En voiture Simone – das Auto ist da, los geht’s! Dieser Wein ist mein Einstieg in die Welt der großartigen Weine des Beaujolais und ehrlicherweise habe ich ihn zum ersten Mal wegen des Etiketts gekauft. Und darüber bin ich sehr froh, denn dieser Wein ist fantastisch und hat das Potential, zu einem Lieblingsschluck zu werden. Warum, das erfährst Du hier in 5 Minuten.
Beaujolais – eine Reise beginnt
Mal wieder ein Geheimtip möchte man meinen: das Beaujolais. Während für viele diese Weinregion im direkten Süden des legendären Burgunds vor allem für die Kultur des Beaujolais Nouveau steht – also das beherzte Feiern der jungen und leider oftmals günstigen und einfachen Weine; hat sich für eine kleine Welt von Connaisseuren das Beaujolais zu einer mehr als spannenden und seriösen Region entwickelt. Und ohne zu viel verraten zu wollen, ist der Produzent des En voiture Simone einer der Hauptgründe für diese Entwicklung.
Das Beaujolais ist das Weinland des Gamay, jener roten Rebe, die immer etwas im Schatten des berühmten Pinot Noirs zu stehen scheint. Und doch kommen immer mehr Flaschen von hier, die immer wieder für Begeisterung sorgen.
Régnie – ein kleiner Ort für großes bestimmt
Innerhalb des Beaujolais gibt es zehn Cru, also Lagen, die ihrem Terroir entsprechend besonders sind. Denn die Philosophie des Terroirs eint das moderne Beaujolais mit dem Burgund. Dabei stellt Régnie als Lage für den En voiture Simone die jüngste Appellation dar, gilt diese AOC doch erst seit dem 20.12.1988. Die Appellation Morgon zum Beispiel gibt es schon seit 1936 – im Übrigen ein Cru, den wir uns auch genauer erschmecken werden, stellt doch die Familie Thevenet dort auch einen wundervollen Wein her.
Régnie umfasst insgesamt 750 Hektar Rebfläche auf den höchsten Lagen des Beaujolais zwischen 300 und 500 Meter. Die hier dominanten Granit- und Schiefergesteine sorgen in Kombination mit der Südostausrichtung der Weinberge für eine grandiose Struktur im Wein.
Dazu kommt, dass die Rebstöcke für den En voiture Simone mittlerweile über 50 Jahre alt sind und damit eine wundervolle Komplexität ermöglichen.
Es sind knapp 120 Winzer, die hier in Régnie Wein anbauen und die Familie Thevenet, der wir den En voiture Simone verdanken, gehört definitiv zu den renommiertesten. Vor allem dank der Pionierarbeit von Vater Jean-Paul.
Thevenet und die Fab Four des Beaujolais
Der Ruf des Beaujolais war lange kein guter. Einfache, jung zu trinkende Weine, die kaum Struktur und Körper aufwiesen. Das burgundische Konzept des Terroirs und der Fokus auf lagenrepräsentative Weinarbeit war wenigen Weinen vergönnt und das Ziel war Ertrag und Flaschenmenge.
Dies änderte sich in den 1980er Jahren dank einiger Winzer. Allen voran müssen hier die Namen Marcel Lapierre, Guy Breton, Jean Foillard und Jean-Paul Thevenet genannt werden. Sie fokussierten sich auf die Arbeit im Weinberg, stoppten chemische Düngung und Pestizideinsatz, reduzierten Schwefel und begannen, naturnahe Weine zu erzeugen.
Was der Vater Jean-Paul begann, setzt heute der Sohn Charly fort. Er ist die vierte Generation Winzer in der Familie und übernahm die Verantwortung für das gemeinsame Weingut mit nunmehr knapp 5 Hektar im Jahr 2018. Er setzt die Fokussierung auf Naturweine fort und arbeitet ausschließlich mit wilden Hefen in der Fermentation, die wie fast überall im Beaujolais eine Ganztraubengärung ist.
Alte Weine und wundervolles Handwerk
Die über 50 Jahre alten Rebstöcke für den En voiture Simon wachsen auf einem kaum Boden aufweisenden Granit-Schiefer. Dieser zwingt den Weinen schon schnell Gesteinskontakt auf und ist einer der Gründe für die besondere Mineralik des Weins. Nach der Handlese der Trauben werden diese selektiert und eingemaischt. Dabei werden die Trauben mitsamt der Rispen vergoren. Diese auch Methode Carbonique genannte Art der Weinbereitung ist ganz typisch für das Beaujolais. Dabei wird das Lesegut in einem abgeschlossenen Stahltank vergoren ohne die Trauben vorher zu pressen. Dies geschieht mit der Zeit durch den Sauerstoff in der Traube von ganz allein.
Dadurch entstehen Weine, die einen sehr ausgeprägten Fruchtkörper haben und mit einer fulminanten Saftigkeit kokettieren können.
