Mit dem Conde Valdemar Finca Alto Cantabria haben wir einen Weißwein aus der nordspanischen Weinbauregion Rioja im Glas, der nicht nur auf den ersten Schluck besonders ist. Kein typischer Touristenwein, sondern komplex und vielschichtig. Was genau hinter diesem Wein der Bodega Conde Valdemar steckt, erfährst Du hier in 5 Minuten.
La Rioja – die Heimat des Conde Valdemar Finca Alto Cantabria
Wenn ich an die Rioja denke, dann kommen mir ganz oft sehr schwere und tanninhaltige Rotweine in Erinnerung, die meist viel zu warm serviert werden und dabei stets mehr Alkohol und Kraft präsentieren als Raffinesse und eine elegante Struktur. Doch spätestens mit den ersten guten Flaschen weißen Rioja-Weins war es um mich geschehen. Auch wenn sie immer noch ein Geheimtipp außerhalb der Sommelier-Welt darstellen, so sind weiße Riojas großartige Weine, die man unbedingt probieren sollte.
La Rioja, dieser Name der bekanntesten Weinbauregion Spaniens, steht für intensive Weine, auch wenn durch die Ausdehnung des Gebietes über 120km von Nordwesten nach Südosten allgemeingültige Aussagen nahezu belanglos sind. Von daher fokussieren wir uns doch direkt auf den Conde Valdemar Finca Alto Cantabria und warum dieser Wein ein guter Grund ist, wieder öfter in das Spanien-Regal zu greifen.
Bodega Valdemar – Pioniere seit fünf Generationen
Schon im ersten Jahr der Gründung der Bodega Valdemar 1889 war man ein Pionier in der Weinarbeit hier in der damals noch entlegenen Rioja – man begann, die Rebsorte Viura fokussiert anzubauen. Dieser Weißwein, der vor allem unter dem Namen Macabeo bekannt ist, ist seitdem nicht mehr wegzudenken aus dem Weinbau der Bodega Valdemar und mittlerweile dem gesamten Anbaugebiet, ist Viura doch die meistkultivierte weiße Rebsorte der Rioja geworden.
Heute sind es Ana und Jesús Martínez Bujanda, welche in fünfter Generation das Weingut leiten und dem Pioniergeist ihrer Vorfahren treu bleiben. Sie bewirtschaften mittlerweile über 300ha in der Region als Eigenbesitz und sind auf dem Weg, diese allesamt biologisch zu bearbeiten. Ihr Vater, auch Jesús Martínez, war es, der 1989 den ersten Weißwein der Rioja in ein Holzfass legte und damit haben wir es ja auch zu tun, wenn wir einen Finca Alto Cantabria im Glas haben. Einen Wein also, der wunderbar in die Geschichte einer der bedeutendsten Weingüter der Rioja passt.
Finca Alto Cantabria – ein Viñedo Singular
Die Reben für den Conde Valdemar Finca Alto Cantabria wachsen auf einer Hochebene über dem ohnehin schon hochgelegenen Ebro im Herzen der Rioja. Die Finca Alto Cantabria hat seit 2019 den besonderen Status einer Viñedo Singular. Dies bedeutet u.a., dass diese einzigartigen Weinberge sich als Terroir im Wein widerspiegeln müssen. Doch darüber hinaus sind es vor allem Anforderungen im Weinbau, die zum Schutz dieser einzigartigen Qualitätsstufe darstellen. So ist u.a. die Handlese vorgeschrieben, ein Maximalertrag von unter 7.000 kg/ ha (zum Vergleich: in der Champagne lag der Ertrag 2023 bei 11.400kg pro Hektar), die Reben müssen mindestens 35 Jahre alt sein (in diesem Fall über 40 Jahre) und die gesamte Weinbereitung darf nur in einem einzigen Betrieb erfolgen.
Geprägt ist diese heute 11,5ha große Lage, welche seit 1975 in Familienbesitz ist, durch einen steinigen und flachen Boden hoch oben auf der Hochebene, dessen Unterlagsgestein vor allem durch extrem wasserdurchlässigen Kalkstein geprägt ist. Dadurch entsteht am Ende ein Wein, der sich durch geringe Erträge und gleichzeitiger Aromenkonzentration auszeichnet. Und der ganz nebenbei ein tolles Reifepotential mit sich bringt, wie die spätere Verkostung des Conde Valdemar Finca Alto Cantabria 2020 zeigen wird.
Viura – der bedeutende Weißwein der Rioja
Auf diesem besonderen Terroir wächst ein Wein, den wir in Deutschland kaum kennen: Viura. So unbekannt er hierzulande scheint, so bedeutsam ist er für die spanische Weinkultur, schließlich ist Viura die meistkultivierte weiße Rebsorte in der Rioja.
Angepasst an das besondere Klima dieser von allzu starken Niederschlägen, geschützten Region, erzeugt diese Rebsorte in jungen Jahren florale und blumige Weine, die vor allem für die Entspannung von Cuveés hergenommen oder zu einfachen Tafel-Weinen verarbeitet werden. Lässt man die Weine ausreifen, so entstehen hingegen recht säure-arme und alkoholstarke Weine, die allerdings Komplexität vermissen lassen
Findet man die goldene Mitte– so wie bei Bodega Valdemar, so werden Weine erzeugt, die komplex, tiefgründig und groß werden können.
