Der Whiskey Sour stellt für viele Trinker die Benchmark einer guten Bar dar. Also der Drink, welcher schnell darüber Auskunft gibt, ob man hinter dem Tresen sein Handwerk versteht. Dass es dabei jedoch viel mehr um die Wahrnehmung persönlicher Vorlieben geht, anstelle objektiver Kriterien, das lassen wir mal außen vor. Wir präsentieren Dir heute sieben Spielweisen des vermeintlich einfachen Klassikers, die Du alle ganz entspannt daheim nachmixen kannst. Die Lesezeit dieses Artikels beträgt 4 Minuten.
Der Whiskey Sour als ur-amerikanischer Klassiker mit Bourbon
Über die Geschichte und Bedeutung des Sours als allgemeinen Drink haben wir uns an anderer Stelle tiefergreifend ausgelassen (den Artikel findest Du hier). Von daher können wir direkt zum ersten, zum wohl klassischsten Whiskey Sour springen – dem Standard-Sour mit Bourbon.
Es ist wohl die weitverbreitetste Variante – Bourbon, Zitrone und Zucker im berühmten 5:3:2 Verhältnis geschüttelt und in einem Tumbler auf frischem Eis serviert. Dieser Whiskey Sour ist so einfach wie gut und passt gefühlt immer. Man kann ihn vor allem durch die Wahl des Bourbons variieren oder durch die Zugabe von Bitters. Wobei ein Dash oder zwei des berühmten Angostura Bitters jeden Whiskey Sour besser macht. Wirklich jeden!
Ich finde vor allem den durch seinen hohen Weizenanteil sehr milden Maker’s Mark Bourbon aus Loretto in Kentucky eine wundervolle Wahl. Der Winterweizen als zweiter wichtiger Bestandteil neben dem Mais erzeugt einen wundervoll weichen und entspannten Geschmack, der vor allem im Whiskey Sour mit seiner Balance zwischen Körper und Milde mit Charme überzeugt. Nicht zu kräftig und ideal für einen Mittwoch-Nachmittag. Oder den berühmten 12 Uhr Whiskey Sour im Homeoffice. Etwas würziger und kräftiger wird der Whiskey Sour mit einem Evan Williams Bottled in Bond Straight Bourbon. Die spezielle Mash-Bill – also die Zusammensetzung der Getriedesorten – von 78% Mais, 12% gemälzter Gerste und 10% Roggen in Kombination mit den sportlichen 50%Vol. erzeugt einen Drink, der schon auf der kräftigeren Seite liegt. Beide Whiskeys sind für unter 25€ zu bekommen und damit ideal zum Mixen geeignet. Was natürlich nicht bedeutet, dass man keine hochpreisigen Whiskeys nutzen kann oder sollte.
Der klassische Whiskey Sour
- 50ml Bourbon Whiskey
- 30ml frischer Zitronensaft
- 20ml Zuckersirup
- 1-2 Dashes Angostura Bitters
- Zitronenzeste als Garnitur
Natürlich kann man hier auch ein Eiweiß dazu geben, um eine besonders weiche und cremige Textur zu erlangen. Das ist bekanntlich Geschmackssache und so sehr wie ich in bestimmten Drinks Eiweiß mag (zum Beispiel in der White Lady), so sehr brauche ich es nicht in meinem Whiskey Sour.
Von Amerika nach Schottland
Muss es denn aber eigentlich immer ein amerikanischer Whiskey oder gar ein Bourbon sein für einen ordentlichen Whiskey Sour? Die Antwort auf diese Frage ist klar, kurz und einfach: nein!
In meiner Zeit als Brand Ambassador für Glenmorangie habe ich die Möglichkeit gehabt, an unzähligen Tresen dieses Landes zu zeigen, wie wunderbar ein Single Malt Scotch Whiskey in einer klassischen Sour-Rezeptur funktioniert. Vor allem die fruchtige und elegante Struktur des 10jährigen Glenmorangies – The Original – erzeugt einen wundervollen Drink, den man sogar ganz historisch-klassisch in einem Sourglas ohne Eis trinken kann. Mit einer Orangenzeste aromatisiert ist dieser Drink ein all-day-Sour, der wirklich Freude macht und bei uns daheim noch heute recht häufig gemixt wird.
Aber auch andere Single Malts eignen sich hervorragend für einen Whiskey Sour. Vor allem die Bandbreite an angebotenen Malts durch das so berühmte Fassmanagement in Schottland und die Benutzung vieler verschiedener Fässer (von Sherry und Port hin zu französischen Weinen), ermöglicht eine Vielzahl von Drinks.