Im Anschluss an diese rund zehn Tage dauernde Vinifikation wird der Wein mechanisch vom Trester getrennt und abgepresst, um dann nur teilgefiltert zu werden und für sechs bis acht Monate in ein Betonfass zur Reife gegeben.
Charly und Jean-Paul verzichten bewusst auf Schönung der Weine und zu viel Schwefel. Dies gilt nicht nur für den En voiture Simone, sondern für alle Weine der Familie.
En voiture Simone – eine Ouvertüre in dunkel
Im Glas präsentiert sich der En voiture Simone mit einem etwas blassen, aber schon recht dunkel werdenden Rot. Und genau so ist auch die aller erste Nase: eine dunkle Aromatik, die sich scheinbar schüchtern darstellt.
Es sind dunkle Beeren und Kirschnoten, die sich finden und eine erstaunliche Schwere, die an einen Keller erinnert. Die Frucht ist präsent, doch eine mystische Dunkelheit ist das bestimmende Bild. Wer mit dem Gedanken an einfach Beaujolais-Weine an dieses Glas geht, wird völlig überrumpelt. Und das ist auch gut so! Und das Schüchterne verliert dieser Wein ganz schnell.
Mit der Zeit wird der En voiture etwas frischer, doch die Farbe der Frucht ändert sich keinesfalls. Es sind Cassis (schwarze Johannisbeere), Brombeeren und Waldboden, gepaart mit einem Hauch Zimt. Schon jetzt wird klar, dass man diesen Wein gut und gerne eine halbe Stunde vorher öffnen sollte – vielleicht eher eine Stunde, denn Zeit öffnet ihn und tut ihm gut.
Dieser duftende Spaziergang über einen dunklen Waldboden macht unglaublich viel Freude und fühlt sich wie eine Entdeckungsreise an, die immer wieder Fruchtaromen präsentiert. Dazu gesellt sich eine feine und filigrane ätherische Note. Wenn es schwarze Minze gäbe, würde man diese hier vermuten. Oh, was freue ich mich auf den ersten Schluck!
Allez Allez Simone – immer weiter!
Trotz der wirklich fulminanten Nase, die sich im Laufe der Zeit aufbaut, ist der erste Schluck des En voiture Simone erst einmal leicht. Doch schnell sind die dunklen Beeren wieder präsent und bilden den dominierenden Hintergrund, vor dem sich feine, würzige Aromen aufführen. Dabei wirkt dieser Wein keinen Moment kitschig. Die Frucht ist – dank der Ganztraubenvergärung klar präsent, und dennoch ist dies ein seriöser Wein.
Voller Frucht und Struktur schmeckt dieser Wein nach der ganzen Traube – inklusiver der Stiele. Diese perfekt inszenierte Weinkunst macht mit dem ersten Schluck Spaß und lässt einen erahnen, zu welcher großen Leistung die Gamay-Weine des Beaujolais fähig sind, wenn man das Terroir respektiert.
Ein feines Tanninspiel wirkt leicht adstringierend und fordert den nächsten Schluck – dem ich so gerne nachkomme. Auch die 13,5% Vol. Alkohol sind wundervoll eingebunden.
Mehr davon! Mehr von allem möchte man schmecken und diesen Gefallen tut einem der Wein. Frucht, Erdigkeit, Laub und Zimt. Dieses dunkle Aromenspiel begeistert einfach und führt zu einer wundervollen Mischung aus Lust am Verkosten und Lust am Trinken. Großartig ist dieses eigene hinuntergerissen Sein zwischen Lust, da noch tiefer einzutauchen und zugleich ihn einfach an einem Tisch mit Freunden und viel Gelächter zu trinken.
Der En voiture Simon ist ein Wein wie ein derber Schulterklopfer eines guten alten Freundes und für mich ein perfekter Wein für den Herbst und den Winter: dunkel und komplex, ohne zu schwer zu wirken.
Los geht’s – auf zu Tisch!
En voiture Simone – Lasst uns am Tisch versammeln und die Flasche öffnen. Lasst uns laut sein, derbe Witze reißen und den Dreck der Arbeit an den Stiefeln kleben lassen. Genau dieses Gefühl vermittelt dieser besondere Wein.
Dazu passen deftige Speisen. Gegrillte Wurst vom Schwein mit reichlich Thymian und Majoran, Kartoffeln und Speck. Oder ein Wildschweinbraten. Hauptsache etwas kräftiges – allzu feine Speisen würden bei diesem Wein untergehen.
En voiture Simone – es geht los. Dieser Wein ist eine herrliche Aufforderung eine Reise zu beginnen zu den bedeutenden Weinen des Beaujolais. Ich bin mir sicher, es gibt dort viel zu entdecken. Fahren wir also los Simone!
Dieser Wein wurde dank des Etiketts und der freundlichen Empfehlung im In Vino in Potsdam selbst gekauft. Und tatsächlich schon fleißig nachgekauft.