Der Evan Williams Bottled in Bond Bourbon ist einer unserer geliebten Klassiker im Bourbon-Regal und sollte in keiner guten Hausbar fehlen. Was dieser Whiskey mit einem walisischen Einwanderer zu tun hat, wie er schmeckt und warum er eine Reminiszenz an die vergangenen Tage der amerikanischen Whiskey-Produktion ist, erfährst Du hier in 4 Minuten.
Evan Williams – ein Waliser …
Auf jeder Flasche Evan Williams findet sich das Jahr 1783, in dem Mr. Evan Williams seine erste Brennerei in der Stadt Louisville in Kentucky gründete. Er gilt damit als einer der ersten erfolgreichen Whiskey-Brenner, die dies kommerziell machten. Ob er tatsächlich die allererste Brennerei eröffnete, sei einmal dahingestellt, aber zu den Pionieren zählt er allemal. Und das, obwohl Mr. Williams nicht einmal aus Kentucky stammt.
Er wurde 1755 auf der anderen Seite des Atlantiks in Dale in Pembrokeshire in Wales geboren und immigrierte im Jahr 1780 in die nicht mehr ganz so neue Welt. Hier an den Ufern des Ohio-River wurde erst 2 Jahre zuvor – 1778 – die Stadt Louisville gegründet. Die schnell wachsende Handelsstadt wurde später einer der Gründe, warum das Geschäft mit Gebranntem so erfolgreich war.
… und Kentuckys Whiskey Erfolg
Schnell hatte der Neuankömmling Evan Williams verstanden, dass die nährstoffreichen Böden hier wunderbar zum Getreideanbau geeignet waren. Doch die ursprünglich fehlende Infrastruktur machte es anfänglich unmöglich, die reichen Ernten zu lagern und zu verkaufen. Also musste man das Getreide lagerfähig machen – und da ist Whiskey die beste und zu guter Letzt auch delikateste Lösung. Aus diesem Grund errichtete Evan Williams 1783 seine erste eigene Brennerei und wurde mit dieser schnell erfolgreich.
Auch wenn die Qualität der ersten Jahre wohl nicht so optimal war, konnte man das Erzeugnis sehr gut lagern und mit diesem handeln. Und ganz nebenbei die heute so bekannte Geschichte des amerikanischen Whiskeys in Kentucky mitbegründen.
Schnell wuchs die Unternehmung und viele weitere, teilweise noch heute bekannte Whiskey-Marken und Brennereien gründeten sich. Um dem aufkommenden Markt Leitplanken zu geben und Qualitätsversprechen zu gewährleisten, dauerte es allerdings noch mehr als 100 Jahre, bis mit dem Bottled-in-Bond Act von 1897 eine erste Qualitätsdefinition geschaffen wurde.
Bottled in Bond – ein historisches Versprechen
Während heute das amerikanische Brennereirecht für Whiskey – speziell Bourbon – eines der strengsten der Welt ist, waren damals die Ansprüche eher gering. Und damit auch die zum Kauf angebotene Vielfalt.
Einer der wichtigsten Gegenmaßnahmen war die Erschaffung von Klassifikationen mit strengen Regeln. Wurde vormals gerne auch mal der Whiskey unter Zugabe von Tabak oder Jod dunkler gefärbt und aromatisiert, sorgte der Bottled-In-Bond Act für eine gewisse Verlässlichkeit. Nicht nur für den Käufer, sondern vor allem auch für den Steuerbeamten.
Es gibt einige wichtige Punkte, die für diese Qualitätsstufe vorgeschrieben sind. So muss der Whiskey – unabhängig von seiner Mash Bill (also der Zusammensetzung des jeweiligen Getreides) innerhalb einer Destillationsperiode (Januar bis Juni oder Juli bis Dezember) in einer Destillerie und durch einen Destillateur gebrannt werden. Dieser Ort muss auch zwingend auf dem Etikett angegeben werden. Sollte er anderen Ortes abgefüllt werden, so muss dies auch vermerkt sein.
Darüber hinaus muss der Whiskey für mindestens vier Jahre in Eichenholzfässern in einem unter Aufsicht der US-Zollbehörde stehenden Lagerhaus reifen. Final abgefüllt werden muss er, um das begehrte Label Bottled-in-Bond zu bekommen, mit 100 Proof – also 50% Vol.
Auch wenn heute die grundsätzlichen Qualitätsvorgaben streng kontrolliert werden und einige Hersteller auf die Zugabe der BiB-Information auf dem Etikett verzichten, so finde ich dies, eine wundervolle Reminiszenz an die vergangene Geschichte des amerikanischen Whiskeys.
Evan Williams Bottled in Bond – eine wohlige Einladung im Herbst
Und so öffnen wir eine eben jener liquiden Huldigungen und erfreuen uns sofort an dem dunklen bernsteinfarbenen Whiskey im Glas, der sich mit wundervoll rotem Leuchten präsentiert.