Einer meiner neueren Favoriten dabei ist der Bruichladdich Classic Laddie. Auch wenn hier die Fassstruktur ebenfalls stark durch die ex-Bourbon-Fässer geprägt ist, so ist es vor allem sein ganz spezieller ungetorfter Islay-Charakter und die starken 50%Vol., die einem Whiskey Sour erzeugen, der unendlich viel Freude bereitet. Durch ein paar kleine Modifikationen in der Süßequelle erzeugst Du einen ganz besonderen Drink, denn neben dem Classic Laddie ist es ein Honigsirup mit Kamille, der diesem Drink seine besondere Aromatik verleiht:
Classic Laddie Sour
- 50ml Bruichladdich Classic Laddie
- 30ml frischer Zitronensaft
- 20ml Kamille-Honig-Sirup (wie Du Honigsirup herstellst, erfährst Du hier)
- 2 Dashes Angostura Bitters
Das alles shaken und in einem Tumbler auf frischem Eis abseihen und mit einer Orangenzeste aromatisieren.
Continental Sour – ein kleiner Abstecher über Bordeaux nach Porto
Eine weitere Spielart des Whiskey Sours ist der Continental Sour, eine Weiterentwicklung des New York Sours. Der New York Sour entstand aller Wahrscheinlichkeit nach in den 1880er Jahren durch die Zugabe von Claret Wein, also einem leichten französischen Rotwein aus dem Bordelaise, zum Grundrezept des Whiskey Sours. Hier passt sogar ein wenig Eiweiß ganz hervorragend. Doch wir sind in Bordeaux nur auf der Durchreise nach Süden, genauer gesagt nach Porto. Der Stadt an der Mündung des Duoro, dem berühmten portugiesischen Fluss, an dessen Ufern die großen Portwein-Häuser zu finden sind.
New York Sour
- 50ml Bourbon Whiskey
- 25ml frischer Zitronensaft – etwas reduzierter, da durch den Rotwein auch noch etwas Säure in den Drink kommt
- 15ml Zuckersirup
- 15ml leichter Bordeaux-Wein (vielleicht kein Grand Cru Classe)
Der Continental Sour bekommt seinen besonderen Reiz aber durch die finale Zugabe von einem Schluck rotem Portwein – Ruby Port für eine frische, leichte Note, oder Tawny für mehr Tiefe und Komplexität. Ich rate auf jeden Fall zu einem Tawny Port, wie zum Beispiel aus dem Hause Niepoort, Grahams oder Taylor.
Continental Sour
- 50ml Bourbon – auch hier passt der Evan Williams ganz hervorragend
- 30ml frischer Zitronensaft
- 15ml Zuckersirup
- 1 Dash Angostura Bitters
Das Ganze dann ordentlich auf Eis schütteln und in einen Tumbler auf frisches Eis abseihen. Nun noch 1cl Portwein langsam auf den fertigen Drink legen und genießen.
Wo genau der Continental erfunden wurde ist nicht eindeutig belegt, aber alles deutet tatsächlich darauf hin, dass es in den den späten 2000er Jahren im Stagger Lee in Berlin war. Eine Bar, die es heute noch gibt und in der ich tatsächlich viel zu lange schon nicht mehr war. Das sollten wir ändern – allein für einen Continental Sour!
Herbst, Kanada & Ahorn – der Maple Sour
Zum Abschluss dieser kleinen Whiskey Sour Reise geht es nach Kanada, das Land des Ahornsirups. Für mich – hier nachzulesen – eines der schönsten natürlichen Zuckerarten überhaupt. Und nicht nur für die Küche und den Tisch ideal geeignet, sondern auch in Drinks macht das flüssige Gold Nordamerikas einen tollen Job.
Und da Kanada und natürlich auch die USA berühmt für roggenbasierte Whiskeys sind, kommen hier zwei Dinge zusammen, die einfach wundervoll harmonieren. Würziger Rye-Whiskey und süßer Ahornsirup. Dazu noch etwas Walnut Bitters als dritte Hommage an die Region und wir haben einen wundervoll würzigen Maple Sour – der perfekte Drink für den bevorstehenden Indian Summer.
Maple Sour
- 50ml Rye Whisky (Bulleit Rye oder Sazerac Straight Rye)
- 30ml frischer Zitronensaft
- 20ml Ahornsirup
- 1 Dash Orange Bitters
- 1 Dash Fee Brother Black Walnut Bitters
Alles auf Eis shaken und in einen Tumbler mit frischem Ein abseihen. Eine Orangenzeste darüber abspritzen und genießen.
Mit diesen sieben verschiedenen Spielarten des Whiskey Sours kommt man auf jeden Fall über die nächsten Cocktailabende – ob daheim oder in Deiner Lieblingsbar.
In diesem Sinne – Cheers!