder erzählt – behalf man sich mit dem Blanc-Cass. Damit zumindest etwas Rotes im Glas landet. Ob diese Geschichte stimmt, lässt sich schwer belegen, eine gewisse Plausibilität ist jedoch nicht von der Hand zu weisen.
Felix Kir – Bürgermeister, Gastgeber und Markenbotschafter
Eine bedeutsame Person für die Geschichte des Blanc-Cass ist Felix Kir. Als Bürgermeister Dijons, von 1945 bis zu seinem Tode 1968, war er einer der einflussreichsten Menschen im Burgund. Und darüber hinaus sehr beliebt. Er galt nicht nur als verlässlicher Politiker, sondern vielmehr als großartiger Gastgeber. In seiner Rolle als oberster Vertreter seiner Stadt, empfing er regionale, nationale und auch internationale Gäste und diesen servierte er den berühmtesten Aperitif seiner Stadt: den Blanc-Cass. Und irgendwann wurde aus dem schon etablierten Blanc-Cass der heute bekannte Kir. Der Drink blieb der Gleiche: Aligoté und Crème de Cassis aber nun zu Ehren des beliebten und freiwilligen Markenbotschafters mit neuem Namen.
Felix Kir geht also aus vielen Gründen in die Geschichte Frankreichs ein – vielleicht als Politiker von Format. Auf jeden Fall als Einer voller Genuss – etwas, was uns die Franzosen definitiv voraushaben.
Der Kir – einfach und gut
Dank der vielen Gäste, die Felix Kir mit seinem Kir empfing, steigerte sich die Bekanntheit rapide. So erfolgreich und beliebt der Kir wurde und immernoch ist, so einfach ist er auch – besteht er doch aus nur zwei Zutaten.
Ein Erfolgsgeheimnis des Kir ist seine Einfachheit, denn er verlangt kaum mixologische Qualitäten. Zumeist spricht man gar nur von einem Schluck Crème de Cassis, den man dem gekühlten Weißwein hinzugibt – manchmal wird auf das exakte Verhältnis von 9:1 hingewiesen.
Der Kir ist ein Getränk, das vielmehr durch den Anlass und die Menschen definiert wird als durch ein exaktes Rezept und außerhalb des Burgunds sogar ohne besonderen Anspruch an den zu vermischenden Weißwein daherkommt. Wie jedoch schon erwähnt, sollte dieser eher von der Säure-strukturierten Art sein.
Aus dem vermeintlich einfachen Kir wird im Übrigen der Kir Royal durch Champagner anstelle des stillen Weißweins. Notfalls tut es Crémant an dieser Stelle auch.
Ein Schluck Burgund und passende Snacks
Und so genießt man seinen Kir oder den Kir Royal am besten mit Freunden am frühen Abend zum Aperitif. Natürlich ist diese Kombination eigentlich schon ausreichend, um wundervoll zu sein. Doch gehen wir auf Nummer sicher und servieren einige Snacks dazu.
Einer der großen Snack-Klassiker des Burgunds sind die mit würzigem Käse gefüllten Buchweizen-Gougères – kleine herzhafte Windbeutel. Aber auch einfach etwas Comté oder würziger Schinken passt ganz hervorragend zum Kir. Das Wichtigste – wie so oft, wenn es um die Aperitif-Kultur geht – ist jedoch die persönliche Einstellung zu dieser Kulturtechnik.
Also hol die Weingläser hervor, mix etwas Crème de Cassis mit Weißwein oder Schaumwein und genieß ein zeitloses Relikt französischer Apero-Kultur. Und zwar egal ob im Burgund oder in Paris. Es funktioniert auch wunderbar außerhalb Frankreichs – man muss es nur probieren.