In der Nase findet sich die so berühmte dichte Süße des Bourbons wieder. Dick, cremig und süß duftet der Evan Williams Bottled-In-Bond Bourbon und erstaunlicherweise sind die 50% Vol. elegant eingebunden. Schnell öffnet sich der Whiskey im Glas und präsentiert seine Aromenwelt. Natürlich finden sich die so typischen Bourbonnoten wie Eichenholz und Vanille wieder. Neben der Süße gibt es aber auch eine tolle Würzigkeit und Fruchtnoten zu entdecken.
Man muss dazu sagen, dass die Mash Bill des Evan Williams Bottled-in-Bond – wie die aller Evan Williams Whiskeys – aus 78% Mais, 12% gemälzter Gerste und 10% Roggen besteht. Damit also grundsätzlich ein eher würziges Destillat erzeugt.
Eben jene Kombination aus Fruchtsüße und Würze – Pflaumen und Zimt – machen den Evan Williams Bottled-in-Bond für mich zu einem ausgesprochenen Spätsommer- und Herbstwhiskey. Eine feine Pfeffrigkeit (vom Roggen) bringt viel Dynamik dazu und wird durch einen Hauch kandierter Orangen abgemildert.
Allein beim Riechen bekomme ich Lust auf Kekse mit Orangenschale. Mit der Zeit wird die Frucht etwas weniger und die würzigen Noten treten in den Vordergrund. Aus den Pflaumen werden getrocknete Aprikosen. Es ist eine so wunderbare warme und wohlige Einladung, nun endlich einen ersten Schluck zu nehmen.
Wärme und ein Spaziergang über das Erntedankfest
Mit dem ersten Schluck ist man überrascht, wie angenehm die 50% Vol. tatsächlich eingebunden sind. Natürlich ist es ein kräftiger Whisky – aber so wohlig wie die Einladung war, so herzlich warm und weich ist jetzt auch der erste Schluck!
Dunkle, würzige Aromen übernehmen sofort, wobei Zimt und etwas Muskat diese leiten. Dazu gesellen sich die ebenfalls schon bekannten kandierten Orangen. Es wird richtig schön gemütlich – auch wenn der Roggen deutlich spürbar ist. Die Textur ist weich und cremig.
Die wärmende Süße wechselt sich mit der Würze harmonisch ab und es finden sich gelagerte Birnen am Gaumen, die wundervollerweise im Nachklang richtig saftig sind. Als Gegenstück durchfliegt den Mund die Erinnerung an gebranntes Karamell und Mandeln. Ein Whiskey im Aroma wie ein Jahrmarkt im Herbst. Und um die kulinarische Idee des Erntedankfestes zu vervollständigen, kommen mir Erinnerungen an gerösteten Kürbis und direkt die Lust auf ein Risotto mit dem wohl berühmtesten Herbstgemüse dies- und jenseits des Atlantiks.
Der Nachklang spielt sich vor allem im Mund ab und weniger im Hals, aber das ist gar nicht schlimm, denn so hat man sofort Lust auf einen nächsten Schluck.
Käse, Nüsse und zwei Drinks
Der Evan Williams Bottled-in-Bond verlangt förmlich nach einer Schale gebrannter Mandeln und Pecannüsse als Begleitung. Und dazu etwas gereiften englischen Cheddar. Oder vielleicht gleich einen Brie im Blätterteig gebacken? Egal – Hauptsache etwas, das der würzigen wärme des Bourbons gerecht wird und zur herbstlichen Stimmung passt.
Einer der wichtigsten Gründe, den Evan Williams Bottled-in-Bond daheim zu haben, ist natürlich ein mehr als bodenständiger Whiskey Sour oder ein äußerst kräftiger Old Fashioned. Für beide Drinks ist dieser Whiskey wirklich perfekt geeignet.
Wie ich schon eingangs geschrieben habe, sollte dieser Bourbon nicht in deiner Hausbar fehlen, denn abgesehen davon, dass er ganz fantastisch schmeckt, ist er mit unter 25€ eine absolut erschwingliche Flasche, mit der das Mixen von Drinks richtig Freude macht! Und dazu erhält man ein Schluck amerikanische Whiskey-Geschichte.
In diesem Sinne: Cheers!
Allgemeine Informationen
- Hersteller: Heaven Hill Destillerie
- Alter: 4 Jahre
- Alkoholgehalt: 50% Vol.
- Mash Bill: 78% Mais, 12% gemälzte Gerste, 10% Roggen
- Land: USA
- Farbstoff: Nein
- Kühlfiltration: k.A.
Vielen Dank an Marcus Wolf von Stock Spirits für die Bereitstellung einer Flasche Evan Williams Bottled-in-Bond. Mehr als Whiskey ist hier nicht geflossen.