Für den Conde Valdemar Finca Alto Cantabria werden die Weine händisch gelesen und anschließend abgepresst. Für die Vinifikation werden Teile des Weines im Stahltank und der Rest im Holzfass vergoren. Dadurch erreicht man später eine wundervolle Balance zwischen Eleganz und Energie. Nach der alkoholischen Gärung kommt der Wein für ein sechs monatiges Hefelager ins Fass und wird dort einmal wöchentlich einer Bâtonnage (mechanisches Aufrühren der Hefe innerhalb des Weines) unterzogen. Anschließend wird der fertige Wein filtriert mit 13% Vol. abgefüllt. Und das lässt uns zum wichtigsten Punkt kommen: der Verkostung des Conde Valdemar Finca Alto Cantabria 2020.
Ein strohig goldener Balance-Akt
Schon bevor man sich dem strohigen Gold mit der Nase nähert, durftet der Wein schon herrlich in den Raum. Mit der ersten Nase offenbart sich ein dichtes und komplexes Aroma, welches sich anfänglich durch eine eigenartige Fruchtigkeit darstellt. Es erinnert an gelbe Galiamelone und reife Pfirsiche. Doch immer wieder wird diese Fruchtstruktur durchbrochen von sehr würzigen, frischen Akzenten, die so gar nicht zur Fruchtigkeit passen wollen und eine völlig eigene Dimension erzeugen.
Natürlich finden sich bei einem vier Jahre alten Wein erste Reifenoten, aber die beschrieben Dynamik zwischen Primärfrucht und – nennen wir es – Mineralik ist äußerst präsent.
Erst mit der Zeit wird aus der Galiamelone – die unheimlich viel Lust auf etwas luftgetrockneten, spanischen Schinken bereitet – eine Apfelstruktur: Lagerapfel-Noten mit harter Schale. Es erinnert ein bisschen an die Apfellagerkeller unseres Nachbarn, daheim auf dem Dorf. Leicht nasser Stein, kalkige Wände und Holz. Doch viel frischer, ohne diese Modrigkeit der alten Keller.
Viel näher liegt der Vergleich mit einem Whiskyfass – dieses Aroma habe ich im Kopf, wenn der Wein etwas mehr Luft bekommt. Und diese passen ganz hervorragend zu der Idee von schwarzem Tee, welche durch die dunklen Würznoten entstehen. Eine eigentümliche aber enorm interessante Nase, die Lust macht auf den ersten Schluck.
Frucht, Kraut und wenig Säure
Im Mund ist der Wein erstaunlich trocken. Nicht, dass die Nase eine dichte und cremige Opulenz erwarten ließe, die eher reduzierte Säure ist für mich jedoch etwas gewöhnungsbedürftig. Doch recht schnell beeindruckt der Wein durch seine grundsätzliche Aromatik am Gaumen.
Vor allem seine Salzigkeit, die sich schon in der Nase andeutete, erzeugt in Abwesenheit von Säure eine tolle Dynamik. Auch wenn der Wein strohig gelb schmeckt, so sind es vor allem die grünen Reflexe, die als Highlight brillieren und dazu beitragen, dass der Conde Valdemar Finca Alto Cantabria gesamtheitlich fast schon wuchtig und hoch energetisch wirkt.
Es ist ein vielseitiges Aromenspiel im Mund, das mit der Zeit auch die Fruchtnoten wieder hervorbringt, aber immer als dezentes Detail. Apfel ist hier die primäre Frucht – wie in der Nase – doch je länger der Wein im Glas ist, desto mehr übernehmen krautige und an Tee erinnernde Geschmäcker die Hauptrolle. Brennnessel ist ein Gedanke, der mir beim Verkosten immer wieder kommt.
Ein wundervoller weißer Rioja-Wein
Der 2020er Conde Valdemar Finca Alto Cantabria ist ein ganz fantastisch angereifter Wein mit komplexer Aromatik und Dynamik. Und auch wenn es etwas albern klingt, so hat man das Gefühl, dieser Wein ist irgendwie nasser auf der Zunge als viele andere Weine. Diese Formulioerung wird Dir jetzt bestimmt Fragezeichen in Dein Gesicht bringen, aber manchmal habe ich das Gefühl, dass Dinge einfach nasser schmecken. Wobei dies wohl eine Kombination aus Mineralik und Textur ist.
Mit seiner Komplexität ist der Conde Valdemar Finca Alto Cantabria 2020 ein toller Speisenbegleiter. Vor allem Lamm und Wildgeflügel passen ganz hervorragend, denn würzige Noten stehen diesem Wein ganz ausgezeichnet.
Aber auch als Apero-Wein mit Rauchmandeln funktioniert er sehr gut. Es ist wirklich erstaunlich, wie viel Freude ein so Säure-dezenter Wein bereiten kann.
Ein wirklich toller Wein, um sich auf hohem Niveau den doch so unbekannten Weißweinen des Riojas zu nähern.
Allgemeine Informationen
- Hersteller: Conde Valdemar
- Rebsorte: Viura
- Land: Spanien
- Region: Rioja
- Ausbau: 6 Monate im Holzfass inkl. Bâtonnage
- Alkoholgehalt: 13,5% Vol.
Vielen Dank an Eggerssohn für die Bereitstellung der Flasche. Außer Wein ist hier nichts geflossen.